0455 - Der Lord und die Geister-Lady
ihm?«
»Weil er noch beim Arzt ist.«
»Ist er krank?«
»Nicht direkt. Er sagt ja nichts. Mir erzählte er, daß sein Kopf untersucht werden sollte.«
Ich grinste. »Vielleicht eine Verkalkung.«
»Das glaube ich nun nicht.«
»Okay, Glenda, war auch nur ein Scherz. Kommen wir wieder zu Suko. Du weißt also nichts?«
»Nein, er ist und bleibt verschwunden, obwohl er hier im Yard war, wie ich hörte. Das war vorgestern am Abend.«
Ich wäre fast in die Höhe gesprungen, hielt mich im letzten Augenblick noch zurück. »Tatsächlich?«
»Ich hörte es.«
»Von wem?«
»Nicht von Sir James. Es kam mir auch vor wie ein Gerücht. Jedenfalls hat der Kollege in der Halle Suko gesehen. Suko muß nach Sir James gefragt haben. Er war auch nicht lange da. Mehr weiß ich auch nicht.«
Ich ballte die Hand und schlug mit der Faust auf den Tisch. »Verdammt, man hätte ihn festhalten müssen.«
»Wie denn, John?«
»Ja, du hast recht. Es war dumm von mir, so zu reagieren. Aber er ist nicht ohne Grund erschienen. Irgend etwas stimmt da nicht. Dessen bin ich mir sicher.«
»Frag Sir James.«
»Mach ich auch. Wann kommt er wieder zurück?«
»Eine Zeit hat er nicht genannt. Du kannst ja in der Zwischenzeit alte Akten lesen.«
»Danke, mir fällt schon was Besseres ein.«
Das Bessere war ein Telefongespräch, das ich mit meinem Freund Bill Conolly führte. Die Stimmung des Reporters war ziemlich down. Als ich nach dem Grund fragte, wollte er zuerst mit der Sprache nicht heraus. Bis er mir nach zweimaligen Nachstochern dann erklärte, daß man ihm eine Artikel-Serie abgelehnt habe.
»Dir, Bill? Das ist doch nicht möglich.«
»Doch, es ist wahr.«
»Und wieso?«
»Will ich dir sagen. Neue Besen kehren gut. Die haben einen Chefredakteur bekommen, der alles umdrehen will. Mal sehen, wie lange er sich hält. Meine Sorgen sind nicht deine Sorgen, John. Du willst bestimmt wissen, ob ich was von Suko gehört habe.«
»So ist es.«
»Habe ich nicht.«
»Er hat sich hier beim Yard blicken lassen, als ich mich in Paris aufhielt.«
»Was wollte er?«
»Das weiß ich nicht.«
Bill stöhnte auf. »Unser Freund entwickelt sich allmählich zum Problem. Hältst du mich auf dem laufenden, falls du Neuigkeiten erfährst, John?«
»Das mache ich glatt. Bis bald dann.«
»Bill weiß also auch nichts«, sagte Glenda, die unser Gespräch mit angehört hatte.
»So ist es.«
»Dann ist Sir James unsere letzte Hoffnung. Möchtest du noch einen Kaffee?«
»Gern.«
Sie brachte zwei Tassen und rauchte auch mit mir zusammen eine Zigarette. Ich fragte sie nach Jane Collins und erfuhr, daß es der Detektivin in ihrem neuen Zuhause, bei Lady Sarah Goldwyn, der Horror-Oma, sehr gut gefiel. »Du solltest die beiden mal besuchen, John.«
»Das mache ich, sobald ich die entsprechende Zeit finde. Wenn ich anrufe, werde ich wieder festgenagelt. Bei Lady Sarah kann ich so schlecht nein sagen.«
Glenda lachte. »Das hat sich bereits herumgesprochen.«
Es dauerte nicht mehr lange, bis sich das Telefon meldete und Sir James anrief.
»Können Sie kommen, John?«
»Ich bin schon unterwegs.«
Glenda lächelte mir zu. »Viel Glück, John. Jetzt wirst du ja sicherlich mehr erfahren.«
»Das hoffe ich auch.«
Sir James saß nicht hinter seinem Schreibtisch, er stand am Fenster, schaute hinaus und drehte sich erst um, als er mein Räuspern hörte.
»Guten Morgen, Sir«, sagte ich.
»Ich begrüße Sie.«
Wir schauten uns an, und ich sah hinter dem Ohr ein frisches Pflaster, das man Sir James aufgeklebt hatte.
»Sind Sie verletzt, Sir?«
»Ja.« Er atmete schwer. »Und um diese Verletzung geht es auch. Nehmen wir Platz.«
Er setzte sich hinter seinen Schreibtisch, ich davor, und Sir James kam ohne Umschweife zur Sache. Schon mit dem ersten Satz versetzte er mir einen nicht eben gelinden Schock.
»Diese Verletzung verdanke ich Ihrem Freund und Kollegen Suko. Er kam und schlug mich nieder.«
Ich jumpte hoch. »Was sagen Sie da?«
»Setzen Sie sich wieder, John. Sie haben richtig gehört. Suko schlug mich nieder.«
»Das kann ich nicht begreifen.«
Sir James lachte, und es klang bitter. »Auch für mich war es eine Ungeheuerlichkeit, aber ich habe Suko irgendwie verstehen können, daß er so gehandelt hat. Deshalb habe ich die Sache auch nicht an die große Glocke gehängt, obwohl er mir erklärte, daß er seine Arbeit hier hinwerfen würde.«
»Das hat ja so kommen müssen«, flüsterte ich.
Sir James legte seine Hände
Weitere Kostenlose Bücher