0429 - In der Monsterhöhle
beiden Carabinieri, die sich Carlas Geschichte anhörten. »Erstens gibt es dort keine Uferhöhle, und selbst wenn es sie gäbe, könnten bestimmt keine drei Menschen darin spurlos verschwinden, denn allein die Erdstruktur läßt hier keine größeren Höhlen zu. Ein paar Dutzend Kilometer weiter, in den Bergen, schon, aber nicht hier am Wasser. Mal ganz zu schweigen von den Lichtverhältnissen…«
»Sie glauben mir nicht? Aber es ist alles wahr«, ereiferte Carla sich. »Fahren Sie doch hin, überzeugen Sie sich selbst! Was hätte ich denn davon, wenn ich Ihnen etwas vorschwindeln würde?«
»Es gibt Menchen, die gern im Brennpunkt der Aufmerksamkeit stehen möchten, und wenn es auf normale Weise nicht geht, denken sie sich die haarsträubendensten Geschichten aus, Signorina«, deutete der Jüngere an.
»Sie nennen mich also eine Lügnerin?« fuhr Carla auf. »Hören Sie, da draußen sind drei Menschen verschwunden! Vielleicht sind sie schon tot, vielleicht schweben sie in Lebensgefahr. Auf jeden Fall brauchen sie Hilfe! Und Sie sitzen hier und geben große Sprüche und Beschuldigungen von sich…«
»Sie sind ein bißchen aufgeregt, Signorina«, beschwichtigte der ältere Polizist. »Vielleicht haben Sie da draußen tatsächlich Beobachtungen gemacht, sie in Ihrer Aufregung aber falsch gedeutet. Wahrscheinlich haben ihre Freunde sich einen Scherz mit Ihnen gemacht und sind längst wieder daheim, während Sie auf der Suche herumirren… warum warten Sie nicht bis morgen ab? Fahren Sie nach Hause, schlafen Sie sich aus, und dann…«
Carla schluckte. Sie nahm alle Courage zusammen, über die sie noch verfügte. »Sie, meine Herren, werden dafür bezahlt, daß Sie für Sicherheit und Ordnung sorgen. Sie werden von Steuergeldern bezahlt, die unter anderem auch von den drei Verschwundenen aufgebracht werden. Also tun Sie auch etwas! Wenn Sie nichts unternehmen und durch Ihre Unterlassungssünde stößt den dreien Schaden zu, der hätte vermieden werden können, sorge ich dafür, daß Sie vor Gericht kommen!«
»Mal langsam mit den jungen Pferden«, sagte der Ältere. »Wir halten uns schließlich nur an unsere Vorschriften, die für solche Fälle gemacht worden sind.«
»Ich werde die Presse informieren, wie wenig Interesse Sie zeigen, Ihren Pflichten nachzukommen…«
»Nun machen Sie mal einen Punkt.« Der Ältere war jetzt ernstlich verärgert. »Also gut, damit Sie endlich Ruhe geben: Wir fahren zu der Stelle und sehen sie uns an. Sie steigen bei uns ein und zeigen uns den Weg. Sind Sie jetzt zufrieden?«
»Sie beide allein? Ohne - ohne irgend welche besonderen Hilfsmittel? Möglicherweise eine Taucherausrüstung, um in der Höhle den Grund abzusuchen…?«
»Lieber Himmel, hilf«, seufzte der Jüngere. »Es gibt dort keine Höhle. Ich weiß das. Ich bin doch oft genug am Aniene zum Angeln! Da gibt’s nicht mal eine Fuchshöhle oder einen Karnickelbau!«
»Sie werden schon sehen«, prophezeite Carla.
Wenig später waren sie im dunkelblauen Dienst-Lancia unterwegs. Zurück zum Ufer, wo die beiden kleinen Zelte standen, waren es mit dem Auto nur ein paar Minuten. Die Beamten ließen den Lancia an der Straße stehen und legten den Rest des Weges bis zum Fluß zu Fuß zurück.
Sie sahen die beiden Zelte. Sie sahen den Fiat, der an der flachen Uferböschung hing, die Motorhaube zum größten Teil unter Wasser. Sie sahen das aufgeschichtete Holz für das Lagerfeuer, das niemand mehr in Brand gesetzt hatte, und sie sahen die herumliegenden Kleidungsstücke. Der Jüngere hob einen kurzen Rock auf. »Ist das Ihrer, Signorina Tiziano?«
»Er gehört Francesca«, sagte Carla widerwillig.
»Gut, es waren also tatsächlich außer Ihnen noch andere Personen hier, und die Story mit dem Auto stimmt auch«, sagte der ältere Carabiniere. »Und wo soll jetzt diese Höhle sein?«
»Kommen Sie mit! Ein paar Meter werden Sie aber durchs Wasser müssen«, verlangte Carla.
»Reizend. Wirklich reizend«, bemerkte der jüngere Beamte.
Der Ältere zuckte mit den Schultern. »Ein bißchen komisch ist es ja schon«, sagte er. »Es ist recht unwahrscheinlich, daß die drei sich zu Fuß entfernt haben und auch noch ihre Kleidung zurückließen. Das spricht eigentlich für die Geschichte von dem Verschwinden.«
»Aber das zaubert trotzdem noch keine Höhle dahin, wo es keine gibt«, widersprach sein Kollege.
Sie folgten, mit den Taschenlampen den holperigen Wiesenpfad ableuchend, Carla, die schließlich vor der hügelartigen
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