044 - Der Todesschwarm
gesehen? Diese Augen erinnern mich – bitte lach mich nicht aus – an eine schreckliche Gestalt aus einem Gruselfilm, den ich vor Jahren sah. Sie bevorzugte Frauen, biss sie in die Halsschlagader und saugte mit grässlichem Schmatzen …“
„Du meinst – Dr. Hillary wäre ein Vampir?“ Ronald lachte schallend.
„Natürlich glaube ich nicht an solch unsinniges Zeug. Ron – das weißt du ja. Ich habe nicht behauptet, dass er einer ist, aber irgend etwas stimmt da nicht.“
„Vampir ist er wohl keiner“, meinte Rony, „aber ein verdammter Dickschädel. Seine Berufsehre geht ihm wahrscheinlich über alles. Ich frage mich schon, ob er auch dann noch auf seinem Irrtum beharren wird, wenn ich ihm das Gegenteil beweise.“
„Von welchem Irrtum sprichst du?“
„Von seiner Diagnose natürlich.“
„Hältst du sie für falsch?“
„Jedenfalls nicht für hundertprozentig richtig“, wich er aus. „Warum liegt denn diesem Unbekannten so sehr daran, dass Dr. Hillarys Untersuchungsergebnis so rasch wie möglich an die Öffentlichkeit gelangt? Dafür gibt es meiner Ansicht nach doch nur einen plausiblen Grund: Die Fehldiagnose des Arztes kommt ihm verdammt gelegen. Damit soll – verschleiert werden, wie Gloria wirklich starb. Und vor allem – warum!“
Patsy sah ihn groß an. „Aber das könnte ja bedeuten, dass Gloria gar nicht zufällig starb, sondern – absichtlich getötet wurde, Ron“, rief das Mädchen aufgeregt.
„Daran denke ich auch schon die ganze Zeit, seitdem dieser Artikel erschienen ist.“
„Aber damit führst du deine ganze Insektentheorie selbst ad absurdum, Schatz.“
„Nicht unbedingt. Hast du schon mal was von abgerichteten Tieren gehört?“
Patsy riss die Augen auf. Doch plötzlich lachte sie hysterisch. „Sei mir nicht böse, Ron – aber Insekten, die zum Töten abgerichtet sind – nein, das erscheint mir doch ein bisschen zu phantastisch.“
„Mag sein. Ich habe auch noch nie davon gehört. Sicher, es klingt phantastisch – aber deshalb muss es nicht unmöglich sein, Patsy.“
„Trotzdem – ich kann nicht an so etwas glauben.“
„Für mich steht jedenfalls fest, dass wir diesen Unbekannten in dem schwarzen Umhang bei etwas überraschten, das kein Mensch je sehen sollte“, fuhr Ronald unbeirrt fort. „Vielleicht war er bei unserem Auftauchen gerade im Begriff, Gloria Barneby verschwinden zu lassen und …“ Plötzlich steuerte er den Alfa an den Straßenrand, bremste scharf ab und sah seine Verlobte scharf an. „Moment mal – sagte Sergeant Priston gestern nicht, diese sechs Personen seien spurlos verschwunden?“
„Ja“, erwiderte sie mit gerunzelter Stirn, „aber was hat das eine mit dem anderen zu tun?“
„Das weiß ich nicht – noch nicht. Aber es könnte ja sein, dass zwischen diesen sechs Leuten und Glorias Tod doch irgendeine Verbindung besteht. Ich dachte gestern schon einmal daran, verwarf den Gedanken aber wieder, weil ich keine Erklärung dafür fand.“
„Weißt du heute eine?“
„Nein, aber jetzt halte ich das Ganze schon für wahrscheinlicher.“
„Ach, Liebling, ich glaube, jetzt geht die Phantasie mit dir durch. Du suchst mit aller Gewalt Zusammenhänge, wo überhaupt keine sind!“
„Du wolltest sagen – die ich noch nicht beweisen kann“, wandte er ein. „Nun, nachdem wir sowieso gleich nach Wexford fahren, werde ich mich mal in der näheren Umgebung dieses Reeders erkundigen. Vielleicht erfahre ich etwas Interessantes über sein plötzliches Verschwinden.“ Er gab Gas und lenkte den Alfa wieder auf die Straße. „Ich werde mir jedenfalls alle erdenkliche Mühe geben, um Licht in das Geheimnis von Glorias Tod zu bringen.“
„Und wenn es gar kein Geheimnis gibt?“
„Das glaube ich nicht – dazu bimmelt das Glöckchen in meinem Hinterkopf zu laut. Ich vermute eher, durch unsere gestrige Entdeckung sind wir ganz unabsichtlich irgendeinem verdammten Verbrecher in die Quere gekommen.“
„Oder einem ganzen Ring?“ vermutete Patsy.
„Vielleicht. Ich würde mich mit Dr. Hillary verdammt gern über meine Vermutungen unterhalten – wenn der Kerl bloß nicht so eigensinnig wäre! Aber darüber ist mit ihm nicht zu reden, weil er sich sofort in seiner Berufsehre angegriffen fühlt. Manchmal allerdings frage ich mich ernsthaft: Ist er so naiv oder – tut er vielleicht nur so?“
„Willst du damit sagen, dass er selbst …“
„… seine Finger im Spiel hat?“ ergänzte Ronald ihre Frage und zuckte mit den
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