0443 - Lady Panthera
die Tiefe des Hofes zurückgezogen, hielt die Stange mit beiden Händen fest, rammte sie hin und wieder vor, aber es waren oftmals nur Finten, auf die der Inspektor nicht reinfiel.
Er griff an. Sehr schnell und auch sehr geschickt. Der andere konnte die Stöße kaum parieren. Manchmal klatschten die Hexagramme zusammen, und Suko hörte die metallischen Geräusche. Die Peitsche hatte er wieder weggesteckt, er wollte seinen letzten Gegner mit den eigenen Waffen schlagen.
Der krümmte sich manchmal wie ein Wurm am Haken, schlug auch seitlich zu, aber er traf den Inspektor nie, weil dieser viel zu schnell war und plötzlich mit einem Sprung über die andere Stange hinwegsetzte.
Suko hatte sehr viel Kraft in die Aktion gelegt, war auch ungewöhnlich hoch gesprungen und musste dem anderen vorkommen wie ein rächender und tödlicher Geist.
Seine beiden Füße und die Stange rasten schräg in die Tiefe. Getroffen wurde der Leibwächter auf dreierlei Art und Weise. Sukos Füße rammten gegen seine Schultern und schleuderten ihn zurück. Er lag kaum auf dem Rücken, als der Chinese das Hexagramm mit großer Wucht gegen die Brust seines Feindes presste.
Er drang durch.
Ein ächzender Schrei verließ den Mund des untreuen und verräterischen Leibwächters, bevor er durch das Zeichen Salomos vernichtet wurde.
Als Staub und Knochenhaufen blieb er liegen.
Der Inspektor atmete tief durch. Der Kampf war nur kurz gewesen, und Suko hatte ihn siegreich bestanden.
Er ging dorthin, wo die beiden anderen lagen, leuchtete sie an und sah im Schein der Lampe die grauen Schädelknochen und auch die feine Asche dazwischen.
Reste einer biblischen, verräterischen Gestalt, die endlich ihr Schicksal gefunden hatte.
Als Suko seine Hand bewegte, fiel der Lichtkegel auf das Rollgitter. Dies war gewissermaßen ein Zeichen für ihn, dass er diesen Weg nicht nehmen konnte.
Zwar probierte er es, aber das Gitter klemmte, durch welchen Mechanismus auch immer, an seiner unteren Seite fest.
Also musste er durch das Haus. Dort konnte ja auch das Weib mit dem Raubtier verschwunden sein. Sie waren schließlich der Joker in diesem gefährlichen Spiel.
Suko glaubte daran, dass die erste große Gefahr vorbei war. Deshalb riskierte er es auch, die Lampe einzuschalten und den langen Strahl wandern zu lassen.
Der Hof war kleiner, als er gedacht hatte. Um so mehr Gerumpel verteilte sich dort. Regelrechte Abfallhügel, aus welchem Zeug auch immer zusammengesetzt.
Irgendwann war der Untergrund einmal gepflastert worden. Dieses Pflaster bestand sicher noch, aber im Laufe der langen Zeit hatte sich eine Schicht aus Schmier darauf gelegt.
Sie gab Spuren wieder.
Suko brauchte ihnen nur zu folgen. Die Abdrücke zeichneten sich klar und deutlich im Lichtkegel der Lampe ab, und sie führten in eine bestimmte Richtung weiter, der Suko folgte.
Vor einer hinteren Ausgangstür blieb er stehen. Sie stand sperrangelweit offen. Der dunkle Flur lud zum Eintreten ein. Suko zögerte auch keine Sekunde.
Er war sehr vorsichtig, denn er ahnte, dass er dicht vor der Lösung des Rätsels stand. Dann sah er die Treppe…
***
Wir schauten uns gegenseitig an. Lady Panthera badete im roten, aus dem Boden strahlenden Licht. Wie ein Denkmal standen sie und der Panther auf der Glasplatte.
Auch das Raubtier ließ mich nicht aus dem Blick. In den Augen der Menschen konnte man oft genug deren Gefühle ablesen, bei den Tieren ist es etwas anderes. Die grünen Ovale des Panthers hatten sich nicht verändert. Für mich strahlten sie nach wie vor eine tödliche Kälte und Gnadenlosigkeit ab.
Lässig trug die hübsche Frau das Kleid. An der linken Schulterseite war es besonders weit nach unten gerutscht, so dass ich die Ansätze ihrer Brust erkennen konnte.
»Das Blut Salomos«, sagte ich. »Befindet es sich in dem Gefäß, das du in der Hand hältst?«
»Ja.«
»Aber du kannst nicht zu ihm gehören, Panthera. Ich vertraue dir nicht. Sonst würdest du anders handeln. Etwas stimmt hier nicht. König Salomo war ein Weiser, kein Mörder. Er hat keine Kriege geführt und konnte stolz darauf sein. Er muss einfach bemerkt haben, dass sich eine Verräterin an seinem Hof befand.«
»Es waren viele an seinem Hofe, die dort ein- und ausgingen.«
»Wie soll ich das deuten?«
»Der König war ein Mensch, der die Sinnesfreuden liebte. Er wollte leben und leben lassen. Deshalb lud er sich Gaukler, Magier und Künstler ein, die ihre Spiele und Tricks aufführten, so dass an seinem Hofe nie
Weitere Kostenlose Bücher