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0422 - Der Pirat und die Hexe

0422 - Der Pirat und die Hexe

Titel: 0422 - Der Pirat und die Hexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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der Schädel war auf einer Seite halb zertrümmert. Patricia schrie vor Schreck laut auf und wich von der Kante des Hohlraums zurück.
    »Der tut keinem mehr was, Mädchen«, brummte Leon mürrisch. »Warum treibt der Knochenmann nicht an die Oberfläche, wie sich das gehört? Knochen sind leichter als Wasser, also haben sie gefälligst oben zu schwimmen.«
    »Aber nicht, wenn sie schon so lange im Wasser liegen, daß sie sich restlos vollgesogen haben. Schaut euch das an. Da liegt ein Säbel …«
    »Mich interessiert, wie das Skelett in dieses Loch gekommen ist«, sagte Luc Bonnard. »Na, dann wollen wir mal …«
    »Wir müssen das Wasser abpumpen«, sagte Bud. »Verdammt, da liegt der Schatz so nahe, und wir kommen nicht heran …«
    »Abpumpen? Du spinnst, mein Lieber«, sagte ihm Bonnard ungerührt die Wahrheit. »Wir holen diese Kisten da heraus.«
    »Was? Wir sollen in dieses Wasser steigen?«
    »Trinken mußt du es ja nicht …« Luc kauerte sich bereits auf den Rand und ließ sich in das modrige Wasser gleiten. Algen hatten die Truhen und den Säbel überwuchert und auch vor Teilen des Gerippes nicht halt gemacht. Das Wasser war bei weitem nicht so klar wie das Meer draußen. Immerhin konnte bei jeder Flut nur ein Teil ausgetauscht werden; die Strömung wurde durch die Felsplatte gebrochen. Nur wenig Wasser konnte langsam hin und her fließen. Es gab kaum Bewegung in diesem Loch.
    Leon Grown war nicht ganz so zart besaitet wie Bud Prentiss. Er folgte Luc. Aber schließlich überwand sich auch Prentiss.
    Patricia war um nichts in der Welt dazu zu bewegen, den Männern zu helfen. Sie sah zu, wie sie eine Truhe nach oben wuchteten und auf dem Felsrand abstellten. Leon bückte sich und versuchte das Skelett zu bergen. Aber es zerfiel unter seinen Fingern zu grauem Schlamm, der sich träge im Wasser verteilte. Grown kletterte als letzter wieder nach oben.
    »Das Wasser stinkt, und wir stinken jetzt auch«, stellte er fest.
    »Gestank läßt sich abwaschen«, versicherte Luc Bonnard. »Und Gold und Edelsteine können ruhig stinken. Hauptsache, sie sind wertvoll.«
    Er fand einen Stein und begann damit die Truhe zu öffnen. Er hieb einfach wahllos auf das Holz ein, das im Laufe der langen Jahrhunderte morsch und brüchig geworden war. Ein Wunder, daß sie die Truhe überhaupt hatten hinauf heben können. Eigentlich hätte sie schon auseinanderbrechen müssen, als sie aus dem Wasser auftauchte und damit den Gewichtsanteil zurückerhielt, der zuvor durch die Wasserverdrängung aufgehoben worden war.
    Aber sie hatte so gerade eben gehalten …
    Um die algenüberwucherten Eisenbeschläge kümmerte sich niemand, auch nicht um das Schloß. Bonnard brach den gewölbten Holzdeckel auf und fetzte die Reste beiseite.
    Der Anblick war im ersten Moment enttäuschend. Was sich in der Truhe befand, glänzte und funkelte nicht. Aber dann hob Bonnard einen Pokal heraus und begann an ihm zu reiben. Plötzlich schimmerte es golden unter der matten Beschichtung.
    »Geschafft«, sagte der Schatzsucher. »Wir haben es geschafft. Wir haben diesen verdammten Schatz gefunden.«
    Sie holten weitere Teile heraus. Münzen, Schmuck, Ketten, aus reinem Gold und mit Edelsteinen besetzt. Patricia griff zu und hängte sich einige der Ketten um. Weil sie alle mit dieser dunklen, stumpfen Patina beschichtet waren, sah es etwas seltsam aus. »Weiß einer von euch, was das Zeug ungefähr wert sein könnte?« fragte sie.
    Bonnard zuckte mit den Schultern. Er hob einen wuchtigen Ring mit einem großen rot funkelnden Stein aus der Truhe. »Millionen australischer Dollar«, sagte er. »Wenn all die anderen Truhen auch so gut bestückt sind, ist jeder von uns sechsen mehrfacher Millionär. Wir können uns zur Ruhe setzen und die Zinsen für uns arbeiten lassen.«
    »Durch sechs?« fragte Leon Grown nach. »Wir sind doch nur zu viert hier, oder? Die beiden Damen auf dem Schiff sind doch an dem Schatz nicht interessiert.«
    »Es tut keinem weh, auf den Gegenwert von ein paar hunderttausend Dollar zu verzichten«, sagte Bonnard. »Sei nicht so kleinlich, Leon. Was macht es schon?« Er steckte sich den Ring an den Finger. Der rote Stein glühte im Sonnenlicht und verstrahlte scheinbar Blitze aus Licht in alle Richtungen. »Warum zum Teufel ist dieser Stein nicht so stumpf wie die anderen? Das gibt’s doch gar nicht«, wunderte er sich.
    »Vielleicht ein ganz besonderer Edelstein. Einer, der nicht anläuft … schmutzabweisend …«
    Luc Bonnard

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