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0424 - Der Drachen-Clan

0424 - Der Drachen-Clan

Titel: 0424 - Der Drachen-Clan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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war.
    »Teodore…«
    Ihre Stimme kam von oben.
    »Sei vorsichtig«, rief er ihr zu. »Achte auf verborgene Fallen.«
    »Ich habe die Indianer-Jones-Filme auch gesehen«, gab sie etwas entrüstet zurück. »Ich bin vorsichtig!«
    Trotzdem war auch Ted wachsam. Wo ihr Fuß sicheren Grund betreten hatte, konnte er diese Stelle um Zentimeter verfehlen und nach dem Wegkippen einer Steinplatte in einen tödlichen Abgrund stürzen. Oder was auch immer. Dieser geheime Gang, der fast treppenartig und steil in die Höhe führte, war ihm plötzlich nicht mehr geheuer. Sollte Toco doch die richtige Stelle erwischt haben und der Ort, an dem sich die Opferungen abspielten, sich irgendwo in der Felswand befinden?
    Aber dann sah er Lo Yina vor sich, und er befand sich auf einer Stelle mit einer halbhohen Brüstung, an der der aufwärts führende, offenbar natürlich gewachsene Gang an der Felswand hinauf endete. Und obgleich er vorsichtig die Steinwände abgetastet hatte, hatte er nichts spüren können, das auf eine Geheimtür hinwies.
    Hier oben war der Weg zu Ende.
    Zu klein für eine Zeremonie, an der mehr als zwei Personen teilnahmen. Aber ideal für ein Schäferstündchen im Morgengrauen, wenn man den weiten und beschwerlichen Weg vorher nicht scheute. Schon jetzt, in der einsetzenden Abenddämmerung, gab es von hier aus einen beeindruckenden Überblick über Hongkongs Stadtteile und das weit dahinter schimmernde graue Band des Ozeans. So weit, so unendlich weit entfernt und mit dem Horizont verschmelzend… aber morgens, wenn die Sonne sich am rotglühenden Himmel über die Nebelschwaden erhob, mußte die Stadt im Gegenlicht ein faszinierendes Bild sein. Und hier in ungestörter Natur zu zweit allein zu sein, reizte Ted plötzlich.
    Er hatte ein Faible für ausgefallene Orte…
    Bloß das, wonach er suchte, schien er auch hier nicht zu finden.
    Eine Sekunde später änderte er seine Meinung um hundertachtzig Grad. Er hatte gesehen, was Lo Yina bisher entgangen war.
    Eine zerschlagene Kamera…
    ***
    Ted hob das Gerät vorsichtig auf und wog es in der Hand. Die Kamera war schwer. Das Teleobjektiv war total zerstört, aber das Gehäuse schien noch in Ordnung zu sein. Die Elektrik war eingeschaltet, aber die Bereitschaftsanzeige stand auf Null; nach etwa zwei Wochen stand-by-Scha - tung war die Batterie mittlerweile natürlich erschöpft.
    Es mußte Tocos Kamera sein. Wie sonst sollte ein so schweres und teures Stück - Ted kannte das Fabrikat und seinen Preis sehr gut, weil er selbst eine ähnliche Kamera besaß — hierher kommen? Und warum sonst sollte es so aussehen, als habe jemand es mit Wucht gegen die Felswand geschlagen?
    Die Kamera in der Hand, sah er wieder nach unten.
    Er erkannte, daß dieser Platz hinter der Steinbrüstung nicht nur ein geeigneter Aussichtspunkt war, wenn man das Panorama der Stadt genießen wollte, sondern auch für das seltsame Stück Ebene, und daß dort etwas stattgefunden haben mußte, das keine Spuren hinterließ.
    Oder sie wurden nach jedem Ritual sorgfältig beseitigt…
    Immer noch konnte er nichts erkennen, was auf einen Altar oder einen Zauberkreis hinwies, auch aus der Höhe nicht. Aber er wußte jetzt definitiv, daß er hier richtig war. Hier endete Luigi Tocos Weg.
    Man hatte ihn beseitigt. Und seine Kamera zerschlagen. Plötzlich sprach Teds Gespür an. Er betrachtete die Kamera eingehender. Der eingelegte Film zeigte Bild 1 an, war also noch nicht benutzt. Hatte Toco erst knipsen wollen und war dabei überrascht worden? Aber warum hatte man die Kamera dann zerstört, wenn er noch nicht fotografiert hatte?
    Da stimmte etwas nicht!
    Ted gab seinem Gefühl nach. Er sah sich intensiver um als zuvor und ließ sich dabei von seinem Gespür lenken, von dieser Witterung, die ihn auf eine Fährte gesetzt hatte, die ihm ansonsten vielleicht entgangen wäre.
    Das Licht wurde schlechter, weil die Sonne am Horizont zu versinken begann. Ted ließ sich davon nicht in Aufruhr versetzen. Er suchte mit Sorgfalt weiter, und nahm dabei in Kauf, später im Dunkeln den Steinweg hinab stolpern zu müssen.
    Plötzlich sagte ihm sein Gespür, daß er gefunden hatte, was er suchen mußte. Er hob die kleine Plastiktrommel auf, öffnete den Kapselverschluß und entdeckte in der Rolle eine Spule mit einem belichteten Farbfilm.
    Ein seltsames Fieber packte ihn. Er nickte Lo Yina zu. »Für die Prachtidee, hier hinaufzuklettern, darfst du dir etwas wünschen«, sagte er, »aber vorher brauche ich noch ein Labor,

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