0422 - Der Pirat und die Hexe
schulterzuckend. »Wir werden uns die Sache jedenfalls mal ansehen, das kann ja nicht schaden.«
»Ohne mich«, behauptete Beatrice. »Ich schaue euch höchstens von weitem zu und lache euch aus.«
»Wie du willst.«
Patricia klopfte Leon erneut auf die Finger, weil er es unbemerkt geschafft hatte, die Schleife rechts zu lösen. Energisch verknotete sie sie wieder. »Meine Frage ist noch nicht beantwortet. Was wissen wir über den Schatz? Wer hat ihn hier vergraben? Hm … vergraben ist gut, in diesem Felsengewirr … Und warum haben andere ihn nie gefunden? Dreihundert bis vierhundert Jahre sind eine ganz schön lange Zeit. Und immerhin ist Neuseeland nicht unbewohnt. Es dürften zuweilen Fischer hier auftauchen, und das bestimmt schon seit Jahrhunderten. Die hätten doch irgendwann mal etwas finden müssen.«
»Wir wissen es eben nicht, ob er noch da ist«, sagte Luc. »Aber ich gehe davon aus. Weil nämlich wir die Karte haben.«
»Aber ihr seid bestimmt nicht die ersten Besitzer. Woher habt ihr sie?«
»Kein Kommentar«, sagte Bonnard. Niemand brauchte zu wissen, auf welch krummen und illegalen Wegen er sie erworben hatte. Wichtig war nur, daß er sie besaß. Und daß sie samt der Beschreibung im privaten Logbuch stimmte …
»Die Ebbe kommt«, sagte Leon. »Wir sollten uns langsam fertig machen.«
Luc nickte. »Anker los, so nahe heran wie möglich. Dann schwimmen wir hinüber und sehen zu, was wir finden.«
»Ihr habt meine Frage immer noch nicht beantwortet«, protestierte Patricia.
***
Leon Grown zeigte sich als Künstler. Er manövrierte die große hochseegängige Yacht mit äußerster Präzision um die Klippen herum und brachte sie so nahe wie möglich an das Steilufer und die Terrasse heran. Die Echolot-Anlage half ihm dabei, die als Unterwasser-Radar Hindernisse erkannte und meldete und ihm auch ständig den Wasserstand unter dem Kiel verriet. Grown schaltete die beiden schweren Turbodiesel ab und warf den Anker wieder aus. Die SEAFOX lag fest.
Beatrice machte ihre Ankündigung wahr, an Bord zu bleiben. Jessica war unsicher, aber schließlich siegte ihre Skepsis. »Da ist mit Sicherheit nichts zu holen, warum also soll ich da draußen herumturnen? Am Ende schwimmen wir noch den Haien vor die Zähne …«
»Die Haie kommen nicht so nah zwischen die Basaltklippen«, versicherte Luc. »Deshalb brauchen wir auch das Schlauchboot noch nicht zu wassern. Wir schwimmen hinüber. Das Boot holen wir, wenn wir tatsächlich fündig geworden sind.«
Sie verließen das Schiff. Patricia, neugierig wie immer, schloß sich ihnen an. Schon nach gut zwanzig Metern bekamen sie Grund unter die Füße und arbeiteten sich an die Felsterrasse heran. Bud hatte die Plastik-Karte hinter den Gummizug seiner Badehose geklemmt und zog sie jetzt hervor. Sie war, von den kleinen Fehlern mit den nicht eingezeichneten Inselchen, äußerst detailfreudig. Die Felsterrasse war jedenfalls auf den Meter genau eingetragen.
»Wir werden noch ein wenig warten müssen«, sagte Luc. »Der Wasserstand muß noch weiter fallen.«
»Ich hätte eine Idee, wie wir die Zeit bis dahin nützen könnten«, sagte Patricia. Sie sah Bud auffordernd an. Aber Prentiss schüttelte den Kopf. »Nicht jetzt, Patty. Das bringt doch nichts. Keiner von uns wäre mit seinen Gedanken wirklich bei der Sache.«
Sie zog einen Schmollmund. »Wie lange müssen wir denn noch warten?«
Luc Bonnard zuckte mit den Schultern. »Abwarten.«
Er hockte sich auf das Basaltgestein.
Das Wasser wich weiter zurück. Nach einer halben Stunde sprang Bonnard plötzlich auf. Er hatte etwas gesehen. »Da ist doch eine Platte locker …«
»Hä?« machte Bud Prentiss.
»Hier, schaut euch das an. Diese Felsscholle, oder wie man das nennen kann, ist doch nicht fest! Seht ihr das nicht! Sie liegt nur auf dem Boden auf …«
»Ja und?« Prentiss zeigte sich von der begriffsstutzigen Seite.
»Laßt uns das Ding beiseite hebeln! Ich wette, darunter liegt ein Hohlraum.«
Patricia runzelte die Stirn. Sie sah zu, wie die drei Männer versuchten, die Platte anzuheben. Es ging nicht; der Stein war zu schwer.
»Vielleicht solltet ihr sie einfach schieben, wenn sie sich nicht heben läßt«, schlug sie vor. »Nach rechts oder links … oder zur Felswand hin, also inseleinwärts.«
Luc Bonnard pfiff durch die Zähne. »Könntest recht haben, Patty«, sagte er. »Seewärts scheidet aus, das Wasser könnte sie lockern und mitreißen … versuchen wir es mal!«
Und dann mußte
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