0432 - Die Rache der Kobra
drohte. Normalerweise hätte er seinen Instinkten vertraut und wäre umgekehrt. Entweder völlig, oder um mit Verstärkung zurückzukehren, sofern der Herr des Kultes, der Oberpriester Mansur Panshurab, sie ihm zur Verfügung stellte.
In diesem Fall aber war es anders. Er durfte es nicht wagen, ohne die Messingkobra zurückzukehren. Deshalb mußte er weiter voran gehen und alles daran setzen, sie zurückzuerhalten. Auch, wenn er sich selbst damit in höchste Gefahr brachte.
Die ersten Häuser tauchten wie dunkle Schatten in der Nacht vor ihm auf. Er sah die Lichter der Straßenbeleuchtung flackern. Und er überlegte, was er tun wollte. Wie sollte er seinen Gegner finden?
Er witterte mit geöffnetem Mund. Die Schlangenzunge bewegte sich. Er versuchte, den typischen Geruch seines Gegners aufzunehmen. Jenes Mädchen, das er mit Hilfe der Messingkobra eingefangen hatte, war eben von dieser Kobra ausgewählt worden, aber jetzt fehlte dem Schlangenmann diese Unterstützung.
Schon während er sich dem Dorf näherte, hatte er immer wieder versucht, Witterung aufzunehmen. Der Mensch hatte in der Luft einen kaum wahrnehmbaren Geruch zurückgelassen, den möglicherweise nicht einmal ein guter Spürhund noch erschnüffelt hätte, denn auch der leichte Wind verwehte diese Spur größtenteils. Aber die Sinne, die der Zombie einsetzte, reichten noch aus, den leichten Hauch zu erfassen.
Hier, am Dorfrand, vermischte sich der Geruch aber mit anderen Gerüchen. Er war nicht mehr zu unterscheiden und ging in der Menge der anderen Eindrücke einfach unter. Der Schlangenzombie wußte nicht mehr weiter.
Er überlegte. Vielleicht sollte er noch einmal die Wohnung des gefangenen Mädchens aufsuchen. Möglicherweise hielt der Verfolgte sich dort auf und suchte nach weiteren Spuren. Immerhin hatte er Fragen nach dem Verbleib der Gefangenen gestellt.
Es kam auf einen Versuch an…
Der Zombie setzte sich in Bewegung.
Und im nächsten Moment fielen sie von mehreren Seiten zugleich über ihn her und schlugen ihn nieder, ehe er reagieren und Schlangengestalt annehmen konnte…
***
Schon wenig später war Mansur Panshurab klar, daß er einen seiner Diener verloren hatte. Die Ssacah-Magie aus dem Kollektiv der Messingkobras hatte es ihm mitgeteilt, aber dieses magische Kollektiv konnte ihm nicht verraten, auf welche Weise der Zombie ausgelöscht worden war und wer seine Überwinder waren. Aber es war klar, daß nur Menschen aus jenem Dorf es gewesen sein konnten, in welches Panshurab den Zombie gesandt hatte, um ein neues Opfer herbei zu holen.
Und die Kobra, die gestohlen worden war, war somit immer noch verschwunden…
Panshurab beriet sich mit seiner Gefährtin Sahri. Aber auch sie konnte ihm in diesem Fall nicht sagen, was zu tun war. Die Dorfbewohner schienen mehr zu wissen, als es dem Ssacah-Kult lieb sein konnte, sonst wäre das Unternehmen nicht so bitter fehlgeschlagen.
»Wir haben die Wahl«, murmelte Panshurab. »Wir können den Diebstahl der Kobra und den Verlust des Zombies auf sich beruhen lassen und künftig dieses Dorf meiden, weil es zu gefährlich geworden ist, uns dort blicken zu lassen. Erst, wenn wir stärker geworden sind, können wir uns dann wieder um diese Menschen kümmern…«
»Aber diese Wahl wird uns Ssacah nicht lassen, darf uns Ssacah einfach nicht lassen«, warf die schöne Sahri ein. »Der Verlust der Messingfigur ist zu schwerwiegend. Erstens der Substanz wegen, und zweitens ist es möglich, daß die anderen, wenn sie schon soviel über uns wissen, daß sie uns für eine Gefahr halten, die sie bekämpfen wollen, über die Messingfigur viel zuviel über uns herausfinden… wir müssen also zwangsläufig etwas tun, ob wir wollen oder nicht.«
Panshurab nickte düster.
»Du hast recht«, gestand er. »Aber die andere Möglichkeit gefällt mir ebensowenig. Denn sie bedeutet eine Art Krieg. Wir werden mit stärkeren Kräften dieses Dorf überfallen und seine Bewohner für diesen Übergriff zur Rechenschaft ziehen müssen. Aber ich bin nicht sicher, ob wir stark genug dafür sind. Ssacahs Macht ist noch längst nicht wieder so groß wie damals auf der Erde, und die Zahl unserer Diener…«
»Und doch weißt du, daß es nicht anders geht«, sagte Sahri. »Du weißt, daß wir es nicht zulassen dürfen, daß sich andere an einem unserer Diener oder gar an einer der Figuren vergreifen. Wenn wir das einmal hinnehmen, ohne die Schuldigen zu bestrafen, werden wir immer wieder Übergriffen dieser Art ausgesetzt
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