0434 - Der letzte Coup der Höllenbande
brachte ich außer Reichweite. Mit dem Messer durchschnitt ich dann die Stricke des Mädchens, die mir ohnmächtig in die Arme fiel. Behutsam legte ich sie nieder, nahm ihr den Knebel ab und suchte nach etwas Wasser. Es gab einen Wasserhahn neben der Tür, und mit einer leeren Büchse holte ich einen halben Liter. Es dauerte noch ein paar Minuten, bis Birgit die Augen aufschlug.
»Keine Angst, jetzt kann Ihnen gar nichts mehr passieren«, beruhigte ich sie und half ihr aufzustehen. Noch immer schwankte sie wie ein Schilfrohr im Sturm. Als sie ohne Hilfe stehen konnte, sammelte ich Pistole und Brieftasche wieder ein und hängte mir die Maschinenpistole über den Rücken. Mit dem Gangster verfuhr ich nicht ganz so zartfühlend, aber das hatte er auch nicht verdient. Er mußte aufstehen und sich zähneknirschend in seine Lage fügen. Ich wickelte das freie Ende des Gürtels um das Tischbein und machte mich an eine kurze Untersuchung der beiden Räume.
Der Safe war zwar stabil, aber mit ein paar gut gezielten Schüssen hätte ich das Schloß sprengen können. Ich unterließ es, als das Mädchen erzählte, daß sich nichts darin befinden würde. Sie hatte gesehen, wie der Schrank geleert wurde.
»Es waren mehrere«, flüsterte sie erschauernd, »und sie haben gedroht, mich umzubringen, wenn ich etwas verraten würde.«
Angstvoll sah sie erst auf den Gangster, dann auf mich. Ich beruhigte sie, indem ich ihr versprach, daß ich sie nach keinen Einzelheiten fragen würde. Das stimmte zwar nicht, aber solange der Gangster in Hörweite war, wollte ich ihr von meinen Vermutungen nichts sagen. Mir war klar, daß ich auf eine falsche Spur gelenkt werden sollte. Nur deshalb hatte man das Mädchen leben lassen. Sie sollte mir bestimmte Dinge erzählen, und die Brüder hofften, ich würde darauf hereinfallen. Nur die Rolle des Kidnappers war mir noch nicht klar, den ich gefangen hatte.
Wenn die anderen sich wirklich abgesetzt hatten, warum war er dann allein zurückgeblieben? Wollte er auf eigene Faust mit mir abrechnen, oder hatten seine Komplicen nicht damit gerechnet, daß ich mit ihm fertig werden würde? Dann hatten sie das FBI wieder einmal gründlich unterschätzt.
Es gab nichts mehr von Interesse in dem Blockhaus. Das Vorhängeschloß legte, ich wieder vor, dann setzten wir uns in Bewegung.
Vor uns marschierte der verbissen vor sich hinstarrende Verbrecher mit auf den Rücken gefesselten Händen. Das andere Ende der Fessel hielt ich fest, während ich mit der freien Hand das Mädchen stützte, das etwas Schwach auf den Beinen war.
Diesmal brauchten wir uns nicht durch den Wald vorwärtszuarbeiten, sondern nahmen den schmalen Pfad zwischen den Bäumen. Ich witterte wie ein wachsamer Jagdhund, um in keine Falle zu laufen. Ohne Zwischenfälle kamen wir ein paar Minuten später zu der Stelle, wo ich den Jaguar abgestellt hatte. Er stand noch unbeschädigt da.
Aus dem Handschuhfach nahm ich eine stählerne Handfessel und schloß die Spangen dem Verbrecher um die Handgelenke. Dann mußte er sich auf den schmalen Rücksitz quetschen, und ich schloß die Handfessel an dem Haken auf dem Bodenblech an, an dem die Sicherheitsgurte befestigt werden. Die Stellung war reichlich unbequem, aber er konnte mich nicht während der Fahrt angreifen. Das Mädchen saß neben mir, und ich rangierte rückwärts aus dem Parkplatz im Grünen.
Wir sprachen kein Wort, als wir nach Trenton zurückfuhren. Ein Blick auf die Uhr zeigte mir, daß erst anderthalb Stunden vergangen waren. Noch waren also die Kollegen nicht unterwegs, um mich zu suchen. Das Funkgerät blieb in Ruhe, und ich nahm den direkten Weg zu unserem Treffpunkt.
Beladen wie ein Packesel auf Urlaubsreise in der Sahara rollte der Wagen einige Zeit später in den Hof. Ich stellte ihn neben den Thunderbird, mit dem Phil unterwegs gewesen war und stieg etwas müde aus. Im mittleren Fenster des dritten Stocks erschien ein mir wohlbekannter Kopf.
»Bist du es, Jerry?« grinste mein Freund überflüssigerweise.
»Nicht nur ich, eine ganze Wagenladung voll«, brummte ich und deutete einladend auf mein Gefährt. Phils Kopf verschwand, und ich war sicher, er würde auf dem schnellsten Weg herunterkommen.
***
Die Nacht war pechschwarz und stürmisch. Dicke Regenwolken luden ihre Fracht über der Ostküste der Vereinigten Staaten ab und überschwemmten weite Landstriche. Es war ideales Wetter für Leute, die nicht gern gesehen werden wollten und keine Angst vor nassen Füßen hatten.
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