0455 - Der Lord und die Geister-Lady
gegeneinander. »Ich will der Reihe nach berichten, John, und dann möchte ich Ihren Kommentar dazu hören und was Sie vorschlagen. Anschließend müssen wir noch über eine Sache reden, aber zunächst einmal Suko.«
Normalerweise war ich es, der meinem Chef über irgend etwas informierte. Jetzt war es umgekehrt, und ich hörte Sir James gespannt zu.
Er wollte einen Kommentar haben, aber ich war einfach zu überrascht, um einen abgeben zu können. Der Schock saß einfach noch zu tief in mir. So schüttelte ich den Kopf. »Das ist für mich noch unfaßbar, Sir.«
»Ja, das kann ich verstehen. Mir erging es ebenso.«
»Er hat also den Würfel!« flüsterte ich.
»Nicht nur das, John. Suko scheint daran zu glauben, daß Shao nicht normal tot ist. Was immer das zu bedeuten haben mag.«
Ich schüttelte den Kopf. »So etwas ist schwer zu erklären, Sir. Ich kann mir schon vorstellen, daß er gewisse Hoffnungen in Shaos Abstammung legt. Vielleicht glaubt er daran, daß die Sonnengöttin sie geschützt haben könnte.«
Sir James verzog die Mundwinkel. »Was natürlich schwer zu beweisen wäre.«
»Für uns ja.«
»Er hat den Würfel.«
»Richtig, Sir. Nur glaube ich nicht, daß er durch Hilfe des Würfels Tote wieder zum Leben erwecken kann. Dann wäre er ja auf eine gewisse Art und Weise allmächtig.«
»Kennen Sie die gesamte Kraft und Macht des Würfels, John?«
»Noch nicht.«
»Dann würde ich an Ihrer Stelle mit gewissen Behauptungen vorsichtiger sein. Ich traue dem Braten einfach nicht. Als noch schlimmer empfinde ich es, daß Suko alles im Alleingang versuchen will. Andererseits ist es auch verständlich. Vielleicht hätten Sie oder ich an seiner Stelle nicht anders gehandelt.«
»Möglich.«
»Wie dem auch sei, wir müssen etwas tun. Sie bleiben vorerst in London, John, und kümmern sich intensiv um diesen Fall. Ich habe das Gefühl, daß sich einiges ändern wird, wo Suko jetzt den Würfel besitzt. Oder sehe ich das falsch?«
»Nein, das glaube ich nicht. Mir gefällt nur nicht, daß wir praktisch in die Defensive gedrängt worden sind. Ich hätte gern selbst agiert. So bleibt nur abzuwarten, ob wir eine Spur finden.«
»Vorausgesetzt, John, unser Freund hinterläßt eine.«
Sir James hatte auf seine Uhr geschaut. »Erwarten Sie noch jemand?«
»Ja, einen Besucher, den ich gern zu Ihnen führen möchte, John. Er muß etwas Schreckliches erlebt haben.«
»Und was?«
»Ich weiß es nicht. Mir ist nur bekannt, daß er als Butler sein Geld verdient.«
»Wann soll er kommen?«
»Gegen elf Uhr.«
»Das wäre in zehn Minuten«, erwiderte ich nach einem Blick auf meine Uhr. »Ich empfange ihn dann in meinem Büro.«
»Gut, berichten Sie mir dann, was er gewollt hat.«
»Natürlich.«
Glenda hatte schon auf mich gewartet. Sie war neugierig und wollte wissen, ob Sir James eine Spur von Suko gefunden hatte.
Ich hob die Schultern. »Leider nein.«
Sie wunderte sich. »Das verstehe ich nicht, John. Er war doch hier im Yard.«
»Ja, aber er ist gegangen.« Ich gab die Antwort schon in meinem Büro.
Von dem Niederschlag erzählte ich Glenda nichts.
»Was hat er denn gewollt?« Glenda ließ nicht locker.
»Das ist schwer zu sagen. Jedenfalls will Suko seiner Arbeit nicht mehr so nachkommen wie früher. Er ist zu einem Einzelgänger geworden und wird die Sache allein in die Hand nehmen.«
»Aber Shao ist tot. Daran kann er nichts ändern.«
Ich hob die Schultern und ließ mich auf meinen Schreibtischstuhl fallen. »Man hat die Leiche nicht gefunden. Das bereitet Suko Sorge. Er will sie finden.«
»Und was hat er dann erreicht?«
Ich lachte Glenda an. »Das mußt du ihn schon selbst fragen. Vorausgesetzt, er kehrt noch mal lebend zurück.«
»Du rechnest also mit einer Gefahr?«
»Sicher.«
Auch Glenda setzte sich. »Mal ehrlich, John, was hat Suko hier gewollt? Du wirst doch mit Sir James darüber geredet haben.«
»Ja, er hat den Würfel geholt.«
»Sag nur.« Glenda räusperte sich. »Was kann er damit erreichen?«
»Keine Ahnung. Vielleicht versucht er, durch den Würfel Shao auf die Spur zu kommen.«
Glenda dachte einen Moment nach. »Hat er eine Chance?«
»Kann ich nicht sagen.«
»Was willst du denn jetzt unternehmen?«
»Ich warte auf einen Besucher.«
Glenda schlug gegen ihre Stirn. »Stimmt, da hat sich jemand angemeldet. Vielmehr, man hat ihn an uns verwiesen, weil die Kollegen nicht mit ihm zurechtkamen.«
»Kennst du den Namen?«
»Ich habe ihn mir aufgeschrieben.«
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