0432 - Die Rache der Kobra
blockte Rarrek seine Empfindungen ab. Sie strengten ihn nur unnötig an, und als er sich entspannen konnte, merkte er, wieviel Kraft es ihn gekostet hatte, zu sehen.
Die Vorfahrefi seiner Vorfahren, hieß es, hätten weitaus stärkere Fähigkeiten besessen. Doch das war lange her, so lange, daß Rarrek die Jahrhunderte nicht zählen konnte. Anscheinend waren die Fähigkeiten des Echsenvolkes im Laufe der Zeit verkümmert, sofern an den alten Überlieferungen etwas Wahres war. Doch möglicherweise dienten die Erzählungen nur der Verklärung und Verherrlichung der Vorfahren.
Er wußte es nicht.
Er wollte es auch nicht ergründen. Er hatte genug mit den Menschen dieses Dorfes und der Umgebung zu tun, sie in ihrem Inneren zu erforschen, zu verstehen Und unter seiner Kontrolle zu halten. Er hatte sie mit seinen Ratschlägen längst im Griff, ohne daß es ihnen bewußt war; dankbar nahmen sie seinen Rat entgegen, selbst wenn es sich um verkappte Befehle handelte. Hier im Dorf hatte er, der bescheidene Berater, die größte Macht, denn seinen Worten beugte sich selbst der Ortsvorsteher.
Ahnungslose Tölpel, die sie waren!
Möglicherweise würde es nicht mehr lange dauern - vielleicht nur noch dreißig, vierzig Jahre - und Rarrek konnte beginnen, seinen Einflußbereich zu erweitern auf den nächsten Ort…
Aber wichtig war es, vorher den Schlangenkult auszuschalten. Die Silbernen ließen sich ertragen. Ihre wirklichen Machtansprüche lagen auf anderen Welten im Universum. Doch die Schlangen wollten ihre Macht über Ash’Cant auf die Schnelle, und deshalb waren sie gefährlich.
Und nur durch gezielte Intrigen konnte man ihrer Herr werden, wenn man ein Echsenmann war.
Eine Art Verwandtschaft der Reptilien untereinander, wie Yorge sie vermutete - in diesem Fall gab es sie nicht.
***
Nach jedem Telefonat war Teri mutloser. Obgleich sie versuchte, Magie in ihre Stimme zu legen, gelang es ihr nicht, die Telefonistinnen in den Taxizentralen von ihrem Anliegen zu überzeugen. Entweder war sie noch zu schwach, oder die Druiden-Magie wurde durch die Technik der Telefonleitungen gestört. Teri wußte jedenfalls, daß es früher schon funktioniert hatte.
Wie auch immer - einer Privatperson wurden keine Auskünfte über beförderte Fahrgäste gegeben.
Als Detektivin sollte sie persönlich vorsprechen, unter Vorlage ihres Ausweises. Und sich als Polizistin auszugeben, erschien ihr selbst doch etwas zu dreist - und war zudem auch unlogisch. Sie befand sich in Italien, in Rom, in einem Land, in welchem die Vorherrschaft der Männer ungebrochen war. Wer hier eine Polizeimarke trug, war Mann. Frauen waren als Schreibkräfte und zum Kaffeekochen gut. Vielleicht gab es auch tatsächlich ein paar Beamtinnen, aber wer nahm die hier schon ernst?
Außerdem empfand Teri es als Amtsanmaßung, wenn sie sich am Telefon als Polizistin ausgegeben hätte. Es stand ihr nicht zu.
Aber auf dem normalen, legalen Weg kam sie nicht weiter.
»Der Zweck heiligt die Mittel«, erinnerte Carlotta. »Du solltest es trotzdem noch einmal versuchen. Oder schieb diesen Yared Salem vor. Der ist ein Mann. Seiner Stimme werden sie eher trauen, wenn er anruft und sich als Polizist vorstellt…«
Teri schüttelte den Kopf. »Das ist kein guter Weg«, sagte sie.
Es war vorbei.
Die Spur war verloren, ehe Teri mit der Suche hatte beginnen können. Für sie war der Ewige untergetaucht. Jetzt hing alles davon ab, was Zamorra, Nicole und Ted selbst in Ash’Cant erreichten.
Teri hielt Carlotta den Telefonhörer entgegen. »Meine Stimme könnten sie jetzt wiedererkennen und sich wundern. Bestellst du mir ein Taxi hierher? Ich lasse mich zu Teodores Haus fahren.«
»Du läßt mich tatsächlich hier allein?«
»Dir passiert hier nichts«, beruhigte Teri mit magischem Klang. »Du bist abgehakt. Sie können von dir nichts mehr erwarten, weshalb sollten sie also wiederkommen?«
»Warum bleibst du dann nicht auch hier, sondern begibst dich in Gefahr?«
Teri lächelte verloren. »Weil ich diese Gefahren kenne und weiß, wie man ihnen begegnet«, sagte sie. »Außerdem kann ich meine Freunde nicht im Stich lassen. Komm, ruf bitte das Taxi.«
Seufzend telefonierte Carlotta. »Das Taxi ist in etwa fünf Minuten hier«, sagte sie.
»Dann gehe ich jetzt.« Teri erhob sich von ihrem Stuhl neben dem Telefon.
»Bleib doch«, bat Carlotta. Sie umarmte die Druidin und küßte sie. Es war mehr als ein freundschaftlichschwesterlicher Kuß; es war eine verzweifelte Bekundung
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