0451 - Schwarze Träume
Angelique auf einen netten Jungen ihrer Altersgruppe traf?
»Er war also gerade erst hier, als wir ankamen«, sagte Zamorra. Er warf Gryf einen fragenden Blick zu. Der schüttelte den Kopf. »Nichts, Alter. Ich habe seine Gedanken im Château ja auch nicht lesen können. Der Junge verstand es, sich abzuschirmen. Deshalb habe ich seine Anwesenheit nicht gespürt.«
»Nun, diese Spur dürfte also frischer sein als jede andere zuvor. Ich schätze, es wird mir nicht schwerfallen, sie aufzunehmen«, sagte Zamorra. Er hakte sein Amulett vom Silberkettchen und begann es mit Gedankenbefehlen und das leichte Verschieben bestimmter erhaben gearbeiteter Schriftzeichen zu »programmieren«. Er wollte einen Blick in die Vergangenheit werfen und Julian aufspüren, während er hiergewesen war. Dann konnte er dieser Spur durch die Zeit bis dorthin folgen, wo Julian sich jetzt aufhielt.
Nicole dachte an gewisse Ereignisfolgen.
Als sie nach Angeliques Anruf in der Nacht das Château verlassen wollten, um hierher zu fliegen, waren sie massiv daran gehindert worden. Jemand wollte nicht, daß sie Julian nachspürten. Und jetzt waren sie dennoch hier aufgetaucht. Als sie kamen, verschwand Julian, aber ein unheimlicher, schwarzgekleideter Gegner, eine Mischung aus »Captain Hook« und »Darth Vader«, hatte sie überfallen und ihnen einen gewaltigen Denkzettel verpaßt.
Für Nicole gab es einen Zusammenhang zwischen den beiden Ereignissen, und sie wurde immer sicherer, daß Julian dahinter steckte.
Aber warum reagierte er so aggressiv?
Der jüngste Kampf war fast schon bösartig zu nennen. Diesmal hatte es echte Schäden gegeben, und um ein Haar hätten sie den Überfall nicht überlebt!
Julian, warum tust du das in dieser Form? fragte Nicole sich leise. Doch vor der Antwort fürchtete sie sich fast.
Sie dachte an Sid Amos und seine bisherigen, immer von Rob Tendyke abgeblockten Versuche, mit Julian zu reden. Was zog Amos zu dem Telepathenkind?
Jetzt war Sid Amos verschwunden.
Hatte Gryf vielleicht doch recht?
War Amos wieder Asmodis geworden, und stand Julian jetzt möglicherweise unter seinem Einfluß?
***
Der Fürst der Finsternis beschloß, zwischendurch wieder einmal mit seiner Macht zu spielen. Er hatte etwas begonnen, das er weiterführen wollte. Da waren zwei Menschen, denen er den Horror ins Haus geschickt hatte. Er wollte wissen, wie weit er sie tatsächlich seinem Willen unterwerfen konnte.
Wieder sandte er den Unheimlichen aus seiner Traumwelt hinaus in die Realität, seinen schwarzen Kämpfer, der erneut zuschlagen und sich Candice Roberts und John Ivory gefügig machen sollte.
***
Zamorra konzentrierte sich auf das Amulett. Er versenkte sich mit einem Schaltwort in Halbtrance. Dadurch, daß er sich mittels Autosuggestion entsprechend präpariert hatte, verlor er so im Falle eines Falles niemals zu viel Zeit. Früher hatte er sich umständlich in Trance versetzen müssen, heute reichte ein Aussprechen dieses Wortes, auf den der posthypnotische Anker in ihm reagierte. Ein anderes Schaltwort löste den Halbtrance-Zustand wieder auf. Zamorra bekam mit, was sich um ihn herum abspielte, aber nur mit Verzögerung und wie durch eine dichte Watteschicht. Sein Geist versenkte sich in das, was das Amulett ihm zeigte.
Was es ihm zeigen sollte .
Der Drudenfuß in der Mitte der handtellergroßen Silberscheibe verschwamm, und an seiner Stelle erschien ein kleines Bild wie bei einem Miniatur-Fernsehschirm oder einem Dia-Betrachter.
Zunächst zeigte das Bild diese kleine Kellerwohnung so, wie sie war. Die Tür, die vom Treppenhaus direkt ins »Wohnzimmer« führte. Zamorra sah wie in einem rückwärts laufenden Film, wie er selbst hinausging, beziehungsweise als letzter hereingekommen war, im Rückwärtsschritt. Dann folgten die anderen. Kurze Zeit spielte sich nichts ab, dann kam Angelique - natürlich rückwärts - wieder herein.
Und dann - riß das Bild aus der Vergangenheit übergangslos ab!
Zamorra versuchte, den Faden wiederzufinden. Aber so sehr er auch zu steuern versuchte, das Bild kam nicht zurück. Er mußte noch einmal von vorn anfangen, von der Gegenwart aus. Ein zweites Mal beobachtete er den Zeitstrom rückwärts. Und wieder riß das Bild an derselben Stelle ab.
Das war kein Zufall mehr. Das war manipuliert! Jemand wollte nicht, daß er die Begegnung zwischen Julian und Angelique beobachtete!
Er nahm einen dritten Anlauf, versuchte diesmal, die Energie zu verstärken. Er spürte zugleich, welche Kraft
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