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0436 - Im Reich der Kraken-Schlange

0436 - Im Reich der Kraken-Schlange

Titel: 0436 - Im Reich der Kraken-Schlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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seltsame Kraft. Sie erinnerte ihn an etwas, doch noch fiel es ihm schwer zu erkennen, woran…
    Und er sah, daß aus dem Lager der Dämonischen eine Entität verschwunden war. Verschleppt von der seltsamen Kraft, die ihn an jemanden erinnerte, den er einmal gekannt zu haben glaubte.
    Vielleicht zu gut gekannt…
    Wer hatte die dämonische Bestie in eine andere Welt geholt, wohin und warum? Und weshalb war gerade diese Kraft benutzt worden?
    Der Einäugige war ein Suchender, ein Wanderer auf der Jagd nach Wissen.
    »Ich muß meine Späher aussenden, auf daß ich durch ihre Augen sehe«, flüsterte er.
    ***
    Manchmal trieb es Julio Zantos an den San-Juan-Fluß. Nicht dorthin, wohin alle anderen gingen, sondern an den kleinen Wasserfall, hinter dem zwischen schroffen Felsen ein kleiner See lag. Auf kaum einer Karte war er eingezeichnet. Er war einfach zu klein und zu unwichtig. Wichtig war der Toronto-See, der einige Kilometer weiter im Nordosten lag und der vom Rio San Juan gespeist wurde.
    Julio war gern hier am Wasserfall. Er genoß das Rauschen des Wassers, das sich aus einer Höhe von etwa vier oder fünf Metern in den kleinen See ergoß, der schon bald darauf wieder zum Fluß wurde, um sich weiter durch die schroffe, karge Landschaft zu schlängeln, die kaum etwas bot. Wenige Pflanzen, wenige Tiere. Ein paar Schlangen und Skorpione, einige Insektenarten gediehen hier in der Hitze. Die Nähe der Bolson de Mapimi machte sich bemerkbar - das Wüstenklima breitete sich aus.
    Trotzdem lebten hier ein paar Menschen. Jene, die die hohen Mieten in den Städten nicht mehr bezahlen konnten, weil sie in den Zink-Minen kaum genug zum Leben verdienten. Sie hatten irgendwo ihre Hütten, und von irgend etwas lebten sie und schafften es immer wieder zu überleben, sich zu ernähren und zu kleiden.
    Wenn Julio hier am Wasserfall war, vergaß er, daß die Armut der ständige Wegbegleiter fast jedes Menschen in dieser Region war. Es gab kaum Arbeitsplätze, sie waren schlecht bezahlt, und die Kluft zwischen den vielen Armen und den wenigen Reichen wurde immer größer.
    Und niemand tat etwas dagegen.
    Auch Julio nicht.
    Dafür reichten auch seine Mittel nicht aus. Er besaß ein kleines Vermögen, von dem er zehrte, und das er langsam, aber sicher, aufbrauchte. Irgendwann einmal, wenn er starb, würde nichts mehr da sein. Es reichte gerade so, daß er mit seinen bescheidenen Ansprüchen davon leben konnte. Er hätte das Geld nehmen und den Versuch starten können, sich in einer Stadt oder gar drüben in den USA eine geschäftliche Existenz aufzubauen. Aber er wollte es nicht. Andere nannten ihn einen seltsamen Kauz - er vertrat die Ansicht, daß ein Geschäftsinhaber stets auf Kosten anderer lebte, die von ihm abhängig waren. Entweder dadurch, daß er seinen Arbeitern zu wenig Geld gab, oder daß er seinen Kunden zu viel Geld abnahm. In diese Handlungsweise wollte er sich nicht treiben lassen. Er konnte mit dem, was er geerbt hatte, auskommen, und er brauchte sich nicht um einen Arbeitsplatz zu bemühen - er nahm niemandem etwas weg. Und er hing an dieser Gegend, in der er groß geworden war.
    Er hatte Zeit, sehr viel Zeit. Manchmal malte er Bilder, manchmal schrieb er Geschichten. Oder er saß in der Bodega und plauderte mit den anderen, gab auch schon mal Runden, wenn er sah, daß die anderen noch weiter trinken mochten, aber ihnen das Geld knapp wurde. Manchmal nahm er seine Geschichten und schickte sie zu einem Verlag, der sie kaufte oder auch nicht. Julio sah es nicht so eng. Er brauchte das zusätzliche Geld nicht. Und so merkte er nicht einmal, wie er bei solchen Verkäufen übers Ohr gehauen wurde.
    Vielleicht wäre ihm sogar das egal gewesen.
    Aber er langweilte sich nie, auch wenn er so wenig zu tun hatte. Er machte lange Spaziergänge, er erlebte in seiner Fantasie haarsträubende Abenteuer, und er fand sein Vergnügen daran, die Tierwelt zu beobachten. Er konnte stundenlang im Schatten hinter einem Stein hocken, um darauf zu warten, daß ein bestimmtes Tier aus seiner Höhle kam und seinen Geschäften nachging.
    Manchmal beobachtete er auch Menschen.
    Seit ein paar Monaten kam fast regelmäßig eine Clique junger, fröhlicher Leute aus La Boquilla oder sogar dem größeren Camargo hierher, zum Wasserfall, um Abende oder Wochenenden zu verbringen. Wenn sie bis zum nächsten Tag blieben, bauten sie kleine Zelte auf. Sie machten Lagerfeuer, sie sangen zur Gitarre, sie badeten im kleinen See und hatten Spaß miteinander.

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