0440 - Mein letzter Fall?
schien mir auf den Kopf. Im Nacken hatte sich der Schweiß gesammelt und bildete dort kleine Bäche, die meinen Rücken hinabflössen. Das Heulen widerte mich an. Ich vermeinte auch, einen anderen Tonfall darin zu erkennen.
Diesmal klang es zwar ebenso schrecklich, aber gleichzeitig auch sicher und triumphierend.
Sie hatten es geschafft.
Und sie wollten mich locken.
Der Junge hatte von der Komturei gesprochen. Ich glaubte fest daran, daß ihm diese Worte eingeimpft worden waren. Da hatte Asmodis bereits sein Netz gespannt, das bis nach Belgien reichte und hier zugezogen werden sollte.
Die alte Komturei war demnach eine Todesfalle für mich. Aber ich wußte jetzt Bescheid und besaß auch Waffen, auf die ich mich verlassen konnte.
Die Beretta, den Dolch, den Bumerang - und das Kreuz!
Mit diesen magischen Abwehrmitteln hatte ich schon so manche Schlacht geschlagen und auch gewonnen.
Allerdings dachte ich auch an die Warnung des Sehers und an seinen Hinweis auf das Buch der grausamen Träume. Diese Tatsache und den Fall hier brachte ich noch nicht in die Reihe. Das Heulen war verklungen.
Zuletzt hatte ich es aus einer Richtung gehört. Sie lag rechts von mir.
Wahrscheinlich sollte ich mich nach dort wenden. Vielleicht lag da auch die alte Komturei.
Ging ich zu Fuß? Nahm ich den Wagen?
Da ich nicht wußte, wie lange der Weg werden würde, entschied ich mich für den fahrbaren Untersatz. Zwar hatte der Golf im Schatten der Bäume gestanden, er war trotzdem von innen aufgeheizt. Bevor ich einstieg, warf ich noch einen Blick zum Himmel. Die Bläue war verschwunden. Im Tal der Semois lag bereits eine dicke graue Wand, die sich aus gewaltigen Wolkengebirgen zusammensetzte und in ihrem Innern einen fahlen gelblichen Schimmer angenommen hatte. So sah eine Gewitterwand aus. Das hatte mir noch gefehlt. Aber irgendwie war es auch die richtige Untermalung für einen wie der, der auf mich wartete.
Große Sorgen machte ich mir auch um Arlette!
Wen der Teufel einmal hatte, ließ er so schnell nicht mehr los. Ich wollte Arlette befreien und hoffte, daß sie noch lebte.
Das rechte Seitenfenster behielt ich während der Fahrt offen. Ein Hinweisschild hatte ich nicht gesehen. Ich mußte auf gut Glück losfahren und dabei die Richtung einschlagen, aus der ich das Heulen vernommen hatte.
Der Weg führte tiefer in das mir unbekannte Gelände. Er war nicht eben.
Ich rollte über Buckel hinweg, schaukelte durch Schlaglöcher und mußte die Kurven sehr eng nehmen. Dabei immer von der Angst begleitet, daß der schmale Weg in der Dichte eines Waldes versickern würde und ich überhaupt nicht mehr weiterkam.
Das geschah zum Glück nicht. Statt dessen schöpfte ich so etwas wie Hoffnung, als der Weg in eine große Lichtung mündete, die mit sehr hohem Gras bewachsen war.
Die Halme bewegten sich im leichten Wind. Ich drehte das Lenkrad nach rechts, weil ich eine breite Spur gefunden hatte, durch die ich fahren konnte. Irgendein Trecker oder ein geländegängiges Fahrzeug mußte sie hinterlassen haben, wie an den im Boden tief eingefrästen Rillen deutlich zu erkennen war.
Zwar befand sich auch Wald in meiner Nähe, aber so weit weg, daß er mich nicht störte. Hier herrschte dieser hohe Grasteppich vor. Die Hyänen hörte ich nicht.
Dafür wirbelten die Reifen dünne Staubwolken auf, die den Golf umtanzten und auch ihren Weg durch das offene Seitenfenster zu mir fanden.
Einmal sah ich einen Fuchs. Wieselflink jagte er an meinem Wagen entlang und war verschwunden.
Menschen begegneten mir keine. Zwar mußte nicht weit von hier das Landschulheim liegen, aber die Kinder, die sich dort befanden, verzichteten wohl auf einen Spaziergang.
Vor mir lag eine leichte Anhöhe. Auch sie war bewachsen, aber nicht mit Bäumen. Das dunkle, das aus dem Grasboden hervorstach, waren alte Mauern.
Die Komturei!
Ich lenkte den Wagen dorthin, wo das Gras besonders hoch wuchs, fuhr ihn in die grüne Steppe hinein und stieg aus.
Das Zirpen zahlreicher Grillen umgab mich. Hinzu kam die schon drückende schwüle Luft, die mir vorkam, als würde ich sie bei jedem Atemzug trinken.
Vorboten eines Gewitters!
Es gab keine Stelle an meinem Körper, die nicht durchgeschwitzt war.
Mit Taschentuch und Handgelenk wischte ich mir einen Teil des Gesichts trocken, bevor ich mich auf den Weg machte und sehr vorsichtig war, denn ich hielt mich immer am Rand und in der unmittelbaren Deckung der hohen Grasmauer.
Das Zirpen der Grillen begleitete mich. Mücken
Weitere Kostenlose Bücher