044 - Der Teufelseid
zwischen zwei keuchenden Atemzügen. »Aphrodite – denn die bin ich. Was ich von Phillip weiß, wird Sie beruhigen. Es geht ihm gut und es gefällt ihm ganz ausgezeichnet bei mir.«
»Wo ist Phillip? Was haben Sie mit ihm vor?«
»Er ist gut aufgehoben. Seien Sie vernünftig, Hunter, und geben Sie die Suche nach ihm auf. Sie werden ihn nicht finden. Und, im Vertrauen, er hat auch gar keine Sehnsucht nach Ihnen. Sie sind für ihn so wenig attraktiv wie der Auswurf einer Kröte. Bleiben Sie bei Ihrer Lilian, und werden Sie mit ihr alt. Vergessen Sie Phillip! Das wollte ich Ihnen nur sagen.«
»Halt! Hängen Sie nicht ein.« Dorian verschluckte sich. »Sagen Sie mir, was Sie wollen. Wir werden uns bestimmt einigen. Nennen Sie Ihre Bedingungen.«
Die Unbekannte lachte schallend.
Dorian verzog angewidert das Gesicht.
»Meine Bedingungen wollen Sie hören? Na schön. Lassen Sie die Finger von Phillip. Sie können den Preis nicht zahlen, den er mir wert ist. Ich will ihn für mich!«
»Aber …«
»Luft anhalten, Hunter! Vielleicht setze ich mich nochmals mit Ihnen in Verbindung. Vielleicht, habe ich gesagt. Bedingung ist aber, dass Sie mir nicht nachschnüffeln. Verstanden?«
Dorian öffnete den Mund, um noch etwas zu sagen. Aber da war die Leitung schon tot. Er blickte auf das Foto. Wer war diese Frau? Er versuchte, sich an das Gesicht zu erinnern. Hatte er es irgendwann schon einmal gesehen? Vielleicht in einem seiner früheren Leben? War sie eine Dämonin, der er einst hart zugesetzt hatte und die sich nun auf diese Weise an ihm rächen wollte?
Er zerbrach sich den Kopf, konnte sich jedoch nicht erinnern, dieses Gesicht schon einmal gesehen zu haben. Und doch – bildete er es sich etwa nur ein? – kam ihm diese Frau irgendwie bekannt vor. Waren es die Haare, das Gesicht oder die Haltung, die unbestimmte Assoziationen in ihm weckten?
Was hatte diese Frau Vertrautes an sich?
Warum wollte sie Aphrodite genannt werden? Sie sah wahrlich nicht so aus, als ob sie bei einem Schönheitswettbewerb den Sieg davontragen könnte. Ein grausamer Scherz also, oder steckte mehr dahinter?
Das Läuten des Telefons riss Dorian aus seinen Gedanken. Er hoffte, wieder die krächzende Stimme der Unbekannten zu hören. Aber es war Sullivan.
»Ich habe erreicht, dass man Ihr Telefon anzapft, Hunter«, berichtete er. »Leider war es mir noch nicht möglich, Sie davon zu unterrichten.«
»Wenn schon.« Dorian konnte ihm diese kleine Unterlassungssünde leicht verzeihen. »Dann wissen Sie, woher der letzte Anruf kam?«
»Ja, aber viel lässt sich nicht damit anfangen. Er kam von einer öffentlichen Telefonzelle aus einer Bar in Soho. Ich habe Cohen bereits hingeschickt. Er und die Freaks sollen sich in dieser Gegend ein wenig umhören. Sonst gibt es leider keine Neuigkeiten. Was ist mit dem Mädchen? Hat sie Sie auf eine Spur geführt?«
»Ich glaube, ich habe mich da in eine Sackgasse verrannt«, gab Dorian zu. »Falls Alkahest überhaupt etwas mit Phillips Verschwinden zu tun hat, wird Kitty uns kaum weiterhelfen können.«
Sie unterhielten sich noch eine Weile, doch neue Aspekte kamen bei dem Gespräch nicht heraus.
»Dorian!«
Das war Lilian. Dorian beendete die Unterhaltung mit Sullivan und legte auf.
»Dorian, geh' bitte nicht aus dem Haus!«
»Nein, Lil«, rief er über die Treppe hinauf. »Ich bleibe bei dir.«
»Was treibst du denn noch zu so später Stunde?«
»Ich erwarte einen Anruf«, log er. In Wirklichkeit wollte er nur noch nicht zu Bett gehen. Was sollte er bei Lilian? Sie war für ihn zu einer Fremden geworden. Sie bekam bei jeder seiner Berührungen eine Gänsehaut.
Er konnte genauso gut auf der Couch im Wohnzimmer übernachten. Zuvor wollte er aber noch überall im Haus die Dämonenbanner anbringen, um sicher zu sein, dass sie nicht von Alkahests Untoten behelligt wurden. Er dachte dabei in erster Linie an Kitty, die im Gästezimmer schlief.
Dorian hängte in die Fenster des Erdgeschosses Kännchen mit Weihwasser und legte getrocknete Kräuter und Knoblauchzehen hinein. Dann bemalte er die Wände mit Kreuzen, Drudenfüßen, Abraxen und Symbolen aus der Kabbala. Auf der Eingangstür und der Hintertür bildete er aus silbernen Reißzwecken ebenfalls Drudenfüße und schrieb darunter Bannsprüche. Nachdem er auch die Kellerfenster abgesichert hatte, suchte er das Gästezimmer im Obergeschoss auf, in dem Kitty untergebracht war.
Sie schlief. Leise, um sie nicht zu wecken, schlich er sich auf
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