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0422 - Der Pirat und die Hexe

0422 - Der Pirat und die Hexe

Titel: 0422 - Der Pirat und die Hexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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aufnahm; sie brauchte sich nicht wie die anderen in Trance zu versetzen. Und sie hatte ihre Probleme damit. Sie wollte die Gedanken anderer nicht berühren, aber es überkam sie einfach. Sie fand den Weg nicht, sich abzuschirmen.
    »Sie ist ein Feuer, das unheimlich hell lodert und schnell verbrennt«, hatte Dr. Rasputin einmal behauptet. »Es gibt drei Möglichkeiten: entweder sie lernt doch noch, sich abzuschirmen, woran ich aber nicht mehr glaube, oder sie verliert innerhalb der nächsten fünf Jahre den Verstand. Oder sie stirbt ganz einfach.«
    Saranow tat sich schwer, das Mädchen bei den Versuchen einzusetzen. Aber andererseits machte es Tatjana Spaß, mit den Delphinen zu kommunizieren. Und – ob sie ihre phänomenale Para-Kraft im Versuch einsetzte oder nicht, es änderte nichts an dem ihr bevorstehenden Schicksal.
    Es war kein Zufall, daß die GOGOL hier ankerte. Vor der Küste Neuseelands war ein Delphinschwarm beobachtet worden, der ein scheinbar viel intensiveres Sozialgefüge aufwies, als es Delphine normalerweise zeigten. Das hatte die Forschungsleitung in Akademgorodok bewogen, hier Experimente durchzuführen.
    Versuch 23-H war der erste Erfolg gewesen. Tatjana war es, der es als erster gelang, eine Verbindung mit einem Delphin aufzunehmen.
    ›Fedor‹ hatte sie ihn genannt.
    Seither fand sie spielend Kontakt zu ›Fedor‹ und auch zu den anderen Delphinen. Auch die Unzertrennlichen konnten bald mit den Meeressäugern ›sprechen‹. Dabei war es kein Sprechen im eigentlichen Sinne. Es wurden Bilder ausgetauscht, die aber zunächst vom Empfänger in sein eigenes Denkschema ›übersetzt‹ werden mußten. Die Delphine dieses Schwarms dachten, aber sie taten es in völlig anderen Vorstellungen, als Menschen es vermochten. Schwarz war nicht zwangsläufig schwarz, wie weiß auch nicht unbedingt weiß sein mußte – und es trotzdem zuweilen sein konnte.
    Der Forschungsauftrag hieß eindeutig, die Möglichkeit einer gezielten telepathischen Kommunikation zwischen Menschen und Delphinen zu erarbeiten und zu entwickeln. Und bei diesem Schwarm schien es zu klappen.
    Natürlich waren die Schwierigkeiten enorm. Die Delphine setzten menschliche Gedanken nicht in ihre Begriffswelt um. Die Telepathen mußten sie ihnen artgerecht anbieten. Aber es war schwer, zu denken wie ein Delphin. Schon kleine Unstimmigkeiten sorgten dafür, daß die Säuger sich verschlossen. Gerade so, als wären sie über die Dummheit ihrer menschlichen ›Gesprächspartner‹ verärgert.
    Mit der Zeit fanden sich Kontaktpaare, die sich am ehesten aufeinander einstellen konnten. Das optimale Paar waren ›Fedor‹ und Tatjana. Sie schienen auf der selben Welle zu funken.
    Die Distanz zu dem Schwarm wechselte. Manchmal waren die Delphine über fünfzig Meilen entfernt, manchmal sehr nah. Entsprechend gut oder schlecht war die Verbindung. Die ›Reichweite‹ der Telepathen war alles andere als unbegrenzt. Ihre Kraft erschöpfte sich schneller, wenn sie die Verbindung über größere Distanzen aufrecht erhalten sollten.
    Versuch 57-A lief in der dritten Stunde.
    Ruhig und entspannt lag Tatjana auf dem Wasserbett, das sich ihren Bewegungen anpaßte und eine stets optimale Unterlage bildete. Medizinische Überwachungsgeräte waren diesmal nicht angeschlossen. Tatjana ›sprach‹ wieder mit ›Fedor‹. Sie hielt schon erstaunlich lange durch. Was das fröhlich lächelnde, blasse Mädchen dem Delphin übermittelte und von ihm als Rückkoppelung erhielt, wußte noch keiner der Versuchsbeobachter. Tatjana war darauf konzentriert, ihre Gedanken und die zurückkommenden des Delphins zu ›übersetzen‹. Sie würde erst später davon berichten. Sie hatte dem Tier bestimmte Informationen zu übermitteln, und Saranow hoffte, daß das endlich funktionierte.
    Manchmal fragte er sich, wem diese Experimente schließlich nützen würden. Er war fasziniert von der Idee, mit Delphinen reden zu können. Daß sie über einen nicht geringen Grad an Intelligenz verfügten, war schon lange bekannt; auch, daß sie praktisch die einzigen Meerestiere waren, die sich dressieren ließen, und das sogar außerordentlich leicht. Delphine fühlten sich zu den Menschen hingezogen. Sie besaßen ein sehr ausgeprägtes Sozialverhalten und eine eigene Sprache aus Pfeiflauten in einem Bereich, der für menschliche Ohren so gut wie unhörbar war. Daß sie aber auch auf Telepathie ansprachen, war anfangs nur ein fantastischer Gedanke gewesen, eine Kateridee, geboren in

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