044 - Nach eigenen Regeln
die haben nichts damit zu tun.«
Er stand auf und trat ans Fenster seines Bereitschaftsraums. Auf dem großen Platz standen immer noch Lebensformen in Gruppen zusammen und diskutierten. Er entdeckte keinen einzigen Kling unter ihnen.
»Wer wäre zu so etwas fähig?«, fragte er.
»Eine Waffe auf einen anderen zu richten mit der klaren Absicht, einen Mord zu begehen… Kein Fed würde so etwas tun, kein Vulk… und die Klings? Wissen Sie noch damals, als sie von einem Tag auf den nächsten anders aussahen und plötzlich diese Stirnwülste trugen? Wie haben sie das noch begründet?«
»Das haben sie nicht, Captain. Sie sagten nur, sie würden mit Fremden nicht darüber sprechen.«
»Ja, richtig, aber wieso sollten sie ihren eigenen Imperator umbringen?« Willner wandte sich vom Fenster ab und zog am Hemd seiner Galauniform. Sie war voller Blutspritzer, aber er hatte noch keine Gelegenheit gefunden, sich umzuziehen. Es gab wichtigere Dinge.
»Was wollte Morn sagen?«, fragte er nachdenklich.
»Was war so wichtig, dass er meine Rede dafür unterbrochen hat?«
»Es gibt nicht genügend Anhaltspunkte für eine Analyse, Captain.«
Willner drehte sich um. »Dann schaffen Sie verdammt noch mal Anhaltspunkte, Mr. Lemoy!«
Der Vulk schien über den Ausbruch ebenso überrascht wie er selbst zu sein, denn er hob die Augenbrauen und verschränkte defensiv die Hände hinter dem Rücken.
»Wenn Sie es wünschen«, sagte er steif, »werde ich die Delegation der Klings aufsuchen und sie befragen.«
»Machen Sie es so.«
Lemoy neigte den Kopf und verließ ohne ein weiteres Wort den Raum.
Willner nahm ein paar Akten hervor, aber die Schrift verschwamm vor seinen Augen.
Wer könnte so etwas tun, dachte er immer wieder. Wer?
Rinold stand in der geräumigen Hütte und bürstete gedankenverloren eine Robe des Masters aus. Er versuchte den Anblick des toten Imperators aus seinen Gedanken zu verbannen, aber das gelang ihm trotz aller Bemühungen nicht.
Hinter sich hörte er das leise Rascheln von Papier. Er musste sich nicht umdrehen, um zu wissen, dass der Master an seinem Schreibtisch saß und das Regelwerk studierte. Das tat er immer, wenn er vor einer schwierigen Entscheidung gtand oder geistig aufgewühlt war.
»Rinold«, sagte der Master plötzlich in die Stille. »Wenn du damit fertig bist, bringe bitte eine Kopie der Regeln zu den Fremden. Sie werden mindestens bis Mondzeit 6710,17 bei uns bleiben und ich möchte, dass sie uns verstehen lernen.«
»Ja, Master.«
Rinold legte die Bürste beiseite und biss sich auf die Lippe. Seit er Morns gebrüllten Vorwurf im Ratsgebäude gehört hatte, ging ihm eine Frage nicht mehr aus dem Kopf. Glück hat nichts damit zu tun, hatte der Imperator behauptet, und Rinold befürchtete, dass sich seine Bemerkung auf die Werte der Fremden bezog.
Er war schließlich selbst dabei gewesen, als der Master den Neuankömmlingen ihre Werte gegeben hatte, und er hatte sich schon dort gewundert, warum er sie nicht selbst würfeln ließ. Hatte er vielleicht dafür gesorgt, dass sie keine Gefahr bei der Con darstellen konnten?
»Rinold, schlaf nicht bei der Arbeit ein, sonst muss ich dir einen Weisheitspunkt abziehen.«
»Ja, Master.«
Hastig hing er die Robe zurück in den Schrank und nahm die nächste heraus. Als Assistent des Masters genoss er zwar ein besonderes Ansehen im Quadranten, aber er war immer noch ein einfacher Spieler mit ganz normalen Werten. Wenn der Master wollte, konnte er mehr tun als ihm nur einen Weisheitspunkt abziehen.
Das würde er nie tun, dachte Rinold. Er war sicher, dass der Master sich nicht regelwidrig verhalten würde.
Oder doch?, flüsterte eine boshafte Stimme in seinem Inneren. Vielleicht behauptet er einfach, ein Stein sei auf deinen Kopf gefallen und schickt dich zu den Toten.
»Das geht so nicht weiter«, murmelte Rinold. Wenn er etwas vom Master lernen wollte, musste er ihm vollkommen vertrauen.
»Master?«, fragte er laut, ohne sich umzudrehen. »Darf ich Sie etwas fragen?«
Das Rascheln verstummte. »Willst du wissen, was das Regelwerk zu einem Mord zu sagen hat?«
»Nein, Master… ich meine, ja, Master, aber nicht jetzt. Es… hm, geht um etwas anderes.« Rinold verzog das Gesicht über sein eigenes Gestammel.
»Das überrascht mich«, hörte er die Antwort.
»Sag mir, was du möchtest.«
Rinold holte tief Luft. »Master, als wir in der Hütte der Fremden waren, um ihre Werte zu bestimmen… haben Sie ihnen die Wahrheit gesagt?«
Es wurde
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