Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0457 - Heiße Sehnsucht nach Sing-Sing

0457 - Heiße Sehnsucht nach Sing-Sing

Titel: 0457 - Heiße Sehnsucht nach Sing-Sing Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren:
Vom Netzwerk:
einzusehen?«
    Ich hatte während meiner Ansprache, die mir der Ärger über seine bornierten Ansichten herausgetrieben hatte, nicht auf die anderen Leute geachtet. Als ich mit meinem Speech gerade fertig war, klopfte mir jemand dröhnend auf die Schulter und rief polternd:
    »Bravo, mein Junge! Sag diesem alten Narren die Meinung! Es ist sowieso seine letzte Gelegenheit, sich so etwas anzuhören. Na, Mister Gernegroß wird ja auf einmal so blaß unter seiner dunklen Haut? Hat er Angst, der Volksredner?« Ich drehte mich verwundert an der Theke um. In das Lokal waren ungefähr zwölf oder dreizehn Männer eingedrungen, und alle waren bewaffnet. Die meisten hatten Jagdflinten in den Händen, und bei einigen war der- Lauf abgesägt. Ich kannte die fürchterliche Wirkung von solchen gekürzten Schrotflinten nur zu gut.
    »Was wollen Sie?« fragte ich den stämmigen Burschen, der mir auf die Schulter geklopft und ganz unerwünscht Beifall gezollt hatte.
    »Wir wollen diese aufrührerische Ratte abholen und uns ein bißchen mit ihm unterhalten«, erwiderte der Mann gedehnt und triefend vor Ironie. »Er denkt, er kann einfach alles angreifen, was Amerika groß Und reich gemacht hat. Das werden wir ja sehen.«
    Na, so etwas hatte mir gerade noch gefehlt.
    David Welshire war tatsächlich blaß geworden. Er wich ein paar Schritte zurück, bis er mit dem Rücken gegen die Theke stieß. Ich sah mich derweil aus den Augenwinkeln um. Die Weißen hatten sich in einem Halbkreis so postiert, daß sie praktisch das ganze Lokal unter Kontrolle hielten. Man brauchte nur in ihre von Alkohol und Leidenschaft geröteten Gesichter zu blicken, um sofort zu wissen, daß sie nicht weit von der Massenhysterie entfernt waren, in der alles, aber auch alles passieren kann.
    »Ich gehe nicht mit!« rief Welshire schrill. »Sie wollen mich umbringen! Es steht in ihren Gesichtern! Sie wollen mich umbringen!«
    »Umbringen!« lachte der stämmige Sprecher der Männer höhnisch. »Welch ein häßliches Wort! Wir wollen mit dir nur über deine Thesen diskutieren. Über ein natürliches Amerika' zum Beispiel. Und damit wir bei dieser wichtigen Unterhaltung nicht gestört werden, fahren wir an einen ruhigen Ort, wo wir vor Überraschungen sicher sind.«
    Welshire ließ seinen Blick von einem geröteten Gesicht zum anderen gleiten. Dann nickte er bitter.
    »Ich weiß schon«, sagte er leise. »Ihr wollt mich um bringen.«
    »Du bist ein ausländischer Agent!« kreischte einer der Jüngeren aus der Schar der bewaffneten Männer. »Du wirst dafür bezahlt, Amerika zu verraten! Du dreckiger Verräter!«
    »Du dummer Lausejunge!« schrie Welshire wütend. »Dir sollte man…« Er kam nicht weiter. Der Stämmige hatte ihm die geballte Faust mitten auf den Mund geschlagen.
    »Halts Maul!« brüllte er dabei. »Von dir lassen wir uns nicht einseifen!«
    »Man sollte den Kerl kurzerhand aufhängen!« kreischte der Junge.
    Welshire hielt sich mit dem linken Arm an der hohen Theke fest. Aus seinen Mundwinkeln und aus der Nase sickerte Blut.
    Ich besah mir ihre Gesichter, ihre vom Alkohol fast glasigen Augen. Der Barkeeper hüstelte. Ich wechselte einen schnellen Blick mit ihm. Die anderen Gäste hatten sich ängstlich in den Hintergrund gedrückt.
    »Los, packt ihn endlich!« brüllte einer der Männer.
    Ich tat zwei Dinge gleichzeitig: Mit der Linken riß ich dem völlig Überraschten die Schrotflinte mit dem abgesägten Lauf aus der Hand, mit der Rechten zog ich im selben Augenblick meine Smith and Wesson 38er Special. Zwei schnelle Schritte seitwärts und eine rasche Drehung brachten mich wieder vor den stämmigen Burschen, so daß Welshire von meinem Körper gedeckt war. Ich hob mit der Linken die Schrotflinte und mit der Rechten die Dienstwaffe.
    »Ich bin G-man«, sagte ich. »Und bevor diesem Mann hier ein Haar gekrümmt wird, müßt ihr mich erschießen.«
    Einen Augenblick waren sie so überrascht, daß sie versteinerten Gestalten glichen. Dann ging im Gesicht des Stämmigen eine sichtbare Veränderung vor. Seine Augen zogen sich zusammen und musterten mich tückisch.
    »Ein Bulle, sieh mal an!« murmelte er. »Ein verdammter Bulle und ein Freund von diesem schwachsinnigen Halunken!«
    »Der kann uns auch nicht aufhalten!« kreischte der Junge.
    »Das wirst du sehen«, warnte ich leise.
    »Los, schnappt ihn euch endlich!« rief der Stämmige.
    »Nur über meine Leiche«, sagte ich und wich keinen Millimeter. Absichtlich betonte ich dann das »Mister« als

Weitere Kostenlose Bücher