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0448 - Der Nebel-Henker

0448 - Der Nebel-Henker

Titel: 0448 - Der Nebel-Henker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Nebel wird auch dichter, was auf eine größere Wasserfläche hindeutet!«
    Für Zamorra war es ein Alarmsignal. Hatte Rainier die Warnung schon vergessen, daß der Nebel eine Begleiterscheinung des Mörders war? Von diesem Augenblick an beobachtete er selbst diesen Nebel sorgfältiger und war darauf gefaßt, daß der Unheimliche jederzeit aus dem Nichts heraus auftauchte.
    Dadurch verlor er fast die Spur. Wieder einmal stellte er fest, daß das Amulett fast träge geworden sein mußte. Zamorra brauchte weit höhere Konzentration als beim Anfang ihres langen Nachtmarsches, um sie festzuhalten.
    Das wunderte ihn jetzt doch ein wenig.
    Plötzlich hielt Gryf ihn fest. »Willst du ein Bad nehmen, Alter?« stieß der Druide hervor. Zamorra riß verblüfft die Augen auf und sah vor sich eine dunkle, leicht spiegelnde Fläche, auf der sich Wellen kräuselten.
    Er stand am Seeufer und wäre fast hinein gelaufen.
    Das hätte ihm gerade noch gefehlt! Er ging ein paar Schritte zurück. »Zu starke Konzentration«, murmelte er. »Ich habe den See wirklich erst in dem Moment bemerkt, als du mich zurückgerissen hast!«
    »Trotz Nebel habe ich ihn schon vor gut hundert Metern gesehen und wunderte mich, daß du gar nichts sagtest, sondern bis zum letzten Schritt stur weitermarschiert bist. Da mußte ich dich festhalten.«
    Zamorra schluckte. »Das Amulett scheint nachgelassen zu haben«, sagte er. »Und zwar ganz erheblich, so daß ich mich sehr stark konzentrieren mußte, und jetzt - verflixt, diese Ablenkung hat schon gereicht! Ich hab’ sie verloren, die Spur! Beim Sumpfzahn der Donnerechse, das darf doch nicht wahr sein!«
    »Was für eine Echse? Donner?« murmelte Lanart im Hintergrund. »Und einen Sumpfzahn soll die haben? Solches Viehzeug gibt’s doch gar nicht… Chef! Der Sumpf! Erinnern Sie sich, daß Sie den nächsten, der Ihnen quer käme, bei Mont-de-Marsan in die Sümpfe schmeißen wollten? Hier sind wir zwar nicht so weit südlich, aber Sümpfe gibt es hier auch!«
    »Wenn Sie mich jetzt dafür loben wollen, daß ich von Anfang an unbewußt den richtigen Riecher hatte, ist es zuviel der Ehre, Pierre«, wehrte Rainier ab. »Das war nur so dahergeplappert.«
    »Aber in mir hat es eine Saite zum Schwingen gebracht, aber ich konnte damit nichts anfangen. Jetzt kann ich es, und darum sollten Sie mich für einen Orden vorschlagen. Oder wenigstens für eine Beförderung zum Oberinspektor oder zum Superintendenten. Dann kann ich nämlich im Büro auf einem trockenen Sessel sitzen und brauche mir nicht nachts in morastigem Wildwuchs einen Wolf zu laufen!«
    Rainier packte ihn mit beiden Händen an den Schultern und schüttelte ihn. »Vergessen Sie mal Ihre poetische Ader, Pierre. Sie haben doch etwas entdeckt!«
    »Habe ich auch, Chef.«
    Auch Zamorra lauschte jetzt gespannt. Ihm war es im Moment nicht mehr wichtig, daß die Spur in den See führte, dessen anderes Ufer nicht zu sehen war. Ihm war es jetzt auch erklärlich, warum der Nebel dichter geworden war. Weil nämlich der See dafür verantwortlich war mit seiner gewaltigen Wassermasse. Das war ganz normal. Mit dem Nebelmörder mußte es nicht unbedingt etwas zu tun haben. Das gab Zamorra eine gewisse Sicherheit.
    Seine Intuition sagte ihm, daß es wichtig war, was jetzt aus Pierre Lanart heraussprudelte.
    »Weiß der Teufel, weshalb ich daran nie gedacht habe! Aber das Gespräch mit Ihnen, Zamorra, als Sie nach alten Flüchen fragten, hätte mich darauf bringen müssen. Vor ein paar Jahrhunderten soll hier mal ein Mann in den Sumpf geworfen worden und jämmerlich umgekommen sein. Wie lange mag das jetzt her sein? Drei Jahrhunderte oder vier? Ich weiß es nicht. Den ›einäugigen Henker‹ haben sie ihn genannt, weil er eine Augenklappe trug. Er hat Hexen hingerichtet. Himmel, wir haben darüber lang und breit diskutiert, und auch der alte Knabe in der Schänke hat abgestritten, daß es hier bei Lencouaqc Hexenprozesse gegeben haben soll. Damit hat er wahrscheinlich auch recht, aber in Bordeaux gab es Prozesse, und in Bordeaux war der ›einäugige Henker‹ auch in Amt und Würden. Er hat die Hexen nicht verbrannt, sondern sich bei der Hinrichtung einer gewaltigen Brutalität befleißigt, die den Folterungen noch eins draufsetzte; Verbrennen wäre wahrscheinlich gnädiger gewesen als seine Hinrichtungsmethoden. Damals spielten Menschenleben keine Rolle, deshalb hat man sich das sehr lange angesehen und geduldet. Hexenjäger und Richter sagten nichts dazu; mit der

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