0447 - Der letzte auf dem Todesstuhl

Herkunft allerdings undeutlich blieb. Nun, Don richtete mir den Modesalon ein. Ungefähr vor einem Monat bestellte er mich zu einer Verabredung in den Central Park. Er machte einen gehetzten Eindruck, und er sagte mir ungefährl ich muß für einige Zeit, vielleicht für immer verschwinden. Er stieg in seinen Wagen und zischte davon. Ich hörte nie wieder von ihm… bis vor ungefähr einem Monat. Das Geschäft war schon geschlossen, die Girls waren schon gegangen, die Gitter heruntergelassen, als jemand gegen das Glas der Tür klöpfte. Draußen stand Don. Er war um viele Jahre gealtert, aber er hielt die überlegenironische Art aufrecht, die ich immer an ihm bewundert hatte. Natürlich ließ ich ihn ein. Ich führte ihn ins Büro und fragte ihn, ob ich etwas für ihn tun könne. Er schüttelte den Kopf und meinte: Besser, wir bleiben getrennt. Ich bin dabei, ein großes Geschäft zu landen, aber wenn es schiefläuft, muß ich eine hohe Rechnung bezahlen. Ich möchte nicht, daß du mitbezahlen mußt, Jessy.«
    Sie brach erregt ab, öffnete ihre Handtasche und kramte darin herum. Ich hielt ihr das Zigarettenpäckchen hin. »Danke«, sagte sie und bediente sich. Ich gab ihr Feuer. Sie stieß den Rauch aus.
    »Ich verdanke Don Callbrought viel. Ich sagte es schon. Er machte einen abgerissenen Eindruck. Sein Anzug war verschlissen, sein Kinn nicht einwandfrei rasiert. Er saß hinter dem Schreibtisch und zog wie spielerisch die Schubladen auf, auch die Schublade, in der der zweite Schlüssel lag.«
    »Sahen Sie, daß er ihn herausnahm?«
    »Nein, aber ich fragte, ob er etwas wünsche. Er bat um einen Whisky. Ich holte den Drink aus der Wohnung in der ersten Etage. Auf diese Weise verließ ich für fünf Minuten das Büro.«
    »Wie lange blieb Callbrought?«
    »Ungefähr eine Stunde.«
    »Sie sahen ihn danach nicht wieder?«
    Jessica Webman schüttelte den Kopf. »Nein. Er dankte für den Drink und ging.«
    Ich griff nach dem Telefon und rief das Archiv an. »Habt ihr Unterlagen über Don Callbrought?«
    Sie brauchen, wenn man einen Namen weiß, nur zwei Minuten, um festzustellen, ob das Archiv Unterlagen über den Träger des Namens enthält.
    »Don Callbrought«, wiederholte der Archivbeamte. »Der Fall ist schwarz!« Als schwarzer Fall wird eine Sache bezeichnet, die durch den Tod des Mannes, der darin verwickelt war, sich ohne Aufklärung von selbst erledigt. »Schickt mir die Unterlagen rauf«, bat ich.
    Jessica Webman drückte die Zigarette im Aschenbecher aus. Sie probierte ein Lächeln, das nicht recht gelang. »Ich hätte es Ihnen schon gestern sagen sollen, nicht wahr?«
    »Wir sind zufrieden, daß Sie es uns überhaupt gesagt haben. Hören Sie, Miß Webman! Falls Don Callbrought noch einmal bei Ihnen auftaucht, sollten Sie versuchen, uns oder die City Police zu benachrichtigen.«
    Sie versprach es. Ich brachte sie zur Tür, die Phil im selben Augenblick öffnete, als wir das Büro verlassen wollten.
    »Guten Morgen, Miß Webman«, grüßte er. Sie nickte ihm zu. Als ich die Tür hinter ihr geschlossen hatte, stöhnte Phil: »Sie sieht hinreißend aus. Falls sie verhaftet werden muß, überlaß sie mir, bitte.«
    »Immerhin hat sie etwas Ähnliches wie ein Geständnis abgelegt.«
    »Hat sie mitgeholfen, dich in die Müllgrube zu werfen?«
    Ich verzog das Gesicht. »Sei nett und sprich nicht mehr von dieser verdammten Müllgrube. Immer, wenn das Wort fällt, steigt mir der Geruch neu in die Nase. Ich beneide George Nader, der mich im Film spielt, daß er nie gezwungen wird, knietief im New Yorker Müll herumzuturnen.«
    »Das ist der Unterschied zwischen Film und Wirklichkeit«, erklärte Phil gelassen. »Wenn der Müll in einem Film benutzt würde, so lieferten sie ihn täuschend nachgemacht aus parfümierter Watte, Kork, Gips und Blechdosen aus Pappeimern.«
    »Dark Rugger.« Ich wechselte das Thema mit diesem Stichwort. Phil massierte sich den Hinterkopf. »Leider lieferte das Elektronengehirn keinen Hinweis auf die Freunde oder Freundinnen Ruggers, bei denen wir ihn suchen könnten. Der einzige Name, der im Zusammenhang mit Rugger aussortiert wurde, lautet Garry Wild. Wild war Ruggers Manager, als er noch catchte. Sein Name schwirrte in der Kartei herum, weil er in einem riesigen Wettschwindel verstrickt war und fünf Jahre absitzen mußte.«
    »Hast du seine Adresse?«
    »Selbstverständlich. Er setzte sich zur Ruhe, als er seine Strafe verbüßt hatte:« Ein Bote des Archivs erschien und brachte die Akte von