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043 - Das Beinhaus der Medusa

043 - Das Beinhaus der Medusa

Titel: 043 - Das Beinhaus der Medusa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Brent
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werde
Ihre Kleider fein säuberlich von Ihrem neuen Körper abtrennen. Eine Statue, die
einen Straßenanzug trägt – das geht gegen mein Stilempfinden. Einer Bildhauerin
traut man doch mehr Geschmack zu …« Mit diesen Worten passierte sie das
dämmrige Gewölbe. Sie verschwand hinter dem Vorhang.
    Elin verließ sofort ihr Versteck. Noch unheimlicher und gespenstischer kam
ihr mit einem Mal alles vor. Die Gestalten schienen auf sie zuzunicken, das
Gewölbe schien sich zu verengen.
    Der Weg in das Haus war ihr versperrt. Sie konnte nicht riskieren, jetzt,
nach der Rückkehr der unheimlichen Schloßherrin, noch mal ihr Zimmer
aufzusuchen.
    Sie mußte den Weg gehen, den Inger Bornhohn und Erik Knudvil gekommen
waren. Der unterirdische Gang, der über eine Felsenhöhle ins Freie führen
mußte.
    Sekundenlang blieb sie vor der Gestalt Erik Knudvils stehen, und ihre
Blicke musterten genau die Haltung, die Gesichtszüge, den Ausdruck der
erstarrten Augen, die nun wie mandelförmige Glaskörper wirkten.
    »O mein Gott«, kam es wie ein Hauch über die bleichen, spröden Lippen des
jungen Mädchens. Sie hatte mit angesehen, wie ein Mensch aus Fleisch und Blut
vor ihren Augen zu kaltem, leblosem Stein geworden war.
    Aber dann waren da die Worte, die Knudvil vor seinem Tod gesprochen hatte.
Der Name Marne war gefallen, und der Name Gunnar Mjörk. Beide waren auf der
Suche nach dem wahren Geheimnis der legendären Medusa gewesen, und beide hatten
an ihre Existenz geglaubt.
    Konnte man so etwas glauben?
    Elin Holtsen erinnerte sich an das Schattenbild. Es gab keinen Zweifel –
Medusa existierte wirklich. Und wenn sie, Elin, noch einige Minuten länger hier
blieb, dann mußte sie damit rechnen, ebenfalls ein Opfer Medusas zu werden.
Dieses Beinhaus hier hatte noch niemand wieder freigegeben. Elin Holtsen
näherte sich dem Boden und starrte in die schwarze, gähnende Öffnung. Die
Norwegerin hörte, wie die Tür des Haupteingangs zu diesem Gewölbe plötzlich
heftig aufgerissen wurde. Inger Bornholm – schon zurück? Nach fünf Sekunden?
    Das konnte nicht sein!
    Elin begriff das Ungeheuerliche im gleichen Augenblick, und siedendheiß
stieg es in ihr auf. Sie war vorhin in dieses Gewölbe eingedrungen und hatte
nicht daran gedacht, es wieder abzuschließen! Inger Bornholm war stutzig
geworden, als sie die Tür hinter sich ins Schloß drückte. Ihr war aufgefallen,
daß dieser Raum verschlossen sein mußte!
    Der schwere Vorhang wurde blitzschnell zurückgezogen.
    Elin Holtsen wandte sich nicht um. Sie stieg in die dunkle Öffnung und fühlte
die feuchten, glitschigen Stufen unter ihren nackten Füßen.
     
    ●
     
    Sie hastete die Stufen hinab und hörte harte Schritte hinter sich. Inger
Bornholms Stöckelabsätze! Sie klapperten auf dem Boden.
    Die glitschigen Stufen führten fast fünf Meter in die Tiefe.
    Kälte, Feuchtigkeit und modrige Luft hüllten Elin Holtsen ein. In
regelmäßigen Abständen steckten blakende Fackeln an den rohen Felswänden. Ein
tunnelähnlicher Gang führte in den Fels.
    Irgendwo in der Finsternis hörte die rennende Elin Holtsen ein fernes
Plätschern. Eine Quelle? Ein unterirdischer Bach?
    An dem rohen Gestein sah sie einen großen Eisenring. Eine Kette mit groben
Gliedern hing daran, die über ein rostiges, mehrfach verstrebtes Rad an der
bizarren Decke gelegt war.
    Elin Holtsen achtete nicht auf diese Kette.
    Die Norwegerin floh durch den Tunnel und passierte einen Durchlaß. Über
sich erblickte sie ein in die grobe Decke eingelassenes Gatter. Im Gewölbegang
vor sich nahm sie gleichzeitig den silbrig sprudelnden Bergbach wahr.
    Sie hörte das knirschende Geräusch über sich und warf sich
geistesgegenwärtig nach vorn. Das von der Decke herabsausende Metallgatter
schlug donnernd zu Boden. Es verfehlte Elin Holtsen nur um Haaresbreite. Die
messerscharfe Kante des Gatters hätte ihren Rumpf mitten durchtrennen können.
    Das Mädchen taumelte schreckensbleich weiter und trat mit nackten Füßen
durch das eiskalte Wasser des sprudelnden Bergbaches.
    Hinter ihr, durch das Gatter getrennt, folgte Inger Bornholm.
    Medusa stand da mit entblößtem Haupt. Das Gesicht der unheimlichen
mordgierigen Norwegerin war verzerrt. Sie sah, daß ihr Plan mißlungen war.
    »Bleiben Sie stehen!« hallte die laute, befehlende Stimme Inger Bornholms
schaurig durch das unterirdische Gewölbe.
    Elin Holtsen vernahm jedes Wort.
    Sekundenlang achtete Elin nicht auf den holprigen, scharfkantigen
Untergrund. Sie rutschte

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