0434 - Der letzte Coup der Höllenbande
Couchtisch zwischen den beiden Sesseln war mit einer schweren Platte versehen und hatte dicke metallene Füße. Ich hatte schon vorher die Füße wie zum Sprung angezogen und brauchte sie nur ein wenig seitlich auszustellen, um sie direkt vor die Tischfüße zu bringen.
Wenn ich mich kräftig nach hinten abstieß, hatte ich die Möglichkeit, ihn zu überrumpeln. Ich mußte nur sofort mit beiden Händen nach der Pistole greifen und dafür sorgen, daß Birgit und ich aus der Schußlinie kamen.
Um ihn von mir abzulenken, sagte ich noch ein paar beruhigende Worte zu dem Mädchen. Es kämpfte mit geschlossenen Augen gegen Husten und Schlucken. Der Alkohol begann bereits ihre Sinne zu vernebeln, sie schien mir gar nicht zuzuhören.
Der Gangster wollte sie wahrscheinlich als Geisel mitnehmen und glaubte wohl, sie in betrunkenem Zustand am unauffälligsten aus dem Haus schaffen zu können. Wenn er sie hätte ermorden wollen, wozu dann diese Mühe, sie erst volltrunken zu machen?
Als er gerade den Mund aufmachte, hielt ich den Zeitpunkt für gekommen.
Mit aller Gewalt warf ich mich mitsamt dem Sessel nach hinten, die Füße gegen den Tisch gepreßt. Sofort löste ich die verschränkten Hände und packte wie mit einem Schraubstock zu. Ich bekam den Lauf der Waffe zu fassen und drückte sie im Fallen von mir weg.
Der Gangster war völlig überrumpelt. Trotzdem ließ er die Pistole nicht los. Da sie entsichert war, löste sich prompt ein Schuß, der mit sattem Plopp in die Wand fuhr. Der Zeigefinger steckte in dem Ring um den Abzugsbügel, und die Faust hielt er festgeklammert.
Durch den Ruck stolperte er nach vorn und stürzte auf mich. Zum Glück hatte die Pistole' einen aufgeschraubten Schalldämpfer, so daß meine Hand nicht abrutschen konnte. Ich konzentrierte mich darauf, ihm die Waffe zu entwinden. Ich rollte mich um die eigene Achse, so daß ich auf seinen Arm zu liegen kam.
Wütendes Schnaufen war die Antwort. Seine linke Hand suchte meine Kehle, während ich herumschnellte, mit der freien Hand auf sein Handgelenk schlug und endlich Erfolg hatte.
Er hatte kein Gefühl mehr in der Hand, die Waffe entglitt ihm und fiel auf den Teppich. Ich angelte nach dem Griff, als er sich von mir wegschnellte. Auf dem Bauche liegend war ich eine Zehntelsekunde langsamer.
Die Pistole hatte ich fest gepackt und wollte mich gerade herumdrehen, als ich ein leises Knirschen vernahm. Zum Ausweichen war es zu spät. Ich konnte nur noch beide Hände über den Kopf halten und die Schultern anziehen.
Dann krachte auch schon die Hausbar auf meinen Rücken. Ich hatte das Gefühl, sämtliche Knochen würden von einer Straßenwalze plattgefahren. Ich sah eine Explosion und tausend rotglühende. Sterne.
Für einige Zeit schaltete ich einfach ab. Mein Gegner hatte mich aus dem Verkehr gezogen wie einen abgeschleppten Unfallwagen.
***
Mit neunzig Meilen pro Stunde fegte ein schwarzer Cadillac über den New Jersey Turnpike. Drei Männer saßen darin, sie hielten die Scheiben hermetisch geschlossen und verdrängten den letzten Sauerstoff gewaltsam mit Zigarettenrauch.
Der Fahrer war ein bulliger Kerl mit dunkler Sonnenbrille, dessen großkarierter Anzug gut zu seinem vernarbten Gesicht paßte. Er ließ die Kippe in einem Mundwinkel hängen und strich sich ab und zu die gelben Lederhandschuhe glatt.
Neben ihm saß ein Kerl mit Raubvogelgesicht, dessen Hagerkeit an eine große Hungersnot erinnerte. Er hatte sich im Zuchthaus von Phoenix ein Magenleiden zugezogen und seitdem nie mehr gelacht.
Sid Loods war ein mitleidloser Killer, der außerdem noch eine Menge von Sprengladungen verstand. Ihm genügten eine Armbanduhr und eine Pistolenpatrone, um damit das Empire State Building in die Luft zu jagen. Das behauptete er jedenfalls. Er starrte mit zusammengekniffenen Augen nach vorn auf das endlose Band der Autobahn.
Im Fond des Wagens saß Stanton. Er hatte einen nachtblauen Blazer an und helle Hosen. Mit seinen grauen Schläfen hat Je er in jedem Theaterstück als Märchenonkel auftreten können.
Nicht einmal das weiße Taschentuch in der Brusttasche fehlte. Er war in eine Skizze vertieft, die er auf den Knien hielt. Mit den Händen schirmte er sie gegen neugierige Blicke ab.
»Nimm die nächste Abfahrt, Ted«, sagte er ruhig und mit leiser Stimme, nachdem er einen kurzen Blick aus dem Fenster geworfen hatte. Sie waren jetzt kurz vor Newark. Ted bremste leicht und reihte sich rechts ein. Dann ging der Caddy in eine weite Kurve und kam auf
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