0441 - Die Nacht der stillen Mörderin
Teppichrand und riß mit voller Wucht daran.
Der Maskierte taumelte. Während er um sein Gleichgewicht kämpfte, hechtete ich auf ihn zu.
Er reagierte unglaublich schnell und stieß mir das Knie in den Magen. Während ich nach Luft schnappte, versuchte er einen Schlag gegen meine Halsschlagader. Wäre er ihm geglückt, wäre der Kampf in dieser Sekunde aus gewesen. Aber er glückte ihm nicht. Instinktiv duckte ich ab.
Der Hieb streifte mich an der Schläfe und hinterließ dort einen brennenden Schmerz. Dann krachte seine Faust auf den Boden.
Faust? Die Lampe lag nur zwei Yard entfernt, und in ihrem Schein entdeckte ich, daß der metallene Gegenstand, den ich zuvor gesehen hatte, ein stählerner Haken war.
Der Maskierte hatte eine Handprothese. Der Haken hatte mich an der Schläfe gestreift, dort eine lange Wunde hinterlassen und hatte sich dann in den Boden gebohrt.
Im nächsten Augenblick bekam ich einen linken Haken unter das Kinn, daß die Sterne sprühten. Ich ließ ihn los, und wir kamen wieder beide auf die Beine. Während er mich mit kurzen Aufwärtshaken eindeckte, stellte ich fest, daß er die Prothese verloren hatte. Damit war er zur Hälfte außer Gefecht gesetzt. Es schien ihm auch klar zu sein, daß er mit Boxen nichts mehr ausrichten konnte, denn er ging bei der ersten Gelegenheit in den Clinch.
Wieder gingen wir zu Boden. Trotz seines Handikaps war der Bursche unglaublich gut in Form. Ich mußte alle Register ziehen, um ihn mir vom Leib zu halten.
Aber dann erwischte ich ihn, und zwar gründlich.
Ich bekam den Strumpf zu fassen, den er über den Kopf gezogen hatte, und ich verdrehte ihn mit einem Ruck so weit, daß sich die Augenschlitze verschoben und er nichts mehr sehen konnte.
Dann stand er vor mir, und ich setzte eine gerade Rechte genau dorthin, wo sich unter dem Strumpf das Kinn abzeichnete. Sein Arm ruderte wild, als er in eine Kreiselbewegung geriet.
Meine Linke faßte nach und vollendete das Werk. Wie ein gefällter Baum ging er zu Boden.
Schwer atmend lehnte ich an der Wand. Dann tastete ich nach der Lampe, beugte mich über den Bewußtlosen. Ich wollte ihm den Strumpf herunterreißen und sein Gesicht sehen.
Aber dazu kam es nicht.
Ein Pferdehuf traf mich am Hinterkopf; vor meinen Augen tanzte ein sprühender Sternenregen, der sich zu einem Kreis vereinte, aus dem mich ein Gesicht ansah. Es kam näher und wurde immer größer.
Es war Old Yellowstain.
Dann verlor ich das Bewußtsein.
***
Als ich erwachte, hatte ich jegliches Zeitgefühl verloren. Heller Sonnenschein stach mir in die Augen. Mein Kopf schmerzte höllisch. Als ich ihn bewegte, begann ein Zwerg mit einem Hammer darin sein Werk.
Was, in aller Welt, war passiert? Nur langsam kehrte die Erinnerung zurück. Ich war von hinten niedergeschlagen worden, gerade als ich den Burschen demaskieren wollte. Und wo war ich jetzt?
Ich schlug die Augen auf. Der Kopf eines ausgestopften Uhus grinste mich an.
Ich lag in der Halle an der Stelle, wo ich hingefallen war. Da war der Kamin, da die schweren Plüschmöbel, Staubkörnchen tanzten in dem einfallenden Sonnenlicht. Es sah alles sehr ländlich, sehr friedlich und sehr vornehm aus. Eine Fliege brummte einschläfernd an der Fensterscheibe.
Ich zog mich an einem Tisch in die Höhe, und sofort ging mein Puls auf hundertachtzig. Es hatte mich ganz schön erwischt, am Hinterkopf war eine mächtige Beule.
Neben dem Kamin entdeckte ich ein Telefon. Mühsam schleppte ich mich hin, ließ mich in einen tiefen Sessel fallen, langte nach dem Hörer. Das Freizeichen kam. Ich wählte die Nummer LE 5-7700, bekam das Distriktgebäude des New Yorker FBI an die Leitung.
»Cotton«, knurrte ich. »Geben Sie mir Phil.«
Gleich darauf meldete sich mein Freund Phil.
»Hör zu, Alter«, sagte ich, »ich sitze hier in Long Island City. Kannst du gleich mal vorbeikommen?«
»Du scheinst ja ganz schön gefeiert zu haben«, grinste Phil. »Deine Stimme klingt wie die eines Grizzlybären im Frühling!«
»So kann man es auch nennen! Und noch etwas!«
»Ja?«
»Bring mir ein paar Aspirin mit!«
Ich gab Phil die Adresse und legte auf. Am liebsten wäre ich mit einem schönen Eisbeutel auf der Stirn liegengeblieben, aber dafür war keine Zeit. Ich stieß mich ab, kam schwankend auf die Beine und ging daran, mir das Haus anzusehen.
Die Halle enthielt keine besonderen Überraschungen, wenn man davon absah, daß sie mit einer scheußlichen Sammlung alter Möbel aus der Zeit der Jahrhundertwende
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