044 - Die Millionengeschichte
Zusammenhang noch nicht?«
Er erhob sich halb von seinem Stuhl. »Erinnern Sie sich nicht an das Aktenstück von Margaret Maliko? Sie haben doch ihre Karte im Archiv gesehen - das ist ihre Nummer im Strafgefängnis! Dahinter stand noch das Wort ›Gift‹.«
Er sah Blessington erwartungsvoll an.
»Was hat das Wort ›Gift‹ zu bedeuten?« fragte er dann.
»Das ist die kurze Bezeichnung des Verbrechens, das Margaret Maliko begangen hat. Sie wurde zu zwanzig Jahren Zuchthaus verurteilt, weil sie ihren Mann mit Gift ums Leben gebracht hat.«
Jimmy holte tief Atem und sank in seinen Stuhl zurück.
»Dann war es also Margaret Maliko, die meinen Onkel besuchte?« fragte Faith entsetzt und starrte den Polizeiinspektor mit weitgeöffneten Augen an. »Und sie hat sich schon einmal einen Giftmord zuschulden kommen lassen! Dann muß sie doch die Täterin sein -«
Im Augenblick sprach alles dafür - aber die Annahme Miss Lémans stimmte nicht mit dem überein, was der Inspektor vermutete. Auch Jimmy war anderer Meinung.
»Blessington, ich kann es nicht recht glauben, daß diese Frau das Verbrechen begangen haben soll. Es ist wohl ein merkwürdiges Zusammentreffen, daß sie eine der letzten Personen war, die ihn lebend sahen, aber nach allem, was wir wissen, ist sie doch in bestem Einvernehmen von dem alten Mann geschieden. Verstehen Sie denn noch nicht? Léman wollte sie fortschicken. Er half ihr, nach Australien zu gehen. Sie muß ihm etwas Wichtiges mitgeteilt haben, und dafür verlangte sie eine große Geldsumme. Wenn ich die Zahlen auf dem Papier richtig beurteile, hat sie mit ihm um die Höhe des Betrages gehandelt. Léman hat ihr hundert Pfund geboten und die Summe allmählich auf dreihundert Pfund erhöht. Und auch die Adresse war darauf vermerkt: ›Hauptpostlagernd, Melbourne.‹ Sie muß ihm Einzelheiten aus ihrem Leben erzählt haben - er hat ihre Nummer als Strafgefangene notiert. Die Zahl 20 bedeutet die zwanzigjährige Zuchthausstrafe - jetzt löst sich alles mit einmal spielend auf. Warum sollte sie ihn denn umbringen, wenn er ihr helfen wollte?«
Blessington biß sich auf die Lippen.
»In allem, was Sie gesagt haben, liegt ein gut Teil Wahrheit, aber das ist noch nicht die ganze Geschichte. Es bleiben noch mehrere Lücken, die gefüllt werden müssen. Sie wäre nicht zu Léman gegangen, um ihr Geheimnis zu verkaufen, wenn sie nicht allen Grund gehabt hätte, sofort das Land zu verlassen. Vermutlich wollte sie das Geld dringend haben, und es ist sehr unwahrscheinlich, daß sie es sofort bekommen hat, denn Léman hatte niemals größere Summen im Haus. Habe ich recht, Miss Léman?«
Das junge Mädchen nickte.
»Onkel hat es immer vermieden, auch nur kleinere Beträge in der Wohnung aufzubewahren. Wenn er Geld brauchte, ging er zur Depositenkasse in der Oxford Street.«
»Die Unterredung zwischen den beiden fand zu einer so späten Stunde statt, daß die Banken schon geschlossen waren«, fuhr Blessington fort. »Sie konnte das Geld frühestens am nächsten Tag ausgezahlt erhalten. Warum sollte sie ihn also vergiften? Das wäre doch gar nicht in ihrem Interesse gewesen. Und warum sollte sie mit dem Vorsatz in seine Wohnung gekommen sein, ihn zu ermorden? Nein, die Erklärung des Mordes stimmt nicht.«
»Ach, das ganze Verbrechen ist entsetzlich und grauenhaft. Ich mag nichts mehr davon hören«, meinte Faith und schauderte zusammen.
»Aber es ist doch furchtbar interessant«, sagten Jimmy und Blessington zu gleicher Zeit.
13
Für den Rest des Tages stellte Jimmy auf eigene Faust Nachforschungen über den weißen Schrank aus dem Keller von Mr. Sands an. Der Polizei war es nicht gelungen, die Sache aufzuklären; sie hatte die Spur verloren, und man konnte nicht feststellen, auf welche Weise das Möbelstück aus London fortgeschafft worden war. Keiner der Beamten hatte auch nur eine Spur finden können. Selbst eine Umfrage bei den verschiedenen Spediteuren, die Lastautos verwendeten, hatte keinen Erfolg gehabt. Die Anzahl der in Betracht kommenden Firmen war so groß, daß die Polizei unmöglich alle Leute fragen konnte.
Die Verhandlung der Totenschau wurde vertagt. Blessington machte sich die günstige Gelegenheit zunutze und stellte während der Verhandlung ein paar Fragen an Mr. Sands.
»Sie wollen wissen, wo mein Landhaus liegt? Nun, das hat einen sehr hochtönenden Namen, ist aber nur eine bescheidene Villa in einem nicht allzu großen Garten. Es liegt an der Straße nach Brighton, und man kann
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