044 - Nach eigenen Regeln
zusammengeknüllte Papierfetzen wie Kanonenkugeln auf dem Tisch. Fast die gleiche Menge lag rund um das Bett verteilt auf dem Boden.
Nach Matts Zählung stand es 37:2 für den Ring, ein lausiges Ergebnis, selbst wenn man eine Geschicklichkeit von acht hatte.
Das liegt nur an dem schlechten Winkel, dachte Matt, um seine mangelnde Leistung vor sich selbst zu entschuldigen und pustete kurz in den Kugelschreiber.
37:3, korrigierte er zufrieden, als die Papierkugel anmutig durch den Ring flog. Sucker…
»Sie bekommen heute wohl nicht viel Besuch, richtig?«
Matt zuckte zusammen, als er die Stimme hörte, und drehte den Kopf.
Rinold stand in der Tür, ein dickes Buch unter den Arm geklemmt.
»Entschuldigen Sie«, sagte der Assistent des Masters. »Ich habe geklopft, aber Sie waren wohl in Gedanken.« ' Matt winkte ab, froh über die Abwechslung. »Taktische Überlegungen. Setzen Sie sich.«
Rinold schloss die Tür und blieb unsicher stehen. »Der Master denkt, Sie und Ihre Begleiterin sollten sich mit den Regeln beschäftigen, damit Sie uns besser verstehen.« Er legte das Buch auf den Tisch neben Matts Bett. »Es sind sehr interessante Regeln. Sie werden sich bestimmt nicht langweilen.«
»Richten Sie dem Master meinen Dank aus. Glauben Sie mir, im Moment würde ich alles lesen.« Matt legte den Kugelschreiber zur Seite und sah Rinold an. »Ich würde Ihnen gern ein paar Fragen stellen.«
»Mit Ihren Werten -«
»Ich weiß«, unterbrach Matt ihn ungeduldig.
»Vergessen Sie die Werte mal für einen Moment. Sie sind der Assistent des Masters, also müssen Sie wissen, dass es eine Welt außerhalb des Spiels gibt.«
Erst jetzt bemerkte er, wie fahrig und unkonzentriert Rinold wirkte. Der Mord schien ihn sehr mitgenommen zu haben.
»Das wissen Sie doch, oder?«, hakte Matt nach.
»Ja.«
»Okay.« Er deckte die Werteleiste mit der Hand ab, sodass die Pins nicht mehr zu sehen waren. »Dann tun wir einfach so, als ob dieses Gespräch außerhalb des Spiels stattfindet. Wir können uns unterhalten wie ganz normale Menschen, ohne Werte und ohne Würfel. Einverstanden?«
Rinold blinzelte nervös. Seine Hand glitt zum Türknauf. »Nein, das geht nicht. Sie… sind kein NSC.«
»NSC?«
»Lesen Sie die Regeln.«
Rinold schlug die Tür hinter sich zu, bevor Matt noch etwas sagen konnte. Er schüttelte den Kopf und griff nach dem Buch.
Eine Stunde später hatte er seine Antwort.
***
Das Erste, was Aruula bemerkte, als sie die Zeltstadt der Klings betrat, war der ungeheure Lärm. Das Zweite war der Gestank nach Wein und Erbrochenem und das Dritte die damit verbundene Erkenntnis, dass jeder, den sie vor sich sah, betrunken war.
Dunkel gekleidete Maskenträger lagen sich lallend in den Armen, andere taumelten unsicher zwischen den Zelten umher, stolperten über Befestigungen und grölten Lieder in einer unverständlichen, gutturalen Sprache. Kniehohe Insekten, die an Andronen erinnerten, zogen laut zirpend an ihren Leinen.
Gebrüllte Unterhaltungen drangen an ihr Ohr.
»Eine siebzehn, verstehst du? Aber dann kam ich mit einer zwölf, er mit einer eins, kritischer Treffer und peng, war die Sache erledigt. Ab zu den Toten.«
Lautes Gelächter war die Antwort.
Es macht wohl wenig Sinn, hier jemanden zu fragen, dachte Aruula. Selbst wenn sie wollten, könnten sie mir keine vernünftige Antwort geben.
»Hey!«, schrie eine Stimme plötzlich. »Was willsen du hie?«
Aruula drehte sich um und prallte gegen einen nach Schweiß stinkenden großen Körper. Saurer Atem schlug ihr entgegen.
»Du wags es, die Todenfeia su störn«, lallte der Kling mit einem schielenden Blick auf Aruulas Werteleiste. »Daffü gibs was auffe Nase.«
Drohend hob er seinen Würfel über den Kopf. Aruula musste ihre ganze Selbstbeherrschung aufbringen, um seine fehlende Deckung nicht für einen Schlag auszunutzen. Stattdessen trat sie einen Schritt zurück. Aus den Augenwinkeln sah sie, dass auch andere Klings auf sie aufmerksam geworden waren und sich langsam näherten.
»Es tut mir Leid, wenn ich eure Totenfeier störe. Ich möchte nur mit jemandem sprechen.«
»Mi wem?«, fragte der Kling undeutlich.
Ja, mit wem eigentlich?, dachte Aruula. Sie kannte niemanden aus der Delegation der Klings. Matt hatte ihr zwar von seiner Begegnung mit dem Botschafter erzählt, aber sie hatte sich seinen Namen nicht gemerkt.
»Mi wem?«, wiederholte der Kling lauter.
»Willses auffe Wüffelprobe ankommen lasse?«
»Sie möchte zum Höchsten Rat,
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