0446 - Höllenfrost

Titel: 0446 - Höllenfrost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa

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selbst nicht in der Traumwelt gewesen, um die es ging, aber es waren wohl andere Amulette beteiligt gewesen, und davon profitierte Eysenbeiß. Vielleicht, überlegte Leonardo, gab es eine geheime Verbindung zwischen den Amuletten…
    Zumindest in diesem Fall mußte es sie gegeben haben.
    Und nun peilte Eysenbeiß.
    Er versuchte festzustellen, wo sich das Bewußtsein des Telepathenkindes jetzt befand, um Stygia in die Nähe dieser Position zu leiten. Stygia war stark genug, um das Telepathenkind entweder auszuschalten oder ihm wenigstens sterbend empfindlich zu schaden.
    So oder so konnte der Fürst der Finsternis in diesem Fall nur gewinnen.
    Aber wofür noch?
    Er wußte, daß er den Höhepunkt seiner Macht längst überschritten hatte. Seine Kraft schwand mehr und mehr.
    Einst hatte seine Seele im Höllenfeuer gebrannt und war stärker gewesen. So stark, daß der damalige Fürst der Finsternis, Asmodis, sich gezwungen gesehen hatte, Leonardo ein zweites Leben zu gewähren. Damit, daß er ihm einen neuen Körper gab und ihn aus der Hölle zurück auf die Erde sandte, hatte er verhindern wollen, daß der im Höllenfeuer Gestählte zum Dämon wurde. [2]
    Doch es hatte ihm nichts genützt. Leonardo deMontagne war zum Dämon geworden. Und er saß jetzt auf dem Thron, den Asmodis jahrtausendelang sein eigen genannt hatte.
    »Du findest ihn?« knurrte Leonardo.
    Natürlich. Und wie es sich für einen braven Diener des Fürsten gehört, die Ironie war selbst in der telepathisch lautlosen Verständigung unüberhörbar, werde ich deine Vasallin Stygia sofort darüber informieren, wohin sie sich zu wenden hat.
    »Sie ist nicht meine Vasallin«, murmelte Leonardo. »Sie ist eine hassenswerte Bestie. Und fast wünsche ich, daß sie einen Fehler begeht und getötet wird.«
    Weil du selbst nicht in der Lage bist, sie zu töten, stellte Eysenbeiß mit nüchterner Kälte fest.
    Das demütigende »Ja« ersparte Leonardo sich.
    ***
    Julian war in die Dunkelheit hineingeschritten. Als sie das erste Versteck verließen, hatte er versucht, sich die Richtungswechsel und die Anzahl der Schritte sowie die Schrittlänge zu merken. Aber jetzt stellte er fest, daß sein überlegener Geist doch seine Grenzen hatte. Sein Vater hatte ihn ausgetrickst. Das Höhlensystem war ein Labyrinth.
    Dennoch schaffte er es, sich darin zu orientieren. Ihm machte die Dunkelheit nichts aus. Mit der Zeit konnte er den Weg zurückverfolgen.
    Oder war es der falsche Weg?
    Wieder mußte er sich eingestehen, nicht unfehlbar zu sein, nicht perfekt. Er fand keinen Ausweg. Er hatte mit einer technischen Anlage gerechnet. So wie er die Technik der Menschen aus den Lehrbüchern und Videos kennengelernt hatte, war Fortbewegung über größere Entfernungen nur mittels Technik möglich.
    Oder durch Weltentore.
    Aber ein Weltentor konnte er hier nicht spüren, ebensowenig, wie er eines bei ihrem früheren Versteck bemerkt hatte. Und Weltentore ließen sich für Julian nicht abschirmen.
    Demzufolge hätte Technik im Spiel sein müssen.
    Aber die fand er nicht. Anerkennend nickte er. »Robert, du bist doch schlauer als ich. Du hast alles selbst für mich zu gut getarnt…«
    Er kehrte um.
    Der Höhle, in der es von den Wänden leuchtete, weil unzählige Mikroorganismen, Leuchtkäfern gleich, diese schwache Helligkeit erzeugten, widmete er keine Aufmerksamkeit. Da drin gab es keine Technik. Nur ein paar Blumen, deren Blüten in den Regenbogenfarben schimmerten.
    ***
    Phil Briggs blieb am Ortsrand stehen. Schnee setzte ein. Er besaß trotz des Alkohols in seinem Blut noch so viel Verstand, daß er sich sagte: Da kannst du nicht hinaus.
    Er starrte die wehenden Flocken an, die sich auf der weißgrauen Schicht vor seinen Füßen niederschlugen. Er hatte allein sein wollen, wenn schon niemand mit ihm reden wollte.
    Aber er war auch kein Selbstmörder.
    Er mußte zurück. Wenn er hier draußen blieb, dann lief er Gefahr, zu sterben. Zu erfrieren.
    Und er wußte verdammt genau, daß seine Lebensuhr ihm nur noch wenig Zeit ließ. Diese unbekannte Spanne wollte er nicht durch Leichtsinn noch verkürzen.
    Er wandte sich um.
    Da sah er den Geländewagen. Ein nicht gerade billiges Modell. Ein deutscher Wagen, wenn er das richtig sah. Am Kühlergrill schimmerte ein Stern im Kreis. Davor Rammschutzgitter. Keine Breitreifen; die wären hier in der Schneewildnis sinnlos gewesen und hätten nur gezeigt, daß der Besitzer des Wagens auf Show aus war und auf nichts anderes. Eine Funkantenne