0429 - In der Monsterhöhle
Erhöhung stehenblieb. »Da drunter ist die Höhle«, sagte sie. »Man kommt allerdings nur vom Wasser aus an sie heran.«
»Ja dann«, brummte der Jüngere.
»Tun wir Ihnen auch den Gefallen noch!« Er entledigte sich seiner Oberbekleidung und stieg ins Wasser, das ihm bis zu den Oberschenkeln reichte. Er leuchtete auf die Pflanzen, die über die Böschungskante wucherten. »Und? Wo soll hier eine Höhle sein?«
»Sie müssen die Zweige beiseite biegen«, forderte Carla. »Sie verdecken den Höhleneingang.«
»Na schön… so, jetzt habe ich gebogen. Und? Hier ist nichts. Erdreich und Unkraut, das ist alles. Wie ich schon sagte - es gibt hier keine Höhle!«
»Das ist doch nicht möglich!« fauchte das Mädchen. »Ich lasse mich doch nicht von Ihnen für dumm verkaufen!« Entschlossen stieg sie ins Wasser, ohne darauf zu achten, daß ihre Schuhe und Jeans nun doch noch durchnäßt wurden. Dann stand sie fassungslos neben dem Polizisten und starrte auf die unkrautbewachsene Erde.
»Wer verkauft nun wen für dumm?« fragte der Carabiniere ruhig.
»Nein«, flüsterte Carla erschüttert. Sie tastete den steilen, erdigen Hang unter dem Hügel ab, drückte dagegen - nichts. Da war fester Boden. Wenn dieser bewachsene Hügel am Ufer nicht ein so markanter Punkt gewesen wäre, einzigartig an dieser Stelle des Flusses, hätte sie geglaubt, an der falschen Stelle zu sein. Aber hier gab es nichts zu deuteln - die Höhle war verschwunden.
Und mit ihr Rico, Francesca und Tina.
Der Carabiniere kletterte wieder ans Ufer, half Carla ebenfalls hinauf und zog sich schweigend wieder an.
Carla kauerte sich auf den Boden und vergrub das Gesicht in den Händen. Sie brachte es nicht einmal fertig, vor Verzweiflung zu weinen.
***
Sie fuhren Carla bis nach Guidonia, wo sie gerade noch den letzten Zug nach Rom erwischte. Das kleine Nest mit einem Regionalflugplatz hatte eine Bedarfshaltestelle für die Bummelbahn.
Wie versteinert saß Carla im Zug und fuhr heim.
Ihre Sachen hatte sie bei den Zelten gelassen. Sie war wie erschlagen und kaum eines klaren Gedankens fähig. Sie wußte nur, daß sie die Nacht nicht hier zubringen würde, wo ihre Freunde verschwunden waren und der Höhleneingang wie durch Zauberhand wieder geschlossen war. Sie wollte morgen im Laufe des Tages wieder hinausfahren. Vielleicht sah dann alles ganz anders aus…
Wie von Zauberhand…
Der Gedanke ließ sie nicht mehr los. Gab es nicht die alten Sagen von verwunschenen Türen im Berg, die ins unterirdische Reich der Zwerge führten? Und wer hinein ging, der kam vielleicht erst nach hundert Jahren wieder heraus, ohne dabei auch nur um einen Tag älter geworden zu sein…
Sie hatte immer über diese Geschichten gelächelt. Aber jetzt lächelte sie nicht mehr.
Sie rettete sich in die Fantasie, um das Unbegreifliche akzeptieren zu können und nicht darüber den Verstand zu verlieren. Es war der einzige Strohhalm, nach dem sie noch greifen konnte.
Aber auch dadurch wurde die Angelegenheit nicht weniger schlimm…
Und selbst Roms hektische Nacht konnte sie nicht mehr aus ihrer Weltuntergangsstimmung reißen. Immer wieder dachte sie an Tina, die für sie viel mehr als nur eine Freundin gewesen. Nur Tinas wegen war sie überhaupt mit Rico und Francesca hinaus gefahren, weil sie sich in Tinas Gesellschaft bei den beiden anderen nicht so als fünftes Rad am Wagen fühlte.
Und jetzt würde sie Tina vielleicht nie Wiedersehen.
Ihr war, als sei ein Stück von ihr selbst gestorben.
***
Die Nacht ging, wie sie gekommen war, und wich dem neuen Morgen. Während Carla Tizione in ihrer kleinen Einzimmerwohnung in Roms City eine nahezu schlaflose Nacht verbrachte, fanden im »Palazzo Eternale« drei Menschen auch erst in den frühen Morgenstunden zur Ruhe. Aber lange konnte diese Ruhe nicht andauern. Für Ted gab es noch einiges zu tun, einzurichten und umzugruppieren. Auch wenn die Einweihungsfeier nur im kleinen, lockeren Kreis stattfinden sollte, war der Reporter ein wenig aufgedreht, und als er bereits in den Vormittagsstunden wieder anfing, zu wirbeln, erwachten zwangsläufig auch Zamorra und Nicole.
Auf dem Weg zur ins Erdgeschoß führenden Treppe kamen sie an Teds zukünftigem Arbeitzimmer vorbei, dessen Tür offenstand. Auf dem Tisch lag der funkelnde Machtkristall. Der Dhyarra 13. Ordnung, den nur die wenigsten Lebewesen im Universum zu beherrschen vermochten. Ted Ewigk war einer von ihnen. Zamorra durfte den Kristall nicht einmal mit den bloßen Händen
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