0454 - Der blutrote Zauberteppich
im Geheimen arbeiten, zudem wurden sie von den Baphometh-Templern verfolgt.
Natürlich stand auch John Sinclair auf ihrer Liste, aber der Geisterjäger wußte sich eben besser zu wehren, und so hofften die Templer, daß ihr Plan klappte.
Erst als der Abbé zweimal nickte, regten sich auch die anderen drei. Ihre Bewegungen waren gleich, als sie nach den Riegeln tasteten und die Türen öffneten.
Vier schwangen auf.
Kühle Luft verdrängte die stickige innerhalb des Wagens, und die Templer verließen den Citroën.
Neben dem Fahrzeug blieben sie stehen und drückten die Türen wieder sanft zu.
In ihrer dunklen Kleidung hoben sie sich kaum von der Umgebung ab.
Das Warten setzte sich fort. Diesmal allerdings taten sie etwas. Ein jeder von ihnen war mit einem Nachtglas ausgerüstet. An Lederriemen hingen die Gläser um ihre Hälse.
Der Abbé setzte sich wieder als erster in Bewegung, verließ den schützenden Wald und blieb am Ende einer Sackgasse stehen. Von dort schaute er auf einen Park und die Seine-Brücke, über die die Straße Pont Neuf führte. Der Blick in den Himmel über Paris war frei.
Bloch hatte das Glas mit beiden Händen umklammert. Sein schmales Gesicht war unbewegt. Der Wind spielte mit seinem grauen Haar. Wer ihn genauer anschaute, entdeckte auch die innere Spannung, unter der dieser Mann regelrecht litt.
Es mußte bald soweit sein…
Der Abbé vernahm hinter sich die Schritte seiner Begleiter. Als sie verstummten, hob er das Glas an und drückte es gegen seine Augen. Er legte den Kopf in den Nacken, um in den Himmel schauen zu können. Durch den Restlichtverstärker des Glases sah er fast so gut wie am Tag und konnte sogar die Wolken erkennen, die dort träge mit dem Wind zogen.
Es war für ihn und seine Freunde die Nacht der Entscheidung. Wenn es John Sinclair nicht schaffte, war die letzte Möglichkeit vertan. Dann gab es kein Zurück mehr.
Deshalb drückten sie alle dem Geisterjäger die Daumen. Sie hatten ihn nicht in Paris eintreffen sehen, aber sie wußten, daß er in der Stadt war und hoffentlich den Spuren folgen würde, die sie gelegt hatten.
Jeder von ihnen suchte in einer bestimmten Himmelsrichtung. So hatten sie alle im Blickwinkel. Sie sahen den Widerschein der Lichter, auch die sich bewegenden Punkte am Himmel, wenn Flugzeuge ihre Bahn zogen, aber sie entdeckten ihr eigentliches Ziel nicht.
Es war auch noch Zeit…
Minuten vergingen. Auch in der Nacht war es auf der Insel nicht ruhig. Irgend jemand bewegte sich dort immer. Sie hörten mal das Anlassen eines Motors, dann fuhren Wagen über die Brücke vor ihnen, hin und wieder erreichte auch eine Stimme ihre Ohren, ansonsten blieben sie ungestört.
Und sie schauten weiter in den Himmel, der für sie nicht mehr so dunkel war.
Bis einer von ihnen den Teppich entdeckte!
Er schrie nicht vor Überraschung, eine kurze Bemerkung reichte aus, um die anderen aufmerksam werden zu lassen. Der Mann hatte seinen Arm ausgestreckt und deutete in die Höhe.
Auch die anderen drei Templer folgten dieser Blickrichtung. Sie schauten durch die Gläser, und es war der Abbé, der eine erste Bemerkung abgab.
»Ja«, sagte er. »Das ist er. Das ist der Teppich, und er fliegt nicht allein…«
Es war für die Männer schon faszinierend zu beobachten, wie sich der Teppich bewegte. Wellenförmig schlenkerte er durch die Luft. Auf ihm hockte die Gestalt eines blondhaarigen Mannes, der sich mit beiden Händen am Rand des Teppichs festklammerte.
John Sinclair!
Abbé Bloch hielt das Glas nur mehr mit der linken Hand. Die Rechte hatte er zur Faust geballt und drückte seine Fingerspitzen hart in das Fleisch der Ballen.
Er hatte einen hohen Einsatz gespielt und hoffte nur, daß sich dieser auch bezahlt machte. John Sinclair durfte ihn nicht enttäuschen. Für sie und für viele andere mußte er diese Reise unternehmen, denn er hatte ein schweres Erbe zu verteidigen.
Sie beobachteten den Teppich auch weiter, der scheinbar ziellos über Paris hinwegflog. Aber sie wußten genau, daß es ein Ziel geben würde.
Nur keines, das mit einfachen Worten zu erklären war. Das Ziel lag weit entfernt, war trotzdem nah, man mußte nur hinüberspringen. Das eben war das große Kunststück.
»Er tut nichts, gar nichts«, sagte einer der Templer.
»Das braucht er auch nicht«, erklärte der Abbé. »John Sinclair soll jetzt noch nichts unternehmen. Nur fliegen, nur fliegen…«
Die Antwort des Abbés hatte den übrigen gereicht. Sie gaben keinen Kommentar mehr
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