0450 - Sukos Totenfeier
triumphierend geklungen, richtig böse und auch genussvoll. Suko malte sich aus, wie es Shao ergehen würde, wenn die andere Seite ernst machte.
Und daran hatte der Sprecher keinen Zweifel gelassen. Er wollte die Chinesin umbringen. Nach seinem nächsten Anruf konnte Suko Shaos Leiche abholen. Er schloss die Augen und sah Shaos Gesicht vor sich.
Ein Lächeln überzog dabei ihre Lippen, die dunklen Augen strahlten, das Haar wehte im Wind, und Suko gab einen stöhnenden Laut von sich, bevor er den Kopf schüttelte. Er wollte die Erinnerung an eine fröhliche und lebenslustige Shao verbannen.
Sie hatte schon des öfteren in Schwierigkeiten gesteckt und einige haarige Abenteuer hinter sich gebracht. Auch als sie in Verbindung mit den magischen Begriff Kataya geriet, hatte ihr Leben an einem seidenen Faden gehangen.
Diesmal, so glaubte Suko, war der Faden eher noch dünner geworden als damals.
Was sollte er tun?
Er wusste sich keinen Rat. Der unbekannte Anrufer hatte mit keinem Hinweis zu verstehen gegeben, um wen es sich bei ihm handelte. Suko wusste allein, dass es ein Mann war.
Was selten bei ihm vorkam, das trat nun ein. Der Inspektor fühlte sich in diesem Augenblick überfordert. Er brauchte Hilfe, er benötigte einen gewissen Trost, er dachte auch nicht mehr an seine zahlreichen »Vettern«, mit denen er Shao suchen wollte, sondern nur an diesen verdammten zweiten Anruf. Wenn er erfolgte, konnte er Shaos Leiche abholen.
Wann würde der Apparat klingeln?
In fünf Minuten, in zehn, in einer Stunde? Oder in einem Tag oder einer Woche.
Er fand keine Antwort, konnte sie auch nicht finden, aber er wusste, was er zu tun hatte.
Mit zitternden Fingern wählte er die Nummer seines Büros im Yard Building…
***
Als ich bei Suko eintraf, fand ich einen Freund vor, der wie eine lebende Leiche aussah. So blass und bleich. Für mich stand fest, dass Suko Schreckliches hinter sich haben musste. Er schaute mich mit einem Blick an, der alle Qualen zeigte, die er durchmachte.
»John!« flüsterte er. »John, es ist einfach furchtbar.«
Ich setzte mich ihm gegenüber. »Was ist genau geschehen? Nach deinem etwas verworrenen Anruf habe ich das Schlimmste befürchtet.«
»Damit kann man auch rechnen.«
»Shao?«
»Ja.«
»Ist sie…?« Das letzte, alles entscheidende Wort wollte mir nicht über die Lippen, aber Suko wusste auch so, was ich gemeint hatte. Er schüttelte den Kopf.
»Sie ist nicht tot, John, aber viel wird daran nicht mehr fehlen, wenn das stimmt, was man mir sagte.«
»Dann fang an.« Ich gab mich bewusst burschikos, weil ich meinen Freund aufmuntern wollte.
Suko berichtete mit seiner flachen, tonlosen Stimme, die seinen inneren Zustand akustisch wiedergab. Ich hörte aufmerksam zu und erfuhr so von Sukos Bemühungen, Shao zu finden.
Je mehr Zeit verstrich, um so leiser sprach er. Schließlich presste er beide Hände gegen sein Gesicht und verdeckte dabei auch die Augen.
Die Worte, die er sprach, verstand ich nur als Zischeln. »Es war vielleicht mein Fehler. Ich hätte Shao nicht so lange allein lassen sollen. Aber der Job frisst einen Menschen auf.«
Da sagte er mir nichts Neues. Ich hatte es da besser und war nicht gebunden.
Dennoch durften wir den Kopf jetzt nicht in den Sand stecken. Das sagte ich Suko auch, der schwermütig nickte und dabei die Schultern hob.
»Wenn wir Zeit hätten, könnten wir möglicherweise eine Spur finden, aber die haben wir nicht. Jede Sekunde kann der zweite Anruf erfolgen, wo mir klargemacht wird, dass man Shao getötet…«
Da meldete sich das Telefon.
Beide erschraken wir. Suko noch mehr als ich. Er wollte schon abnehmen, diesmal kam ich ihm zuvor und sagte: »Las mich!«
»Gut.«
Ich meldete mich mit einem »Bitte«. Zunächst hörte ich nur ein ungewöhnliches Hintergrund-Geräusch, das mich an dumpfe Dschungel-Trommeln erinnerte.
Dann war der Frager da. »Es ist der zweite Anruf, Suko, aber ich sage dir noch nicht, wo du ihre Leiche abholen kannst, weil sie noch nicht tot ist. Wir bereiten im Augenblick alles für ihr spektakuläres Ende vor. Bis später…«
Aufgelegt. Unterbrochen, bevor ich eine zweite Frage stellen konnte.
Auch ich legte auf und konnte nicht vermeiden, dass sich auf meinem Gesicht eine Gänsehaut abzeichnete.
Suko streckte mir seine Arme entgegen, als wollte er mich abwehren.
»Sag jetzt nichts, John.« Seine Stimme klang schrill und kratzig. »Sag nicht, wo ich sie abholen kann.«
»Shao ist nicht tot!«
Die Augen meines
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