0443 - Lady Panthera
getroffen!
Dieser eine Satz brannte sich in mein Gehirn. Aber wie, zum Teufel, hatte dies geschehen können? War König Salomo eine Person gewesen, die auf der anderen Seite gestanden hatte?
Ich wollte es einfach nicht glauben. Sonst hätte er auf meinem Kreuz nicht sein Siegel, das Hexagramm hinterlassen können. Irgend etwas stimmte da nicht.
Die rechte Gesichtshälfte war zerstört worden. Was noch an Haut übriggeblieben war, konnte man als alte, graue Reste bezeichnen, die lappig nach unten hingen.
Ein Verräter war bestraft worden.
Ich schluckte hart. Meine Hände hatten sich zu Fäusten geballt. Auf der Haut spürte ich den Schweiß. Die Mundwinkel zuckten, als ich mich ans Fenster stellte und nach draußen schaute.
Diese einsame Gegend hier in Southwork war zu einer Brutstätte einer uralten Magie geworden, und ich hatte bisher davon nichts bemerkt.
Mein Blick flog über die noch immer leere Straße. Ich schaute auch gegenüber auf die Hausfronten und sah plötzlich die phantomhafte Bewegung nahe einer Tür.
Da stand jemand!
Ich zog mich zurück, blieb aber so stehen, dass ich schräg aus dem Fenster auf die gegenüberliegende Seite schauen konnte. Dort tat sich noch nichts, aber Sekunden später entdeckte ich den feurigen Schein, als hätte jemand etwas angezündet.
Eine Lampe war es bestimmt nicht, die leuchtete anders. Das sah mir eher nach einer Laterne aus.
Ich war davon überzeugt, es mit einem Diener der Lady Panthera zu tun zu haben, und den wollte ich mir aus der Nähe anschauen. Dem alten Mann konnte niemand mehr helfen. Er hatte durch seine Worte an mich das Todesurteil selbst unterschrieben.
Diesmal huschte ich schneller durch das alte Treppenhaus, ohne allerdings die nötige Vorsicht zu vergessen. Wenn ich den anderen gesehen hatte, musste auch Suko ihn entdeckt haben.
An der Eingangstür zögerte ich, drückte mich behutsamer vor und schaute um die Ecke.
Von Suko sah ich nichts. Er war verschwunden!
***
Der Inspektor hatte sich nach dem Weggang seines Freundes John Sinclair so eng gegen die Hauswand gedrückt, dass er einfach nicht mehr zu sehen war.
Und so wartete er.
Suko war ein Mensch, der viel auf seine Gefühle gab. Und das Gefühl sagte ihm hier, dass etwas in der Luft lag. Sie mussten sich der Lösung des Falles bis auf einen kleinen, letzten Schritt genähert haben, aber der war eben nicht vorauszuberechnen.
Selbst in einem Viertel wie Southwork waren die Straßen in der Nacht nicht so still. Suko kam es vor, als hätten sich die Menschen zurückgezogen, um einer lauernden Gefahr zu entwischen.
Ein Geräusch schreckte ihn auf. Es war ein Kreischen und hohes Quietschen, als ein Rollgitter an der gegenüberliegenden Straßenseite in die Höhe gezogen wurde.
In einer Hauswand entstand eine Lücke.
Suko bewegte sich ein wenig nach links. Er wollte eine bessere Sicht bekommen, denn ohne Grund war das Gitter bestimmt nicht weggenommen worden.
Die Lücke sah er sehr deutlich. Ein dunkler Einschnitt im Grau der Front, mehr nicht. Aber was konnte dort nicht alles lauern?
In der Finsternis zwischen den Wänden entstand eine Bewegung, die auch die Lücke ausfüllte.
Suko sah plötzlich ein Augenpaar!
Der Panther?
Suko hatte ihn bisher nicht zu Gesicht bekommen, doch er glaubte fest daran, dass es sich nur um ihn handeln konnte. Dieses Augenpaar gab es nicht bei einem Menschen.
Was sollte er tun?
Mit John konnte er sich nicht absprechen. Es war auch nicht die Zeit, erst noch hochzulaufen und ihn zu fragen. Suko musste die Verantwortung allein tragen.
Ein Feigling war er nicht. Außerdem wollte er das Rätsel um den Panther lösen.
Bevor er die Straße überquerte, lauschte er noch einmal in den dunklen Hausflur hinter sich.
Da war nichts zu hören. John musste sich noch in der ersten Etage befinden. Wahrscheinlich hatte auch er dort etwas entdeckt, sonst wäre er längst wieder bei Suko gewesen.
Der Chinese drehte sich um und blickte auf die Einfahrt, wo er das Augenpaar gesehen hatte.
Es war verschwunden!
Da er den Panther nicht auf der vor ihm liegenden Straße entdeckte, ging er davon aus, dass sich das Raubtier in die Tiefe der Einfahrt zurückgezogen hatte.
Da wollte Suko auch hin.
Noch stand das Rollgitter oben. Suko blieb davor stehen und schielte in die Höhe.
Er war kein Feigling, doch als sein Blick die Kante traf, hatte er das Gefühl, gegen ein Fallbeil zu schauen.
Er lauschte in die Einfahrt hinein, hörte aber keine Geräusche, auch nicht das
Weitere Kostenlose Bücher