0446 - Höllenfrost
informiert, in welcher Verfassung der Fürst der Fisnternis sich ihr gezeigt hatte. Wie schwach er aussah, und wie kräftig er äußerlich wirkte, zudem mit seiner neuen Fähigkeit ausgestattet, mit der er Stygia gezeigt hatte, wie sie das Bewußtseinsmuster aufspüren konnte. Sie hatte sogar noch mehr herausgefunden. Vage hatte sie eine Frauengestalt gesehen, die sich Shirona nannte. Von dieser Shirona hatte Leonardo deMontagne nicht gesprochen, sondern es war ein Teil der Information, die er ihr lautlos mit der Macht seiner Gedanken-Magie aufoktroiert hatte.
Doch abgesehen von der fehlenden Zeit wäre es für sie vielleicht auch nicht gut gewesen, sich vorher noch mit Astaroth zu treffen, da Leonardo sie überwachen wollte. Sie war zwar nicht absolut sicher, daß er das wirklich konnte. Aber tat er es, und war er immer noch stärker als sie glaubten, bewegte sie sich auf gefährlichem Terrain.
Sie mußte wachsam und vorsichtig sein.
Wenn der Fürst ihren Tod offiziell beschloß und sie aburteilte, half ihr auch ihr Joker nicht: ihre Kontrolle über Zamorras Freund Ted Ewigk, der so leichtsinnig gewesen war, einen Handel mit Stygia abzuschließen und sich ihr damit auszuliefern, ohne es zu ahnen. Im Gegenteil, er glaubte wohl, seinerseits Stygia kontrollieren zu können.
Aber das war ein für ihn tragischer Irrtum…
Immerhin ging Stygia kein Risio ein. Nicht mehr jetzt, wo sie ihrem Triumph so nahe gekommen war. Da ließ sie sich lieber gehorsam leiten.
Nach den Informationen des Fürsten war es Stygia ein Leichtes, den ungefähren Aufenthaltsort des Gesuchten zu finden. Etwas Unheimliches, das von Leonardo ausging, fixierte dieses Ziel annähernd. Stygia brauchte nicht zu suchen.
Außerdem gab ihr der Fürst einen Verbündeten.
Einen von seinen Skelett-Kriegern.
Einst hatte Asmodis ihm die Möglichkeit gewährt, eine Armee von Kriegern zu rekrutieren. So viele Seelen von bösen Kämpfern im Laufe unzähliger Kriege in der Geschichte der Menschheit der Hölle verfallen waren - jene, die nicht nur in den Kriegsdienst gepreßt und gegen ihren Willen zum Töten gezwungen worden waren, sondern jene, die das Töten als willkommenes Handwerk ansahen, und von denen hatte es immer genug gegeben -, so viele Krieger konnte Leonardo auch aktivieren. Und er bekam ständig Nachschub. In allen Epochen und allen Nationen hatte es immer wieder negativ veranlagte Schlächter gegeben, die nun der Hölle zur Verfügung standen. Die Menschheit war immer ein kriegerisches Volk gewesen. Leonardo deMontagne konnte auf Millionen von ihnen zurückgreifen.
Stygia war deshalb nachdenklich geworden. In früheren Zeiten hat Leonardo seine Skelett-Krieger, ob schwertschwingende Barbaren oder maschinenpistolenbewehrte SS-Offiziere, dutzendweise oder in Hundertschaften eingesetzt und verheizt.
Jetzt stellte er ihr nur einen zur Verfügung.
Was bedeutete das?
Daß er nur noch die Kraft hatte, wenige zu rekrutieren?
Daß er am Ende war?
Stygia hoffte es im Interesse ihrer eigenen Machtpläne. Aber diese Pläne gingen mittlerweile schon über das Bisherige hinaus. Sie wollte nicht mehr nur mit Astaroth zusammen den Fürsten der Finsternis stürzen…
Jetzt aber wollte sie sich von dem Telepathenkind ein Bild machen. War es wirklich ein Feind der Schwarzblütigen, wie die alten Mythen sagten?
Was auch immer der schwach gewordene Fürst der Finsternis ihr prophezeit hatte - sie mußte das tun, was erforderlich war, um sie selbst auf der Rangleiter empor zu heben.
Vielleicht mußte sie dazu jemanden töten.
Vielleicht reichte es, jemanden in eine Falle zu locken und ihn sich ihr zu verpflichten.
Wie, das würde sich zeigen.
Und dann…? Auch das würde sich zeigen. Stygia gestand sich ein: Im Gegensatz zu ihrem fast väterlichen Berater Astaroth war sie machtsüchtig.
Sie wollte herrschen.
Um jeden Preis.
***
Tendyke hatte die Lichtung mit der Blockhütte noch einmal betreten. Vorsichtig sah er sich um und witterte. Aber er konnte keine Gefahr fühlen. Vielleicht hatte man das Versteck noch nicht gefunden. Vielleicht gab es aber auch keine Bedrohung. Derjenige, der mit Julian zusammengetroffen war, hatte das Telepathenkind möglicherweise gar nicht identifiziert.
Trotzdem war es besser, vorsichtig zu sein. Tendyke erreichte das Blockhaus und holte noch einige von Julians Büchern sowie den Laptop-Computer heraus. Anderes mußte Zurückbleiben. Der Abenteurer trug die Sachen von der Lichtung, dann ging er noch ein weiteres Mal
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