0443 - Lady Panthera
Frau?«
»Auch.«
Er lachte krächzend. »Sie ist gefährlich, ich weiß es. Denn sie übt Macht aus.«
»Sie kennen die Person also?«
»Wer kennt sie nicht? Sie ist die heimliche Herrscherin dieses Viertels.«
»Sie heißt Lady Panthera.«
Der alte Mann nickte. »Ich weiß. Und sie soll sehr alt sein, erzählt man sich.«
»Wer sagt das?«
»Ihre Freunde.«
»Du kennst sie?«
Da lachte er. »Wer kennt sie nicht? Sie geben sich offiziell als Asylanten aus, aber inoffiziell gehören sie einer gefährlichen Sekte an, die ins Land sickerte.«
»Kannst du mir sagen, wie groß ihre Anzahl ist?«
»Ich weiß es nicht. Aber drei habe ich immer gesehen. Sie sind sehr gefährlich.«
»Töten sie?«
»Auch das. Aber sie können auch anders reagieren, mein Lieber.« Zum ersten Mal seit unserem Zusammentreffen drehte er sich so, dass ich in sein Gesicht schauen konnte.
Ich erschrak. Es kostete mich Überwindung, nicht zurückzuweichen, denn sein Gesicht sah schrecklich aus. Das linke Auge wirkte so, als wollte es die Höhle verlassen, es hing der Wange entgegen, der Mund war verzogen, die Haut auf der Wange zusammengeschoben, und sie sah aus wie ein roter Schwamm.
»Na?« fragte er.
Ich holte tief Luft. »Was hat das zu bedeuten?«
»Du hast nach ihnen gefragt. Wenn sie dich nicht töten, brennen sie dir ein Mal auf die Wange. Bei mir haben sie es getan. Sie machten sich einen Spaß daraus. Die Diener der Pantherfrau sind gefährlich und auch tödlich.«
»Hast du ihnen etwas getan?«
»Nein, ich nicht. Ich habe hier nur gesessen.«
»Okay. Ich will sie finden. Wo halten sie sich auf? Du bist doch ein Beobachter. Raus mit der Sprache? Sag es!«
»Es gibt einen Raum, wo sie sich treffen, aber ich weiß nicht, wo er sich befindet.«
»Hier im Haus?«
»Das kann sein, aber ich habe nicht nachgeschaut. Ich warte darauf, dass der Tod zu mir kommt.«
»Wie kommst du darauf?«
»Man wird mich töten, weil ich geredet habe. Ich darf nicht sprechen. Wer spricht, den trifft die Rache ihres Götzen.«
»Haben sie den auch?«
»Ja, einen König Salomo.« Der Alte drehte sich wieder um und schaute gegen die Fensterscheibe. »Manchmal wird es schlimm, wenn sie durch die Straßen schleichen. Dann hört man auch das Jaulen und Fauchen des Panthers. Wir wissen, dass der Schatten erscheinen wird und die Frau ebenfalls. Sie ist die Königin.«
»Das weiß ich alles. Aber ich weiß nicht, wo ich sie finden kann. Gib mir einen Tipp.«
Er starrte auf seine zerschlissenen Hosenbeine. »Einen Tipp!« flüsterte er. »Ja, ich kann dir einen Tipp geben. Such die Blutkapelle. Wenn du sie findest, hast du einen großen Schritt getan.«
»Blutkapelle?«
»Dort versammeln sie sich.«
»Befindet sie sich hier in der Nähe?«
»Ja, aber ich weiß nicht wo. Geh nach draußen. Vielleicht siehst du sie auch. Dann kannst du ihr folgen, wenn sie auf dem Rücken des Panthers reitet.«
»Weißt du keine Zeit?«
»Nein, sie kommt und geht, wann sie will. Sie ist eine Herrscherin. Wir haben uns zu fügen. Mir hat sie ihr Zeichen auf die Wange gebrannt.«
»Ja, ich habe es gesehen.«
Er schüttelte den Kopf. »Nichts hast du gesehen, gar nichts. Schau genauer hin!« Er drehte den Lampenschirm so, dass die Seite mit der zusammengezogenen Haut angestrahlt wurde.
Jetzt entdeckte ich es auch. Auf der Haut zeichnete sich dunkelrot das Hexagramm Salomos ab. Genau dieser sechseckige Stern, der sich auch auf meinem Kreuz befunden hatte und der nun verschwunden war.
»Was ist das?« fragte ich, obwohl ich es schon wusste. Aber ich wollte wissen, was dieser Mann dazu sagte.
»Das Mal Salomos, hat man mir erzählt.« Er begann zu lachen. »Sie haben Stangen, sie haben feurige Stangen. Sie brennen es dir auf die Haut, dann bist du in ihrer Hand. Sie haben Macht über dich. Ja, Macht.« Er schaute mich groß an, und sein Blick veränderte sich dabei.
Schwerfällig hob er den Arm und führte seine Hand dorthin, wo die Haut zusammengeschrumpft war und sich das Zeichen befand. Dabei krümmte er seine Finger. »Macht!« rief er plötzlich und griff zu.
Er stach die Fingernägel wie Messer in die zusammengeschobene Haut, ächzte schwer und fiel nach vorn.
Hätte ich ihn nicht gehalten, wäre er aus dem Sessel gekippt. So konnte ich ihn stützen und drückte seinen Körper wieder zurück. Auch der Kopf machte diese Bewegung mit.
Ich las es in seinen Augen. Der alte Mann vor mir lebte nicht mehr…
***
Der Fluch König Salomos hatte ihn
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