0447 - Der letzte auf dem Todesstuhl
noch offenstand. Im gleichen Augenblick krachte das Garagentor hoch. Es war ein Schwenktor, das sich nach oben bewegen ließ.
Unter dem Anprall des Wagens, der aus der Garage schoß, sprangen die Gleitrollen aus den Schienen, aber der Wagen kam frei. Während das Tor krachend gegen die Garagendecke schlug und die Gegengewichte auf den Boden aufschlugen, zischte der Schlitten über die Zufahrt.
Es war ein alter Ford, und der Mann, der ihn steuerte, duckte sich tief über das Lenkrad.
Ich feuerte, und Phil, der auf dem Bürgersteig stand, feuerte auch. Ich zielte auf die Reifen. Phil jagte von vorn das ganze Magazin in den Motor. Eine Kugel traf einen Reifen, dessen Luft pfeifend und sehr schnell entwich.
Der Wagen brach nach links aus und rasierte zwei Zaunpfähle weg, aber er besaß noch nicht genug Geschwindigkeit. Der Mann vermochte das Steuer herumzureißen. Er ließ den Fuß auf dem Gashebel, und es gelang ihm, auf die Straße zu kommen. Er kurvte nach rechts weg.
Ich versuchte den rechten Hinterreifen zu treffen, aber ich kam etwas zu hoch ab. Die Kugel schlug in den Benzintank, und offenbar schlug sie gleichzeitig ein paar Funken aus dem Blech.
Die Explosion hob das Hinterteil des Ford hoch. Der Kofferraumdeckel flog weg, und natürlich zersprangen alle Fensterscheiben. Das Auto änderte die Richtung, legte den Zaun am gegenüberliegenden Haus um und blieb zwischen Fliederbäumen und Ligusterhecken stecken. Es brannte, aber zunächst brannte nur der ausgelaufene Treibstoff und ein wenig Polster und Lackierung.
Phil rannte in langen Sprüngen über die Straße. Ich folgte ihm, sah, wie er über die Reste des niedergebrochenen Zaunes setzte und die Tür neben dem Fahrersitz aufriß. Als ich heran war, hatte er den Mann hinter dem Steuer schon an der Schulter gefaßt und bemühte sich, ihn aus dem Wagen zu ziehen.
»Andere Seite!« rief er mir zu. »Irgend etwas ist mit seinen Beinen nicht in Ordnung!«
Ich spurtete um den Wagen herum und schob mich über den Beifahrersitz in den Fahrerraum. Das Bein des Mannes hatte sich zwischen Handbremshebei und Steuersäule verkeilt. Ich löste es vorsichtig-Phil zog den Mann heraus. Ich turnte hinterher. »Faß seine Beine!« sagte Phil. »Wir tragen ihn in Wilds Haus.«
Selbstverständlich liefen von allen Seiten längst die Bewohner der anliegenden Häuser zusammen. »Rufen Sie einen Krankenwagen!« rief ich einem Mann zu. »Versuchen Sie den Wagen zu löschen!«
Die Tür zu Wilds Haus stand offen, aber der dicke Ex-Manager ließ sich nicht blicken. Wir trugen den ohnmächtigen Dark Rugger in den Wohnraum und legten ihn auf die Couch. Phil ging wieder hinaüs, um die Neugierigen zu vertreiben.
Ich untersuchte Rugger flüchtig. Er hatte eine Platzwunde an der Stirn, sie schien nicht ernsthaft zu sein. Sein Fuß war gebrochen, und wenn er zum Bewußtsein kam, würde er starke Schmerzen haben. Ich sah mich nach einer Brandyflasche um. Ich entdeckte eine Ginflasche und bemühte mich, Rugger eine Portion davon zwischen die Zähne zu gießen.
Phil kam zurück. Er brachte Wild mit. Der Manager jammerte ununterbrochen und beteuerte seine Unschuld. Rugger war noch in der Nacht bei ihm aufgetaucht, hatte ihn mit der Pistole bedroht und ihn gezwungen, ihn zu versorgen. Er hatte in den ersten Morgenstunden wieder gehen wollen, aber er war vor Übermüdung eingeschlafen, und Wild hatte nicht gewagt, ihn zu wecken. Erst durch unser Klingeln wäre Rugger aufgewacht; zu spät, um noch zu entwischen.
Der Gin wirkte. Der Catcher schlug die Augen auf. Gleich darauf verzog sich sein Gesicht. »Mein Bein!« stöhnte er. »Was ist mit meinem Bein los?«
»Gebrochen, Dark«, antwortete ich, »aber ein Arzt wird sich darum kümmern. — Du hast die Partie verloren, und du kannst deine Lage nur verbessern, wenn du auspackst. Wo finden wir deinen maskierten Chef?«
Klar, daß er sofort »sang«. Mit schmerzverzerrtem Gesicht stöhnte er: »Goulf Hotel, Houston Street«.
***
Jack Harper lag auf dem schäbigen Hotelbett, die Arme unter dem Kopf verschränkt. Zwischen seinen Lippen verqualmte eine Zigarette. Eine Menge Gedanken kreisten in seinem Kopf, aber Harper fand keinen davon gut oder auch nur vielversprechend. Er war wirklich nahe daran aufzugeben. Sehr schade, dachte er. Alles, was geschah, war nun vergeblich gewesen.
Ein kurzes Klopfen weckte ihn aus seinen Gedanken. Er nahm den Zigarettenrest aus dem Mund. Die lange Asche fiel dabei ab und bestäubte Harpers blaue Jacke.
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