0456 - Gedungen und zum Mord bestellt
Erst als sie die Tür von außen wieder abschloß, bemerkte sie bissig: »Vielleicht beschaffen Sie sich einen Haussuchungsbefehl, kommen wieder und fahnden nach Miß Mason.«
»Es ist nicht ausgeschlossen, daß ich wiederkomme«, entgegnete ich, »jedenfalls darf ich Sie bitten, mich anzurufen, wenn Miß Mason zurückkommt. Denn sie schwebt in Lebensgefahr. Hier haben Sie die Karte mit meiner Telefonnummer.«
Ohne daß ich ihn aufgefordert hatte, blieb Mr. Parker an meiner Seite.
»Sie jagen mir Angst ein, Mr. Cotton«, sagte er, als wir auf der Straße standen, »was ist passiert?«
»Ich darf Sie bitten, mich zum FBI-Gebäude zu begleiten. Ich habe einige Fragen an Sie zu richten, die Miß Mason betreffen.«
Wir gingen zum Jaguar.
»Besitzen Sie einen Waffenschein?« fragte ich, als ich den Motor startete. »Nein, wie kommen Sie darauf?«
»Tragen Sie eine Waffe bei sich?«
»Nein. Aber was soll das alles? Ich stehe vierundzwanzig Stunden vor der Hochzeit. Da verschwindet meine Braut plötzlich.«
»Woher wissen Sie, daß Shirley verschwunden ist?«
»Nun, wir waren gestern in der Palm-Bar verabredet. Aber Shirley ist nicht gekommen. Ich bin anschließend ins San Carlos gefahren. Aber sie war nicht in ihrem Apartment. Heute morgen habe ich ihr Blumen schicken lassen — die langstieligen Rosen, die neben ihrem Bett standen. Als ich eine Stunde später anrief, erfuhr ich, daß Shirley nicht im Hause war. Ich nahm sofort ein Taxi und fuhr zum San Carlos. Wenige Minuten später kamen Sie. Was ist mit Shirley Mason? Warum haben Sie sie vernommen?«
»In welchem Hotel wohnen Sie, Mr. Parker?« antwortete ich mit einer Gegenfrage.
»Im Lexington, auf der 48. Straße.«
»Seit wann befinden Sie sich in New York?«
»Seit drei Tagen — aber zum Kuckuck, was hat das alles mit dem Verschwinden von Shirley zu tun?«
»Das versuche ich seit einigen Minuten herauszufinden, Mr. Parker«, entgegnete ich.
»Sie glauben doch nicht, daß ich etwa…«, brauste er auf.
»Wenn eine Frau in dem Alter verschwindet, geraten alle in Verdacht, etwas damit zu tun zu haben. Das werden Sie doch einsehen. Seit wann kennen Sie Miß Mason?«
»Seit einem Vierteljahr. Ich habe Sie durch eine Heiratsanzeige kennengelernt.«
»Sie haben inseriert und suchten eine Frau?«
»Nein, ein Heiratsinstitut hat für Shirley eine Annonce aufgegeben. Ich habe sie noch in der Brieftasche.«
Ich beobachtete ihn von der Seite, als er einen Zeitungsabschnitt herauszog.
»Lesen Sie vor«, sagte ich. »Heiratsinstitut Luckerer sucht passenden Lebensgefährten für attraktive Blondine, 36, die bisher ihren Beruf (Tänzerin) geliebt hat und sich nun danach sehnt, ein wenig verwöhnt zu werden. Reichtum ist nicht Bedingung. Wenden Sie sich vertrauensvoll an Luckerer — Eheanbahnung, New York 21, 53 West 499.«
Parkers Profil verriet den cleveren Geschäftsmann, der überall seine Vorteile suchen würde.
»Miß Mason gefiel Ihnen, und Sie beschlossen zü heiraten?«
»Ja, natürlich. Shirleys Offenheit hat mich beeindruckt. Das Heiratsinstitut hatte zwar verschwiegen, daß sie mehrere Male verheiratet war, mir hat sie es allerdings gleich am ersten Abend gebeichtet. Ich finde sie hinreißend in ihrer offenen Art. Haben Sie nicht den gleichen Eindruck von ihr, Mr. Cotton?«
»Ich habe nur dienstlich mit Miß Mason zu tun«, wich ich aus, »sie war mit einer Carol Landini befreundet, die gestern morgen auf der Straße erschossen wurde.«
»Dann kann ich allerdings verstehen, daß Shirley gestern nicht zu erreichen war«, murmelte er, »bei der seelischen Erschütterung.«
»Allerdings hatten die beiden sich seit fünfzehn Jahren nicht mehr gesehen, denn Miß Landini hat wegen Totschlags im Zuchthaus gesessen. Es bestand überhaupt keine Verbindung mehr zwischen ihnen.«
»Aber was hat Shirley dann mit der Angelegenheit zu tun?« fragte er ungeduldig.
Ich mußte mich für einige Sekunden auf den Straßenverkehr konzentrieren. Wir überquerten die Fifth Avenue und bogen nach links in die Madison Avenue ein.
»Wir versuchen seit zwei Tagen herauszufinden, was Miß Mason mit diesem Mord zu tun hat. Es ist uns noch nicht gelungen, die Zusammenhänge zu klären. Vielleicht können Sie uns dabei helfen?«
»Ich — Ihnen dabei helfen? Wie denn? Ich kenne Shirley — wie man einen Menschen eben kennt, dem man begegnet, mit dem man einige nette Stunden verlebt, denn schließlich konnte ich ja nicht jeden Tag von Boston nach New York fliegen. Die
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