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0431 - Der Gentleman-Killer

0431 - Der Gentleman-Killer

Titel: 0431 - Der Gentleman-Killer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irene Rodrian
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getan hätte. Er wäre vielleicht im Strandhaus geblieben.«
    »Er wäre geblieben?« fragte ich verständnislos.
    Sie runzelte die Stirn, als dächte sie noch immer nach, dann murmelte sie: »Wenn ich nur wüßte, wer es war!«
    »Wer?« fragten Phil, Captain Kelly und ich wie aus einem Mund. Mrs. Claymore schien nicht zuzuhören. Leise fuhr sie fort:
    »Wenn es geklingelt hätte, wäre ich doch aufgewacht. Also muß er ihn mitgebracht haben.« Plötzlich fuhr sie zu Captain Kelly herum. »Vielleicht war es doch Mord!«
    »Wollen Sie damit sagen, daß Ihr Mann Besuch hatte?« fragte ich, aber sie hörte wieder nicht zu. Sie murmelte nur:
    »Er hatte viele Feinde unter den Gangstern.«
    »Mrs. Claymore«, sagte Kelly sanft und geduldig. »Unser Fingerabdruckspezialist hat eindeutig festgestellt, daß außer Ihrem Mann niemand die Waffe berührt hat. Hätte ein eventueller Mörder Handschuhe getragen oder die Waffe abgewischt, wären die ersten Prints verwischt worden. Aber auf der Waffe sind sowohl die früheren Abdrücke zu sehen, als auch die von heute nacht. Man erkennt deutlich, wie Ihr Mann die Waffe in die Hand nahm, sie umdrehte und dann fest umschloß. Wenn einem Toten die Waffe in die Hand gedrückt worden wäre, hätten wir viel schwächere Prints gefunden. Was hat das mit dem Besuch auf sich? Vorhin haben Sie nichts davon gesagt.«
    »Ich habe nicht daran gedacht. Aber vorhin fiel es mir ein. In der Küche habe ich heute morgen zwei Gläser gefunden. Mein Mann trinkt sehr selten und dann nur Sherry. Aber in den Gläsern muß Whisky gewesen sein.«
    »Können Sie mir die beiden Gläser bitte zeigen?« fragte ich.
    Wir folgten ihr in eine vollautomamatisierte blitzendsaubere Küche. Sie zog die Schiebetür eines Schranks auf und zeigte uns zwei eckige Whiskygläser.
    »Warum haben Sie sie abgewaschen?« fragte Kelly. Sie nahm die Gläser heraus.
    »Ich habe sie nicht abgewaschen. Das ist es ja. Er muß sie selbst in der Nacht noch abgewaschen und dann hier in den Schrank gestellt haben. Deshalb fielen sie mir auf, denn sonst kommen sie natürlich in den Barschrank, hier sind nur Wassergläser. Und normalerweise hält er sich überhaupt nicht in der Küche auf. Er ist… er war da etwas ungeschickt.« Sie brach ab, und wir gingen langsam zurück ins Wohnzimmer. Wir sahen uns die kristallene Whiskykaraffe an. Sie war nur noch dreiviertel voll, obwohl sie angeblich am Abend noch voll gewesen war.
    »Fragen Sie doch bitte Ihr Hausmädchen, ob sie etwas davon weiß!« bat ich Mrs. Claymore. Sie schüttelte den Kopf, ging aber hinaus. Als wir allein waren, wandte ich mich an Kelly.
    »Es sieht so aus, als hätte Claymore gestern den Mann mitgebracht, der ihm mitteilte, daß sein Geld aus einem Überfall stammte. Vielleicht hat er ihn erpreßt.«
    Ich sah auf den toten Mann, der zu schlafen schien. Er trug einen dunklen Anzug, eine verrutschte Krawatte und schwarze Schuhe aus blankem Leder. Zwischen dem geputzten Oberleder und der handgenähten Sohle klebten senfgelbe Erdreste. Ich bückte mich und kratzte etwas herunter. Die Erde schien lehmig und kompakt.
    »Habt ihr davon Spuren für das Labor?« fragte ich Kelly.
    Er nickte.
    Ich richtete mich auf. Im gleichen Moment kam Mrs. Claymore zurück und berichtete, daß das Mädchen nichts von dem Whisky wußte.
    »Ging Ihr Mann immer im Abendanzug 'zum Segeln?« fragte Phil leise. Sie sah ihn verwirrt an, schaute dann auf ihren Mann, sah aber hastig wieder weg. Langsam und heiser sagte sie:
    »Er hatte dort Kleider zum Wechseln.«
    ***
    Als wir nach Bronx fuhren und über den Bruckner Boulevard zur Eastchester Bay abbogen, war es kurz nach zehn. Ich steckte mir müde eine Zigarette an und blinzelte hinaus auf die flimmernde Straße.
    Mrs. Claymore hatte uns genau beschrieben, wo der Bungalow sein sollte. Ich fand die Straße und wirbelte eine trockene, heiße Staubwolke auf, als ich sie entlangfuhr. Wir husteten, und ich ging noch mehr mit der Geschwindigkeit herunter. Phil keuchte:
    »Diese reichen Knaben hier wünschen wohl keinen Besuch, sonst hätten sie den Weg ja auch schon mal asphaltieren lassen können.«
    Plötzlich funkelte vor uns das Meer, und obwohl es davon keinen Grad kühler wurde, atmeten wir auf. Auf der einen Seite lag ein lichter, parkähnlicher Wald, auf der anderen Seite eine Reihe von Seegrundstücken, in denen Bungalows und Bootshäuser standen. Wir fanden das Haus, das uns Mrs. Claymore beschrieben hatte, ohne Schwierigkeiten. Ringsum war

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