0435 - Mörder bitten nie um Gnade
Gesicht war schmutzig und verschwitzt.
»He, Mister, stell dich dazu«, sagte der Gangster hinter mir. Er drückte mich mit dem Lauf seiner Pistole in die Ecke neben Tom. Der Druck im Rücken ließ nach.
»Du kannst dich umdrehen«, sagte Shefferman.
Ich machte eine Drehung, stand jetzt mit dem Rücken zur Wand und erblickte in drei Schritten Entfernung Shefferman.
Rechts vor mir neben der Tür lümmelte der Scharfschütze, den ich zum ersten Mal richtig betrachten konnte. Er hielt seine Pistole lässig in der Hand und spielte damit, so daß ich ihm die Übung ansah. Ich hatte jeden Augenblick das Gefühl, er würde abdrücken.
Der dritte Gangster stand immer noch am Fenster. Shefferman redete ihn jetzt an.
»Joey«, sagte Shefferman mit seiner unangenehmen Stimme, »ich denke, es ist Zeitverschwendung, den G-man jetzt noch zu fesseln. Untersuch ihn!«
Joey kam auf mich zu und tastete mich mit seinen kräftigen fleischigen Fingern ab. Er zupfte den Ausweis aus meiner Tasche, als er keine Waffe bei mir fand, und schleuderte ihn Shefferman zu. Der Boß warf einen geringschätzigen Blick darauf und gab das Dokument Joey zurück. Der stopfte es wieder in' die Tasche.
Währenddessen machte ich mir meine Gedanken. Joey sah zerfranst aus. Er hatte sich also mit Tom herumgeschlagen. Wo war Shefferman in dieser Zeit gewesen? Shefferman war blitzsauber. Seine Krawatte saß ordentlich. Der Ring an seinen groben Fingern blitzte im schwachen Schein der Batterielampe. Er schien vällig gelassen zu sein, und sicherlich hatte er dabeigestanden, während Joey sich herumschlug.
Er war mir zu sauber. Das warf meine Überlegungen und Vermutungen wieder über den Haufen. Ich hätte zu gern gewußt, wie lange Shefferman sich schon in diesem Haus aufhielt.
Joey gab seine Untersuchung auf. Er fand nichts bei mir und ging die drei Schritte bis zum Fenster wieder zurück. Er ging rückwärts und richtete seine Waffe auf mich. Sie schienen eine mächtige Angst vor mir zu haben, denn auch Shefferman hielt unverwandt sein Schießeisen auf meine Gürtellinie gerichtet.
»Dio Shefferman, wo ist das Mädchen?« fragte ich, und meine Stimme klang scharf und unnatürlich, denn ich fühlte, daß dieser Mann gewalttätig bis aufs äußerste war.
»Das interessiert Sie, was, Cotton?« Er lachte zynisch. »Aber die Fragen stelle ich, die letzten Fragen, die Sie noch zu beantworten haben.«
Er drehte sich um, angelte mit dem Fuß den wackligen Stuhl heran, bückte sich, stellte ihn auf und pustete ihn ab. Er war ihm noch nicht sauber genug, deshalb zog er ein weißes Taschentuch aus der Innentasche seines Jacketts und schlug damit über die Sitzfläche des Stuhls. Dann setzte er sich. Der Stuhl ächzte.
»Sie sind Cotton!« Seine Stimme schnitt durch die Stille. »Und Sie haben mein Geschäft vermasselt.«
»Wenn Sie damit Ihre Art, zu Geld zu kommen, meinen: ja! Und es tut mir leid, daß ich Sie nicht gleich mit erwischt habe, dann wäre dieser Auftritt hier nicht nötig. Dann hätten auch der Barkeeper der Geisha-Bar und Lambert nicht zu sterben brauchen. Aber Shefferman, diesmal haben Sie ausgespielt. Diesmal reichen die Beweise.«
»Zum Teufel!« fauchte der Gangster. »Sie wollen mir einen Mord anhängen! Mir kann keiner etwas beweisen. Auch Sie nicht, Cotton!«
»Einen Fehler haben Sie schon gemacht, Shefferman«, sagte ich ruhig. »Sie haben sich in Lil Hogan verkalkuliert.«
»Diese Hexe!« zischte er- »Aber was hilft es Ihnen? Bilden Sie sich doch nicht ein, daß Sie hier noch mal lebend herauskommen, Cotton.«
»Auch Beihilfe zum Mord ist strafbar«, sagte ich, ohne auf seine Argumente einzugehen.
Er grinste mich kalt an. »Ich sagte doch schon. Wer will mir das beweisen? Sie, Cotton?«
»Sie sind etwas zu spät aus dem Haus gerannt«, sagte ich gelassen. »Die Tatzeit deckt sich fast mit diesem Zeitpunkt, Shefferman. Das war Ihr zweiter Fehler.«
»Halten Sie das Maul!« fuhr er mich an, »Sie wissen ja nicht, was Sie reden. Mir können Sie den Mord nicht anhängen.«
»Sie werden irgendwann einen dritten Fehler machen.«
»Zum Teufel mit Ihnen!« schrie er. Aber er wurde sofort wieder ruhig. »Nichts hindert mich daran«, fuhr er gehässig fort, »Sie abzuknallen und zu verschwinden. Aber so billig kommen Sie mir nicht weg. Ich bin fast dankbar, daß Sie mir noch über den Weg gelaufen sind.«
»Sie machen schon wieder einen Fehler«, sagte ich eindringlich.
»Sprechen Sie ruhig weiter«, forderte der Gangster mich
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