044 - Die Blutsauger von Tahiti
den
Blutverlust enorm geschwächt.
»Danke,
vielen Dank«, hauchte sie. Ihr Gesicht war mit Resten von Schleim und kaltem
Schweiß bedeckt. Das irre Licht in ihren Augen war noch nicht erloschen. Das
Mädchen mußte auf dem schnellsten Weg in ärztliche Behandlung.
Ein Lachen
verließ wie ein böser Atem ihre Kehle.
Das Wimmern
und Stöhnen, das bis zu diesem Augenblick aus ihrem Mund gekommen war,
verwandelte sich in einen irren Singsang. Sie sah Larry Brent schelmisch dabei
an, ihre Augen blitzten, und X-RAY-3 fror.
»Lassen Sie
es gut sein! Ich komme schon allein zurecht«, sagte sie leise. Ihre
geschmeidigen Finger fuhren zärtlich über ihren Oberkörper, und wo sie eines
der glitschigen Lebewesen ertasteten, griff sie blitzschnell zu und riß es von
ihrer Haut. Dann führte sie die so erbeutete Qualle dicht vor ihre Augen, als
müsse sie dieses eigenartige Lebewesen erst genau untersuchen. Plötzlich zerriß
sie das spinnwebfeine Gespinst in winzige Stücke.
Ein gellender
Aufschrei, und Larry wirbelte herum. Was er sah, ließ das Blut in seinen Adern
gefrieren. Bei dem Versuch, einen jungen Mann aus dem Schlammwall zu bergen,
war ein Helfer Taikanos abgerutscht und kopfüber in
die lebende Mauer aus Quallen gefallen.
Nur seine
zappelnden Beine guckten noch heraus.
Der
Amerikaner zögerte keine Sekunde.
Er packte den
Beamten an beiden Beinen. Seine Anstrengung war vergebens. Die Kraft der
Quallen, die auf dem Oberkörper lagen, drückte dagegen.
Ein Schatten
tauchte neben Larry auf. Er erhielt unerwarteten Beistand. Mike Holloway.
Bleich, mit tiefen eingefallenen Augen. Der dichte aschblonde Bart schien seinem
zum Skelett abgemagerten Gesicht noch die letzte Fülle zu geben.
Wortlos griff
er ein. Hier bedurfte es keiner langen Erklärung mehr. Die unheimliche
Situation sprach für sich.
Mit
gemeinsamer Anstrengung schafften sie es. Der Polizeibeamte wurde frei. Das
Zappeln seiner Beine hatte aufgehört.
Der reglose
Körper schleifte über den Boden. Über dem Oberkörper eine Riesenqualle, die
Kopf, Schultern und Brust umschlungen hielt. Mit den Händen allein konnten sie
zwar das spinnwebfeine, schleimige Gespinst zerreißen, aber wie angeklatscht
lag der feuchte, zerrissene Quallenkörper über dem
Gesicht. Der Mann atmete nicht mehr. Mehrere kleinere Quallen waren ihm beim
Sturz in den Schlammberg in Mund und Nase gedrungen. Der Unglückliche war
erstickt.
Die Männer hatten
alle Hände voll zu tun. Jede Hilfskraft wurde benötigt. Und noch immer waren zu
wenig da.
Larry Brent
betätigte das Funksprechgerät und nahm Kontakt mit Iwan Kunaritschew auf.
»Wie ich dich
kenne, hockst du jetzt vergnügt in der Jacht und paffst die Bude voll. Hier am
Strand werden alle Hände gebraucht .«
»Ich weiß,
Towarischtsch«, antwortete er. »Ich habe den Hubschrauber gesehen. Deinen
werten Kopf konnte ich selbst durchs Fernglas noch wahrnehmen. Du sahst
ziemlich käsig aus, als dein Blick auf den Strand fiel .«
»Du weißt... ?«
»Ich bin
selbst hier. Am äußersten Ende des Südzipfels. Es ist fürchterlich. Drei junge
Frauen konnte ich bergen .«
»Ich fürchte,
die Zahl der Opfer ist höher, als Taikano in diesen
Minuten annimmt. Wo ist Morna ?«
»Ich habe ihr
strengstens verboten, das Schiff zu verlassen. Hoffentlich kommt sie nicht auf
dumme Gedanken .«
»Morna ist
treu. Mir jedenfalls«, entgegnete Larry frotzelnd.
»Ich habe
meinen Tabak unverschlossen zurückgelassen. Und gelegentlich raucht unsere
verehrte Kollegin auch ein Stäbchen .«
»Aber deine
Privatsachen rührt sie nicht an, selbst wenn Hunderte von Zigaretten im ganzen
Schiff herumliegen und wenn ihre eigene Packung vollkommen leer ist, Brüderchen .«
Iwan
Kunaritschew atmete auf. »Dann bin ich beruhigt .«
●
Morna
Ulbrandson saß auf der Bank neben dem Kajütenaufbau .
Sie trug einen Saint- Tropez -Anzug aus feinstem Stoff.
Die langen, spinnwebgleichen, fast durchscheinenden Hosen lagen eng an. Der
warme, braune Schimmer ihrer Haut war hinter dem Stoff deutlich zu sehen.
Die Schwedin
erhob sich, griff nach ihrer Handtasche, zündete sich eine Zigarette an und
machte einen Spaziergang über das einsame, ruhig in der Lagune liegende Schiff.
Auf einer
Nachbarjacht saß eine fröhliche Gesellschaft zusammen. Fast ausschließlich
junge Männer. Sie hatten bunte Girlanden über Deck gespannt. Lampions brannten.
Hier am anderen Ende des Strandes wußte man noch nichts von dem ungeheuerlichen
Ereignis, das die
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