0425 - Das Mädchen und die Todesperlen
halbausgestreckte Arm zitterte wie Espenlaub und dann sackte das Blut aus dem braunen Gesicht weg.
Ich konnte gerade noch rechtzeitig aufspringen, um die Ohnmächtige aufzufangen. Das war ein Umstand, den wir nicht einkalkuliert hatten.
Ich legte die Bewußtlose auf die Couch und sauste ins Bad. Mit einem nassen Waschlappen kam ich zurück.
Während ich der Frau Gesicht, Schläfen und Nacken wusch, läutete das Telefon. Laut, mißtönend, fordernd, irgendwie drohend.
Merle Burke regte sich nicht.
Ich suchte nach einer Whiskyflasche, fand aber in der Eile nichts.
Immer noch läutete das Telefon.
Dann nahm ich den Hörer ab.
»Hallo«, sagte ich rauh.
»Wer spricht dort?« Es war eine Männerstimme. Kalt und unpersönlich. Es ist schwer, jemanden nach der Stimme einzuschätzen. Aber ich konnte mir vorstellen, daß ein Mann dazugehörte, der genau so aussieht, wie ihn uns Ben F. Meyen beschrieben hatte.
»Carter ist mein Name«, sagte ich. »Sie wollen wahrscheinlich Missis Burke sprechen?«
»Ja.«
»Das geht leider nicht. Sie hat vor wenigen Minuten einen Nervenzusammenbruch erlitten und ist nicht in der Lage, das Bett zu verlassen.«
»Sind Sie der Arzt?«
»Nein, ich bin ein Bekannter von Missis Burke und…«, ich machte eine kurze Pause, »über alles informiert.« Der Kerl schien es zu akzeptieren, denn die nächste Frage kam sofort. »Haben Sie die Perlen?«
»Leider nicht. Es ist…«
»Dann wissen Sie ja, was passiert«, unterbrach er mich. »Schade um das kleine Mädchen.«
»Hören Sie«, sagte ich eindringlich. »Wir wollen alles tun, um Ihnen die Perlen zu verschaffen. Aber hier ist etwas geschehen, was Missis Burke nicht ahnen konnte. Sie hatte die Perlen — es sind noch zweiunddreißig .— in einem Safe hier im Haus versteckt. Als sie sie herausnehmen wollte, stellte sie fest, daß der Schmuck verschwunden ist. Als Dieb kommt niemand anders als Mister Burke in Frage. Im Aufträge von Missis Burke bin ich sofort zum Strand gefahren, um Burke zur Rede zu stellen. Er gab zu, daß er die Perlen hat, schlug mich dann nieder und ist seitdem verschwunden. Ein paar Freunde von mir suchen ihn jetzt. Sobald wir ihn haben, besorgen wir die Perlen für Sie, Mister.«
Er gab keine Antwort. Mit verkrampften Kiefermuskeln wartete ich.
Mein Gesicht war naß von Schweiß. Wie reagierte der Kerl? Schluckte er meine Version, oder hielt er alles für ein Märchen?
Ganz schwach, wie aus weiter Ferne, drang Musik ah mein Ohr. Aber das war kein Anhaltspunkt. Es konnte aus einer Musikbox, aus einem Fernsehgerät, aus einem Radio sein.
Ich hörte gepreßtes Atmen. Dann plötzlich klickte es, und die Leitung war tot.
Langsam legte ich den Hörer auf die Gabel zurück.
Schiefgegangen, dachte ich. Ich hätte ihm Geld anbieten sollen. Oder ihn irgendwo hinbestellen und dann… Nein, das wäre ganz falsch gewesen. Die kleinste Panne, und wir hätten Hattie in größte Gefahr gebracht.
Ich ließ eine halbe Minute vergehen, dann rief ich die FBI-Zentrale an und informierte Levy.
»Ich habe inzwischen etwas unternommen, Cotton«, sagte er, »Burke wäre doch wahrscheinlich nicht getürmt, wenn er die Perlen noch hätte?«
»Das denke ich auch.«
»Also hat er sie verscheuert. Als Abnehmer kommt aber hier in Los Angeles nur ein einziger Bursche in Frage. Ein schwerreicher Hehler, dem wir bislang nichts nachweisen konnten. Daß er heißen Schmuck ankauft, ist ein offenes Geheimnis. Meine Leute sind zu dem Burschen bereits unterwegs. Wir haben eine kleine Chance. Wenn er hört, daß ein Kidnapping mit hineinspielt, daß es dabei auch für ihn um Kopf und Kragen gehen kann, macht er vielleicht einen eleganten Rückzieher und erzählt uns, ob ihm die Perlen angeboten worden sind.«
»Vielleicht hilft uns das weiter«, sagte ich lahm. »Was ist mit der Telefonüberwachung?«
»Ich höre gerade, daß es nicht geklappt hat. Der Anruf war zu kurz. Übrigens hat Ihr Kollege Phil Decker vor einer knappen Stunde angerufen. Ein gewisser Ben F. Meyen hat alle Fotos von Vorbestraften, mit denen der Unbekannte identisch sein könnte, angesehen, den Gesuchten aber nicht gefunden. Außerdem soll ich Ihnen ausrichten, daß auch Morton Joffe noch nicht wieder auf getaucht ist.«
Also eine weitere Fehlanzeige.
»Wir können nur hoffen, daß der Kidnapper noch mal anruft«, sagte ich nach kurzem Überlegen. »Aber ich habe wenig Lust, hier am Telefon zu sitzen und darauf zu warten. Schicken Sie doch bitte einen Kollegen und
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