0446 - Höllenfrost
Kroppzeug überzeugt. Wie schreibt man das eigentlich?«
»Keine Ahnung.«
»Und du willst Sekretärin sein?«
»Ach, nicht unbedingt. Gespielin eines Multimillionärs ist ein besserer Job.«
Zamorra grinste. »Warte es nur ab, Sekretärin. - Yves, ich habe mich daran gewöhnen müssen und Nicole noch stärker. Aber es geht, man kann damit leben. Selbst ich sehne mich manchmal nach den alten Zeiten zurück, wo alles in geordneten, überschaubaren Bahnen verlief. Aber ich habe gelernt, das Unglaubliche zu akzeptieren und damit zu leben.«
»Ich war nie ein ganz normaler Akademiker«, sagte Cascal trocken. »Ich habe nie studiert und auch an keiner Universität unterrichtet. Ich habe keine Sekretärin. Ich habe kein Schloß geerbt. Ich habe nur diese verfluchte Silberscheibe. Und ich will meine Ruhe haben. Kann das denn kein Mensch verstehen?«
Zamorra zuckte mit den Schultern. »Verstehen kann ich es schon. Wissen Sie was, Ombre? Geben Sie mir das Ding. Dann haben Sie Ruhe.«
Cascal rührte sich nicht.
»Sehen Sie? Sie bringen es nicht fertig, das Amulett abzugeben. Vielleicht würde es auch zu Ihnen zurückkehren. Wir haben mit diesen Dingern schon die verrücktesten Sachen erlebt. Sie werden also damit leben müssen, so wie Nicole und ich es auch tun. Und jetzt möchte ich, daß wir Zusammenarbeiten. Je eher das klappt, desto eher lasse ich Sie wieder in Ruhe.«
»Das heißt also im Klartext, daß Sie mich nicht in Ruhe lassen wollen. Daß Sie nicht eher verschwinden, als bis Sie haben, was Sie wollen«, seufzte Cascal.
Angelique betrat das Zimmer, ohne anzuklopfen. Sie balancierte ein Tablett mit drei Tassen. »Schade«, bemerkte sie. »Ich dachte, ihr hättet euch inzwischen gegenseitig erwürgt.«
»Du bist heute enorm liebensgewürzig, Lästerschwein - äh, Schwesterlein«, stellte Cascal fest. »Was für eine Laus ist dir eigentlich über die Leber gelaufen?«
»Zwei Läuse, die deinen Seelenfrieden stören und die auch noch auf zwei Beinen laufen und Namen haben«, sagte Angelique bissig. »Ich mag es nicht, wenn dich jemand psychisch bedrängt, Yves. Sag ihnen, daß sie das Rattengift genießen sollen. Bei dir habe ich’s vorher ’rausgefiltert. War ’ne tierische Arbeit.« Sie stellte das Tablett ab, wirbelte mit wehendem Rock auf dem Absatz herum und verschwand. Die Tür knallte sie zu und verbiß sich nur mit Mühe ein lautes Kichern.
»Was ist das?« fragte Zamorra.
»Eine kreolische Spezialität«, sagte Cascal. »Kaffee, so heiß wie die Hölle, dazu Rum und Wodka, und oben drauf der Sahneklecks, der so schön wie ein Eisberg schwimmt. Je nach Stimmung kann man den Anteil von Rum und Wodka erhöhen oder den Kaffee weglassen. Das Ganze nennt sich ›Café Mardi Gras‹.«
»Mardi Gras. Wie das Voodoo-Fest«, sagte Zamorra. »Faszinierend.«
»Es ist kein Voodoo-Fest«, widersprach Cascal. »Genießen Sie Angeliques Rattengift. Es ist ein hervorragender Kaffee-Ersatz.« Er griff nach einer der Tassen und trank vorsichtig, um sich nicht die Zunge zu verbrennen.
Nicole griff ebenfalls zu und nippte an dem Getränk. Sie schmunzelte. »Schmeckt nicht schlecht. Können wir jetzt endlich zur Sache kommen?«
»Ich dachte, es wäre eine Art Abschiedstrunk. Sie und ich - wir gehen danach in Frieden unsere eigenen Wege.«
Zamorra hob die Brauen.
»Und Sie werden die Unruhe, die Sie schüttelt, nie wieder los, Ombre.«
Der starrte ihn an wie einen Geist.
»Woher wissen Sie davon?«
***
Wieder allein, berührte Leonardo deMontagne sein Amulett. »Du warst gut«, murmelte er.
Nicht dir zuliebe, Narr, teilte Eysenbeiß sich ihm mit. Vergiß nicht, daß das Telepathenkind eine Gefahr für uns alle ist. Für jeden aus schwarzem Geblüt, nicht nur für dich jämmerlichen Fürsten der Finsternis.
Der Montagne ballte die Fäuste. Am liebsten hätte er das Amulett zerstört. Aber er war nicht sicher, ob er es noch konnte. So wollte er Eysenbeiß für seine dreisten Äußerungen bestrafen?
Er konnte es nicht. Eysenbeiß war nicht mehr körperlich präsent. Nichts mehr konnte ihn treffen. Er war als Geist im Amulett in einer überlegenen Position.
Und der Montagne konnte nichts dagegen unternehmen…
Es war eine Demütigung, die er kaum noch ertragen konnte.
Immerhin - diesmal hatte Eyenbeiß, wenn auch aus eigennützigen Interessen, für ihn gearbeitet, und er würde es in diesem Fall auch weiter tun. Er hatte das Bewußtseinsmuster, das er aufgeschnappt hatte, an Stygia weitergegeben. Er war
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