044 - Der Todesschwarm
bist.“
„Versprochen.“ Er küsste ihre kalten Lippen und wandte sich zur Tür. „Ich hätte auch nichts dagegen, wenn du noch ein bisschen aufräumst, bis ich zurück bin. Sieht ja richtig ungemütlich aus.“ Er grinste breit.
„Mach, dass du raus kommst“, schimpfte sie in gespieltem Zorn.
„Bin schon unterwegs, Liebling.“
Vor dem Gasthaus traf Ronald mit dem Wirt zusammen.
„He, Mr. Striker!“
Der bullige Mann mit der spiegelblanken Glatze sah auf. Beim Anblick des amerikanischen Reporters lachte er freundlich.
„Was kann ich für Sie tun, Sir?“
„Wissen Sie, ob während unserer Abwesenheit irgend jemand unser Zimmer betreten hat?“
Der Wirt schüttelte den Kopf. „Nicht, dass ich wüsste, Sir. Wieso – stimmt etwas nicht?“
„Doch, doch – schon gut. Danke, Mr. Striker.“
Auf dem Weg zu seinem Alfa rief ihn der Wirt noch einmal zurück: „Haben Sie es heute schon gelesen, Sir? Gloria Barneby ist tot. Ganz Bunslare ist erschüttert. Ich kann es noch gar nicht fassen. So ein schönes junges Mädchen – und auf einmal ist sie tot. Ist das nicht schrecklich?“
Ronald nickte. „Ja, furchtbar.“
„Gestern Mittag sah ich sie noch dort drüben stehen“, sagte er und zeigte auf einen Lebensmittel-Shop auf der anderen Straßenseite. „Sie unterhielt sich mit Mr. Silverstone. Dabei lachte sie übers ganze Gesicht – und jetzt lebt sie nicht mehr“, schloss er traurig.
„Wer ist dieser Mr. Silverstone?“ fragte Ronald neugierig.
„Ein komischer Kauz – er ist Butler bei Dr. Hillary.“
Ronald pfiff überrascht durch die Zähne. „Interessant – sehr interessant.“
„Wie meinen Sie das, Mr. Marvin?“
„ Ach, nichts, Mr. Striker – gar nichts.“
Ronald stieg in seinen Wagen und brauste los, ohne sich weiter um den verdutzten Gastwirt zu kümmern.
Vor der Polizeistation unterbrach er seine Fahrt noch einmal, um nach Sergeant Priston zu sehen. Aber schon wenige Augenblicke danach kehrte er unverrichteter Dinge zurück.
Die Redaktionsräume der Zeitung lagen in einem um die Jahrhundertwende erbauten Gebäude in der Crampton-Street.
Ronald Marvin musste sich von Stockwerk zu Stockwerk durchfragen, ehe er in der sechsten Etage das Zimmer des für die Lokalmeldungen zuständigen Redakteurs gefunden hatte.
Als er die Glastür öffnete, steckte an einem der Fenstertische ein junger Mann seinen birnenförmigen Kopf hinter einem Ungetüm von Schreibmaschine hervor.
„Hallo, Mr. Marvin“, rief er und winkte ihm lachend zu.
Ronald trat auf ihn zu und blickte ihn mit einer Mischung aus Erstaunen und Neugierde an. „Sie kennen mich, Mister – Mister …?“
„Ich sehe, Sie haben meinen Namen schon vergessen. Werrington, Sir“, stellte der junge Mann sich vor. „Ich habe mir Ihren dafür um so besser eingeprägt. Es kommt ja nicht alle Tage vor, dass ein Starreporter aus Amerika für unser Provinzblatt schreibt.“
Ronald verstand ihn nicht. „Drücken Sie sich bitte deutlicher aus, Mr. Werrington.“
Der andere lachte spöttisch. „Sie sind mir aber einer, Sir!“
Trottel, dachte Ronald, verwechselt mich wahrscheinlich mit jemandem. Aber trotzdem – woher kennt der Bursche meinen Namen? Ach was, ist ja egal – hat wahrscheinlich gehört, dass ich in Irland bin und will sich mit seinem Wissen wichtig machen.
Er legte ihm die Morgenausgabe der Zeitung auf den Redaktionstisch und deutete auf den Artikel über Gloria.
„Von wem stammt diese Meldung?“
Der Redakteur kicherte. „Jetzt weiß ich wenigstens genau, dass Sie mich vorhin auf den Arm nehmen wollten, Sir.“
„Unsinn, Mister – ich habe Sie noch nie zuvor gesehen. Also, von wem stammt sie?“ drängte er.
„Na, hören Sie – von Ihnen selbst, Mr. Marvin!“
Ronald starrte ihn mit offenem Mund an. „Sind Sie verrückt?“
„Erinnern Sie sich nicht mehr? Ich wollte gerade nach Hause gehen, da stürmten Sie herein und riefen: Ich bin Ronald Marvin, Starreporter der New York Times. Rasch, nehmen Sie einen Artikel auf – er muss morgen früh erscheinen! – Danach erzählten Sie mir hastig die traurige Geschichte vom Tod der schönen Miss Barneby.“
„Das darf doch nicht wahr sein“, murmelte Ronald fassungslos, „wie sah der Mann aus?“
„Sie scherzen, Mr. Marvin.“
„Los, reden Sie schon, Mann – mir ist jetzt nicht zum Spaßen zumute!“ fuhr Ronald ärgerlich auf.
„Wie sollte er aussehen – so wie Sie natürlich“, sagte der Redakteur verwirrt. Er hielt das
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