043 - Der Mann von Marokko
Fall sein, wenn ich den Mörder fange«, sagte Welling grimmig.
»Ist Ihnen denn nicht aufgefallen«, erwiderte Hamon gehässig, »daß dieser Marborne ein Feind Morlakes war und daß man ihn ausgerechnet auf seinem Grundstück tot auffand?«
»Darüber habe ich schon die ganze Nacht nachgedacht. Unglücklicherweise - für Ihre Theorie - war Morlake in meiner Gesellschaft, als Marborne getötet wurde. Ist es übrigens wahr, daß Marborne Sie erpreßt hat? Geben Sie es ruhig zu, denn wir haben bereits genug Beweise dafür in der Hand. Auch Slone hat es durch seine Aussagen bestätigt.«
»Was Slone Ihnen erzählt hat, interessiert mich durchaus nicht. Ich kann nur wiederholen, daß dieser unglückliche Mann Geld von mir lieh, um ein eigenes Geschäft aufzumachen. Wenn Sie Beweise für das Gegenteil haben, dann lassen Sie es mich bitte wissen.«
Niemand wußte besser als Welling, daß solche Beweise nicht existierten. Sein Bluff hatte keinen Erfolg gehabt. Aber er war nicht besonders unglücklich darüber und ging sofort zu einem neuen Angriff über.
»Sie haben in letzter Zeit eine Anzahl von CodeTelegrammen nach Marokko geschickt - ich denke hauptsächlich an eins, das sich auf einen gewissen Ali Hassan bezog. Wer ist das?«
Wieder wurden Hamons Blicke ängstlich aber es gelang ihm zu lächeln.
»Nun weiß ich auch, warum man Detektive fleißige Leute nennt«, meinte er. »Sie sind ja sehr tätig gewesen in der letzten Nacht. Ali Hassan ist eine maurische Zigarrenmarke.«
Er schaute auf Jim, der zur Bestätigung nickte.
»Das ist allerdings wahr, aber es ist auch der Name eines maurischen Mörders, der vor fünfundzwanzig Jahren hingerichtet wurde.«
»Dann wählen Sie bitte, was Ihnen besser gefällt«, sagte Hamon ironisch.
»Ist das hier nicht Ihre Handschrift?« Welling nahm von dem Tisch hinter sich ein Kuvert und hielt es Hamon hin.
»Nein«, sagte Ralph, ohne zu zögern.
»Marborne wurde von einem Araber getötet, den Sie zu diesem Zweck eigens kommen ließen.«
»Mit anderen Worten, ich bin an diesem Mord mitschuldig?«
Welling nickte.
»Wenn es nicht so außerordentlich komisch wäre, müßte ich ärgerlich sein. Unter diesen Umständen lehne ich es ab, noch irgendwelche Aussagen zu machen. Sie können mich zu nichts zwingen, niemand weiß das besser als Sie, Welling. Und ich werde Ihnen keine weitere Auskunft geben.«
Mit diesen Worten ging er.
»Er hat uns schon mehr gesagt, als er selbst ahnt«, bemerkte Welling, als sich die Tür hinter Hamon geschlossen hatte. »Wer ist aber Sadi Hafis?«
»Ein entsetzlich hinterlistiger Schuft, der in Tanger lebt«, sagte Jim rasch. »Ein skrupelloser Mann, außerordentlich nützlich für Leute wie Hamon und andere dunkle Geschäftsgründer, die vielversprechende Prospekte in die Welt hinaussenden wollen. Er ist ein Agent Hamons, ich kenne ihn schon seit vielen Jahren -wir haben nämlich eine kleine Schießerei miteinander gehabt, als ich damals beim Abstecken der beabsichtigten Fes-Eisenbahn beschäftigt war. Er bezieht sicher von einem halben Dutzend Interessenten Pensionen, und ich glaube, daß er mehr Verbrechen auf dem Gewissen hat als irgendein anderer Mann in Marokko.«
»Meinen Sie damit Mord?«
Jim lächelte.
»Ich sagte Ihnen doch eben: Verbrechen. Mord ist im Rifgebirge kein besonders schlimmes Vergehen.«
»Wenn wir diesen maurischen Burschen fangen, werden wir ja alles erfahren.«
»Der wird nicht das mindeste gegen Sadi Hafis aussagen. Die Scherife sind in gewisser Weise heilige Leute, und der Mörder wird sterben, ohne ein Wort zu sagen, das Sadi Hafis oder irgend jemanden sonst belasten könnte.«
Durch Lord Creith erfuhr Welling später, daß Ralph Hamon am Morgen nach dem Mord mit der zweiten Post einen umfangreichen eingeschriebenen Brief erhalten hatte. Er zweifelte keinen Augenblick daran, daß das begehrte Dokument darin lag.
Joan benützte die erste Gelegenheit, die sich ihr bot, um ihren Vater um eine Aussprache zu bitten.
Er sah sie besorgt an.
»Was fehlt dir, Kind? Du bist sehr blaß.«
»Es geht mir gut, du brauchst dir keine Sorgen zu machen, aber du wirst wohl sehr böse auf mich sein -«
Er schüttelte den Kopf.
»Dazu gehört schon furchtbar viel, daß ich mit dir unzufrieden sein könnte, Joan«, sagte er und legte den Arm um ihre Schulter.
Er führte sie zu einem Fenstersitz in der Bibliothek.
»Vater«, begann sie endlich leise, »ich habe Ferdie Farringdon geheiratet, als ich noch in der Schule
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