044 - Der Todesschwarm
nicht?“
„Aber er muss doch hier gewesen sein – der Bericht von Dr. Hillary ist ja nicht mehr da.“
„Ich weiß selbst nicht mehr, was ich von all dem halten soll“, brummte Ronald ärgerlich und blickte auf seine Armbanduhr. „Eigentlich wollte ich sofort nach Wexford fahren, aber jetzt wollen wir erst einmal noch eine Weile warten. Vielleicht taucht Sergeant Priston auf. Inzwischen werden wir zum Essen gehen – ich habe einen Mordshunger.“
„Gute Idee, Ron. Am besten, wir essen bei uns im Gasthaus – da kann ich gleich eine Jacke mitnehmen. Es ist in der vergangenen halben Stunde ziemlich kühl geworden.“ Sie blickte zu den schiefergrauen Wolken hinauf, die am. Himmel dahinzogen. „Sieht nach Regen aus.“
„Sag’s nicht so laut, Schatz – sonst regnet es wirklich noch.“
Nach dem Mittagessen lief Patsy in ihr Zimmer hinauf, um die Jacke zu holen.
Minuten später stand sie mit leichenblassem Gesicht in der Tür zur Gaststube.
Ronald sah sofort, dass etwas passiert sein musste. Er drückte die Zigarettenkippe im Aschenbecher aus, sprang vom Tisch auf und eilte zu ihr.
„Was ist, Patsy – ist dir ein Gespenst begegnet? Du bist ja kalkweiß.“
„Unser Zimmer, Ron“, stammelte sie, „es – es ist völlig durchwühlt. Komm, sieh es dir an. Schrecklich – einfach schrecklich!“
Er schob sich an ihr vorbei und hastete die Treppe hinauf.
Die Tür stand weit offen. Er stürzte ins Zimmer.
Dort herrschte ein heilloses Durcheinander. Sämtliche Koffer waren durchwühlt, alle Kleidungsstücke aus dem Schrank herausgerissen worden, die Wäsche lag auf dem Boden verstreut.
„Furchtbar, nicht wahr?“ vernahm er die Stimme seiner Verlobten von der Tür her. „Und erst das Bad – mein ganzes Fotomaterial hat er durcheinandergebracht.“
Ronald sah sich im Bad um. Sämtliche Utensilien, die Patsy zum Entwickeln ihrer Filme benötigte, lagen auf den Fliesen, die offene Fototasche und aufgerissene Filme hingen über dem Wannenrand.
Hinter der Tür entdeckte Ronald den Fotoapparat. Er hob ihn auf und brachte ihn Patsy. „Schau bitte, mal nach, ob er in Ordnung ist.“
„Was mag er nur gesucht haben?“ fragte sie, während sie ihm den Apparat aus der Hand nahm und ihn eingehend untersuchte.
„Er wollte wahrscheinlich ganz genau wissen, ob wir auch wirklich keine Abzüge von den Bildern angefertigt haben.“ Er strich nachdenklich durch seine schwarzen gewellten Haare. „Seltsam – außer dem Doktor, Sergeant Priston, dir und mir wusste doch niemand, dass du den Film entwickelst.“
„Du vergisst Butler Marty und den anderen Mann im Leichenwagen, Ron.“
„Ich glaube nicht, dass sie etwas darüber hören konnten – sie standen zu weit weg. Aber gut – rechnen wir sie dazu. Das würde aber bedeuten, dass einer von uns …“
„Uns beide kannst du ruhig ausschließen, Ron. Ich glaube kaum, dass einer von uns das Zimmer durchwühlte. Außerdem waren wir ja die ganze Zeit beisammen.“
„Natürlich – aber dann kämen nur diese vier Männer in Frage. Vielleicht hat einer von ihnen doch geredet oder aber …“
„… dieser seltsame Unbekannte hat uns die ganze Zeit über beobachtet, ohne dass wir es bemerkten“, führte Patsy seinen Gedankengang zu Ende.
„Eben. Das führt uns also auch nicht weiter. Nein, ich muss nach Wexford. Ich fühle, dass ich dort den roten Faden finden werde, der mich irgendwann zu der Lösung hinführt. Was ist mit dem Apparat – ist er in Ordnung?“
„Leider nicht – eine Feder ist gebrochen.“
„Kann man damit trotzdem fotografieren?“
Sie schüttelte den Kopf. „Ich schätze, in ganz Irland werden wir keine Ersatzfeder auftreiben. Es handelt sich um ein amerikanisches Modell, das man hierzulande bestimmt nicht führt.“
„Verdammter Mist“, schimpfte er. „Kannst du ihn nicht wenigstens notdürftig herrichten?“ Er blickte sie erwartungsvoll an.
„Doch, aber dazu würde ich den ganzen Nachmittag brauchen.“
„Gut, Patsy – richte ihn. Ich fahre allein nach Wexford.“
„Ist das dein Ernst?“
Er nickte. „Tu mir den Gefallen, Patsy. Du weißt doch – vielleicht brauche ich ihn heute noch dringend. Es wäre doch zu dumm, wenn all unsere Hoffnungen, diesem üblen Verbrechen auf die Spur zu kommen, an einem kaputten Fotoapparat scheiterten. Meinst du nicht auch?“
„Ja“, sagte sie nach einigem Zögern, „das sehe ich ein. Also gut – fahr allein. Aber versprich mir, dass du vorsichtig
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