044 - Die Millionengeschichte
Eitelkeit, weiter nichts. Ich weiß nicht, warum die jungen Leute von heute so blöd sind! Wenn Sie reich wären und Miss Faith Léman arm, und wenn Sie als Märchenprinz daherkämen, um sie als Aschenbrödel aus dem Staub zu sich zu heben, dann würde Ihnen das so passen. Ich habe noch niemals verstanden, warum das Vermögen bei der Ehe immer nur auf einer Seite vorhanden sein soll. So arm ich bin, hoffe ich doch immer, daß ich noch einmal die Aufmerksamkeit eines wunderschönen jungen Mädchens mit dunklen, märchenhaften, melancholischen Augen auf mich ziehen werde, die mindestens ein Vermögen von drei Millionen besitzt.«
»Nein, Sie verstehen nicht, wie ich es meine«, entgegnete Jimmy nachdenklich.
»Ich verstehe Sie nur zu gut. Glauben Sie, daß Sie niemand versteht, weil Sie auch an der Kinderkrankheit leiden, die alle einmal durchgemacht haben? Gehen Sie doch frischweg zu ihr hin und sagen Sie ihr, Sie lieben sie, und Sie können nicht anders, und Sie müssen sie heiraten.«
»Um Himmels willen, seien Sie jetzt ruhig«, sagte Jimmy aufgeregt. »Da kommt sie.«
Faith Léman ging durch die Hotelhalle, und Jimmy war wieder ganz bezaubert von ihr. Die Unannehmlichkeiten und Aufregungen der letzten vierundzwanzig Stunden hatten sie aber doch mitgenommen. Sie sah müde aus, und dunkle Schatten lagen unter ihren Augen. Selbst der alte, zugeknöpfte, zynische Blessington mußte zugeben, daß sie eine schöne Erscheinung war.
Plötzlich blieb sie regungslos stehen, als sie den Polizeibeamten sah, und errötete.
»Ich möchte Ihnen einen sehr guten Freund vorstellen, Faith. Mr. Blessington hat Sie zwar zuerst verhaftet, aber dann hat er den größten Teil der Nacht damit zugebracht, entlastendes Material für Sie herbeizuschaffen.«
»Dafür bin ich Ihnen sehr dankbar, Mr. Blessington«, erwiderte sie und reichte ihm die Hand. »Aber es war ein entsetzliches Erlebnis für mich, und die Erinnerung daran...«
»Ich weiß es«, erwiderte der Polizeiinspektor. »Sie müssen einen bösen Schock erhalten haben, aber glauben Sie ja nicht, daß es mir Freude macht, hübsche junge Damen festzunehmen und in den Kerker zu werfen. Nein, ganz im Gegenteil.«
Sie gingen zusammen in den Speisesaal des Hotels und nahmen an einem reservierten Tisch Platz.
»Ich möchte Sie noch etwas fragen«, sagte der Inspektor.
Sie sah ihn argwöhnisch an.
»Ich hoffe, Sie sind nicht in amtlicher Eigenschaft hierhergekommen, um mich einem intensiven Verhör zu unterziehen?«
»Daran läßt sich leider nichts ändern. Sowohl Jimmy wie ich haben nun einmal einen Beruf, der uns zwingt, an alle möglichen Leute alle möglichen Fragen zu richten. Das ist der einzige Weg, Dinge ausfindig zu machen. Aber beruhigen Sie sich nur, ich werde nicht viele Fragen an Sie stellen. Nur drei brauchen Sie mir zu beantworten. Erstens: Hat Ihr Onkel Briefmarken im Hause gehabt?«
»Nein, das war auch so eine Eigenheit von ihm. Das Geld für Briefmarken tat ihm immer zu leid. Auf keinen Fall wollte er sich Marken auf Vorrat hinlegen. Wenn er einen Brief absenden wollte, mußte einer aus dem Haushalt zur Post gehen und bekam dann so viel Kleingeld mit, wie das Porto ausmachte.«
»Das stimmt ja mit seinem sonstigen Charakter vorzüglich überein. Nun kommt die zweite Frage: Sie haben doch Schreibmaterial für Ihren Onkel auf den Tisch gelegt. Haben Sie auch Briefumschläge dazugetan? Ich sah sie nämlich in seinem Zimmer.«
»Ja«, sagte sie und nickte.
»Haben Sie auch Tinte und Feder bereitgestellt?«
»Nein«, erwiderte sie, nachdem sie kurze Zeit nachgedacht hatte. »Nur einen Bleistift. Onkel hat selten mit Tinte geschrieben.«
»Gut. Und doch stand eine kleine Flasche Tinte bei dem Papier, als ich ins Zimmer ging. Und jetzt ergibt sich für uns eine weitere Frage. In dem Zimmer wurde ein Zettel gefunden, auf dem Ihr Onkel mit Bleistift etwas notiert hatte. Darauf stand auch der Name der ›Suevic‹, das ist ein Dampfer der White-Star-Linie. Weiterhin war der Hafen von Plymouth erwähnt, wo die Dampfer dieser Gesellschaft anlegen. Die ›Suevic‹ ist auf der australischen Route eingesetzt. Kennen Sie vielleicht jemand, der etwas mit Australien zu tun hat oder der Ihren Onkel gebeten hat, ihm hundert oder dreihundert Pfund zu leihen, um damit nach Australien reisen zu können? Dann stand auch noch eine Nummer auf dem Papier: 1 - 17941 -«
»Jetzt habe ich es!« rief Jimmy, der bis jetzt geschwiegen hatte, aufgeregt. »Sehen Sie den
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