0454 - Der blutrote Zauberteppich
hören?«
»Nein, nicht direkt.«
»Aber Ihr kennt ihn?«
»Das ja. Aber es verbinden sich Erinnerungen daran.«
»An wen. Vielleicht an Blanche de Valois?«
»Wer ist das?«
Plötzlich wurde der Mann mißtrauisch. »Ihr habt nichts von der Beerdigung gehört, die das Land und die Stadt aufgerüttelt hat?«
»Nein, ich bin fremd…«
Bertrand de Valois winkte ab. »Ich habe Euch Vertrauen geschenkt und werde auch weiterhin nicht von diesem Weg abweichen. Vor einigen Tagen wurden die Gräfin Blanche de Valois, die Schwester König Philipps zu Grabe getragen. Neben dem Sarg schritt der König, und hinter ihm, inmitten hoher Würdenträger, Jacques de Molay. Ob er etwas ahnte, wissen wir nicht. Nach der Beerdigung jedenfalls wurden die geheimen Befehle des Königs, die er schon zuvor als versiegelte Briefe überall im Land verteilt hatte, gebrochen. Damit begann die Tötung der Templer. Wir, die Valois, sind Templer.«
»War Blanche es auch?«
»Sie hat uns nicht verraten.«
»Das werde ich auch nicht. Da könnt Ihr beruhigt sein, Bertrand de Valois.«
»Ich wußte es.« Er legte mir eine magere Hand auf die Schulter. Sein Griff aber war fest. »So, ich möchte Euch jetzt meine drei aufrechten Freunde vorstellen, die sich ebenfalls bereitgefunden haben, den Kampf gegen den König aufzunehmen.«
Ich erfuhr die Namen der Männer, behielt sie aber nicht beim erstenmal. Es war auch unwichtig.
Zunächst einmal mußten wir versuchen, an den Teppich zu gelangen.
»Wißt ihr, wo sich der Teppich befindet?« fragte ich. Wir standen jetzt im Kreis, und ich wartete gespannt auf die Antwort.
Bertrand gab sie. »Ja, wir müssen dorthin, wo Jacques Molay seine Schatzkammer gehabt hat.«
»Die sicherlich gefunden und auch geplündert wurde, wie ich annehme.«
Der Templer nickte. »So ist es. Aber und das wissen nur wir - es gibt einen Geheimgang, von dem wir annehmen, daß ihn die Schergen des Königs noch nicht entdeckt haben. Diesen Gang werden wir nehmen und so in die Schatzkammer gelangen.«
»Der Vorschlag klingt gut«, gab ich zu. »Wenn ich mich allerdings in dieser Höhle umschaue, entdecke ich keinen Ausgang.«
»Es gibt ihn!« berichtigte mich einer der Männer. »Ihr könnt Euch darauf verlassen.«
»Und man hat diesen Ort noch nicht entdeckt?«
»Nein, er gehört zu den Geheimnissen der Templer, die nicht weitergegeben wurden.« Bertrand hatte gesprochen, und er deutete auf das Wasser. »Es ist eine Laune der Natur, daß eine Strömung so entsteht und jemand durch den Tunnel zieht, anstatt ihn wieder auszuspeien. Wir wissen dies, die Soldaten des Königs und dessen Getreue allerdings nicht. Sie rechnen damit, daß derjenige ertrinkt, der in den Fluß fällt und von den Fluten fortgezogen wird.«
»Dann wird man auch mich für tot halten.«
»So ist es.«
Allmählich bekam auch ich eine größere Hoffnung und rechnete damit, daß wir es schaffen konnten.
Noch einmal fragte ich nach dem Ausgang, und Bertrand de Valois drehte sich um.
»Folgt mir, bitte.«
Ich schritt hinter ihm her. Die drei anderen schlossen sich mir an.
Wir gingen quer durch die Höhle, bis wir dort stehenblieben, wo sich zahlreiche Steine in die Höhe türmten und einen regelrechten Hügel bildeten, der von der Höhlenwand an der Rückseite abgestützt wurde.
Man bat mich, mit der Lampe zu leuchten. Ich mußte auf die Knie gehen und entdeckte seitlich sowie inmitten des Gesteins eine Öffnung, in die ein Mensch hineinkriechen konnte.
»Dort müssen wir durch«, erklärte der Templer.
Noch kniend fragte ich: »Soll ich den Anfang machen?«
»Wenn Ihr Euch traut.«
»Natürlich. Deshalb bin ich gekommen. Auch ich will das Geheimnis dieses Teppichs lösen.«
Noch während der letzten Worte schob ich mich bereits vor. Mit den Schultern schabte ich zwar am Gestein entlang, aber ich kam durch, leuchtete wieder und stellte fest, daß der scharfe Lichtstrahl wie eine helle Messerklinge in einen Tunnel oder Stollen schnitt.
Da der Tunnel sehr niedrig war, mußte ich auf den Knien bleiben. Nicht immer ein Vergnügen, denn einzelne Steine lagen auf dem Boden.
Die Templer folgten mir. Ich hörte ihr Atmen hinter mir. Manchmal sprachen sie auch wispernd miteinander, aber ich verstand leider nicht, was sie sagten.
Die Luft war ungewöhnlich schlecht. Zudem stank auch meine Kleidung nach dem Schmutzwasser der Seine, und dieser Geruch trug nicht gerade dazu bei, die Luft zu verfeinern.
Wenn man durch die Dunkelheit schleicht, wird
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