0457 - Heiße Sehnsucht nach Sing-Sing
steckt das Mädchen?«
»Keine Ahnung. Aber jetzt versucht natürlich auch die Mordkommission, Miß Herold schnellstens zu finden.«
»Gut. Bleiben Sie mit der Mordkommission in Verbindung, damit wir es sofort erfahren, wenn Miß Herold gefunden wurde. Übrigens hat unsere Suche nach dem ausgebrochenen Sträfling noch einen verdammt unangenehmen Beigeschmack erhalten. Dieser Batters hat das zehn- oder elfjährige Mädchen eines Farmers gekidnappt und jetzt noch wahrscheinlich bei sich. Alle FBI-Distrikte in den Bundesstaaten New York, Massachusetts, Connecticut, New Jersey und Pennsylvania haben höchste Alarmbereitschaft.«
***
Es war gegen sechs Uhr abends, als das »Komitee« mit Plakaten im Italiener-Viertel südlich von Harlem zu einer weiteren Versammlung aufrief. Dieser Stadtteil gehörte nicht zum Revier von Captain Hensley, so daß der Captain auch erst später von dieser Versammlung erfuhr.
Im zuständigen Revier tat um diese Zeit ein junger Lieutenant namens Josuah Fitzgerald Woolton Dienst als wachhabender Offizier. Um achtzehn Uhr meldete sich über eine der Polizeirufanlagen von seinem Streifenwagen der Patrolman Walt Stone.
»Lieutenant«, schlug der Patrolman mit aufgeregter Stimme vor, »Sie sollten umgehend ein paar Mann Verstärkung zu mir schicken.«
»Warum? Was ist denn los?«
»Dieses verdammte ›Komitee gegen Technik‹ — oder wie der Verein sich sonst nennen mag — veranstaltet hier eine Versammlung. Sie kennen doch das Temperament der Südländer. Wenn es Welshire auf die Spitze treibt mit seinen Hetzreden, geht hier unten das halbe Viertel in die Luft.«
Der Lieutenant fragte nach der Straße, wo die Versammlung stattfand. Nachdem er sich den Namen notiert hatte, überschlug er die Zahl der Beamten, die ihm als Reserve für besondere Fälle zur Verfügung stand. Während er damit beschäftigt war, fiel ihm jäh die Meldung ein, die am Vormittag an alle Reviere durchgegeben worden war.
»Sagen Sie mal«, forderte er den Patrolman auf, »gibt es in der Straße, wo sich die Leute zusammenrotten, ein Juweliergeschäft?«
»Aber ja, Sir«, erwiderte der Streifenpolizist. »Die Firma Pertucci & Sons. Das große Geschäft mit den sechs Schaufenstern.«
»Ja, richtig«, murmelte der Lieutenant. »Ich schicke Ihnen sechs Mann ’runter in einem Wagen mit Sprechfunkverbindung. Einer soll ständig im Wagen und am Sprechfunkgerät bleiben. Zwei Mann sollen sich von den Eigentümern des Juweliergeschäftes im Laden einschließen lassen. Die anderen drei stehen Ihnen zur Beobachtung der Versammlung zur Verfügung. Solange die Leute nur ein bißchen herumschreien, lassen Sie sie schreien. Das regt ab. Greifen Sie erst ein, wenn die Geschichte womöglich ernstere Formen annimmt. Verstanden?«
»Ja, Sir.«
»Aber lassen Sie mich über das Sprechfunkgerät im Wagen ständig auf dem laufenden halten. Und noch eins! Achten Sie besonders auf die Schaufenster dieses Juweliergeschäftes! Sollte jemand etwa ›zufällig‹ in so ein Fenster stürzen oder angeblich hineingestoßen werden, dann nehmen Sie diese Person sofort fest und bringen Sie sie zum Revier.«
»Wenn einer ins Fenster fällt? Da würden wir doch normalerweise nur die Personalien feststellen und —«
»Sie tun, was ich Ihnen gesagt habe. Wenn dieser Zwischenfall mit dem Fenster tatsächlich geschehen sollte, rufen Sie sofort hier an. Und schicken Sie dann die zur Verstärkung ’rausgeschickten Leute unverzüglich in den Hof und an die Rückfront des Gebäudes, in dem Pertucci sein Flitterzeug verhökert. Haben Sie das alles richtig verstanden?«
»Ich denke schon, Sir…« meinte der Patrolman und wiederholte in Stichworten die Befehle des Lieutenants. Danach wurde das Gespräch beendet.
Zur gleichen Zeit besprachen sechs Gangster in ihrem Versteck noch einmal die Einzelheiten des Coups, den sie vorhatten. Einer von ihnen hieß Lionel Batters.
***
Der Nachmittag verging bei mir wie im Fluge. Die Ermordung des Negers Benjamin Ale, der am Vormittag so laut seine Lynchforderungen gebrüllt hatte, ließ in mir einen vagen Verdacht aufkommen, dem ich nachgehen wollte.
Zuerst fuhr ich zur Kraftfahrzeug-Registratur der Stadtverwaltung. Ich zeigte meinen Dienstausweis und erhielt vom Leiter des Amtes die Erlaubnis, in der Kartei zu suchen. Eine junge Angestellte sollte mir dabei behilflich sein.
»Ein schwarzer Ford-Lastwagen? Zu anderthalb Tonnen?« fragte das Mädchen. »Darüber hat die Stadtpolizei schon mit uns gesprochen.
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