0436 - Tanz auf dem Scheiterhaufen
eigenen Schatten springen.«
»Kommen Sie jetzt mit Friedensangeboten?«
»Wenn Sie das so nennen wollen, ich hindere Sie nicht daran. Sie sollten sich meine Worte aber durch den Kopf gehen lassen.«
»Ich höre, Sinclair.«
»Es gibt auch heute noch den Begriff des Kronzeugen. Darüber sollten wir uns unterhalten. Sie haben einem heidnischen Kult gedient, wissen über ihn Bescheid. Ich weiß nicht, welche strafbaren Handlungen Sie und Ihre Freundinnen durchgeführt haben. Vielleicht auch keine, und das sollte sich für Sie so positiv auswirken können, daß es zu keiner Verhandlung gegen Sie kommt.«
Sie ließ sich meine Worte durch den Kopf gehen und lächelte. »Mit diesem Trick wollen Sie mich aufs Kreuz legen, Sinclair?«
»Es ist kein Trick.«
»Wer sagt mir das?«
»Ich gebe Ihnen mein Wort.«
Dominique Weber winkte ab. »Was ist schon das Wort eines Feindes der Großen Mutter!«
»Da kann ich Ihnen leider nicht recht geben, wenn Sie so argumentieren. Ich habe Ihnen mein Wort gegeben und nicht der Großen Mutter. Ihr hätte ich einen solchen Vorschlag erst gar nicht unterbreitet, und das wissen Sie auch. Mit diesen Dämonen kann man einfach keine Kompromisse eingehen, sie sind zu gefährlich und auch zu machthungrig. Bei Ihnen ist das etwas anderes. Sie sind keine Dämonin, sondern ein Mensch, der einiges weiß, und dieses Wissen im Sinne der Menschheit weitergeben soll.«
»Ich kann Lilith nicht verraten!« erklärte sie und deutete auf die Statue.
»Hat die Große Mutter Sie beschützt?«
»Ja.«
Ich lächelte abfällig. »Wo denn und wann? Als wir hier eingedrungen sind und euch festnahmen? Glaube nicht, daß die Große Mutter ihre schützende Hand über euch gehalten hat. Ich kenne die Spielregeln der Hölle, die von Luzifer, der Großen Mutter oder Asmodis aufgestellt worden sind. Mir ist da einiges bekannt, ich habe meine Erfahrungen gesammelt und weiß immer, daß die Große Mutter Menschen und Diener fallen läßt, wenn sie diese nicht mehr braucht. Sie, Dominique, konzentrieren und orientieren sich in die falsche Richtung. Kehren Sie zurück, denn Sie sind ein Mensch. Noch ist Zeit!«
Meine Worte hatten bei ihr einen gewissen Eindruck hinterlassen, denn sie wurde nachdenklich.
Ich ließ ihr noch die Zeit, auch Jane sagte nichts. Sie hatte sich an die Wand gelehnt, weil ihr das Stehen große Schwierigkeiten wegen der Beinwunde bereitete.
»Nun?«
»Gilt Ihr Wort tatsächlich?«
Dominique schaute auf die Statue der Großen Mutter. Ich hatte sie ja als häßlich empfunden und konnte nicht verstehen, daß man sie als Gott ansah.
Hoffentlich bröckelte ihr Image jetzt ab.
»Ich weiß nicht viel«, sagte sie plötzlich und mit relativ leiser Stimme. »Ghislaine ist von der Großen Mutter eingeweiht worden. Jedenfalls wurde uns das immer gesagt. Aber an diesem Datum wurde stets ein Fest zu Ehren der Großen Mutter gegeben.«
»Welch ein Fest?«
»Ein Ritual…«
»Und wo?«
Sie schaute mich scharf an, als wollte sie herausfinden, ob ich ihr die nächsten Worte auch abnahm.
»In der Vergangenheit findet es statt. In einer Zeit, wo die Hexen noch eine sehr große Macht besaßen. Es war die Zeit der Großen Mutter. Da erinnerte man sich wieder an sie und ihre Taten. Man übernahm die Magie des Altertums, denn dort war die Große Mutter schon bekannt gewesen. Selbst in der Urzeit haben die dort lebenden Menschen sie erkannt. Dieses Wissen hat sich über die Jahrhunderte hinweg erhalten, bis in die Neuzeit hinein.«
Ich nickte. »In der Vergangenheit also«, sagte ich leise. »Ein Fest zu Ehren der Göttin Lilith. Ist es möglich, daß es Menschen aus der Gegenwart miterleben?«
»Ja.«
»Können Sie auch durch das Hexentor eingetreten sein?«
»Das stimmt.«
»Dann sind also meine beiden Freunde in der Vergangenheit verschollen? Gemeinsam mit den anderen Menschen, die auf das Hexentor zugefahren sind. Sehe ich das richtig?«
»So ist es.«
»Und das Hexentor existiert nicht mehr«, meldete sich Jane. »Wir können also nicht hineinkommen.«
»Da haben Sie recht.«
Jane zog die Augenbrauen zusammen. »John es sieht verdammt mies aus. Da wird es wohl kaum einen Weg zurückgeben.«
»Lassen wir das Thema mal.« Ich winkte ab und beschäftigte mich wieder mit Suko und Shao, die ja verschwunden waren. »Wenn unsere Freunde in der Vergangenheit sind«, sagte ich zu Dominique, »was geschieht dann mit Ihnen?«
»Man wird sie töten.«
»Einfach so?«
»Nein.« Sie starrte mich an.
Weitere Kostenlose Bücher