0457 - Satans bester Freund
wußte, daß dieses ein Abbild der Realität war. Ähnlich wie die »Bildkugel« in Merlins unsichtbarer Burg, im Saal des Wissens.
»Ich bin dir nicht böse gesonnen«, sagte Amos. »Und auch nicht denen, die dir nahestehen. Vertrau mir.«
»Warum?«
Amos zuckte zusammen.
»Weil ich dich darum bitte«, sagte er.
»Dahinter steckt mehr«, erwiderte Julian. »Du verschweigst mir einen Grund für dein Verhalten. Es ist nicht nur eine Laune, die dich zu mir zieht. Ich erinnere mich, daß mein Vater dir verwehrte, mich zu sehen.«
Sid Amos lächelte verloren. »Wenn ich ein böser Intrigant wäre«, sagte er, »würde ich dir jetzt sagen: Du bist frei. Du kannst selbst bestimmen, was du tust oder läßt, und du kannst selbst bestimmen, mit wem du dich triffst und dich unterhältst, und mit wem nicht. Frei von der Bevormundung deiner Eltern… aber da du dich nicht bevormunden läßt, sage ich das natürlich nicht.«
Julian winkte ab.
»Diese Rede hättest du dir sparen können«, sagte er. »Aber du hast mir noch nicht gesagt, weshalb du dich gegen den Willen meines Vaters so sehr für mich interessierst. Wer bist du, Asmodis? Wer bist du in der Beziehung zu mir?«
In Sid Amos’ Augen glomm ein eigenartiges Licht auf. »Ich…«, begann er. Aber er vollendete den begonnenen Satz nie.
***
Diesmal erschien Zamorra der Weg durch die Kellerräume fast endlos lang. In seiner Hektik zog er die Schiebetür zu Teds Keller in die falsche Richtung auf und stürzte fast bei dem Bemühen, diesen Fehler zu korrigieren. Es war die Tür in eine andere Dimension, in eine Welt neben der Welt, eine Dimensionsfalte vielleicht. Schob man die Tür nach links, landete man in Teds Getränkekeller, schob man sie nach rechts, öffnete sich an der gleichen Stelle, der Weg durch einen langen, von blauem Licht erhellten Gang, der zu dem »Verteilerraum« mit den Regenbogenblumen und dem gewaltigen Arsenal der Dynastie führte.
»Man sollte diese Blumen umtopfen, damit die langen Wege entfallen«, murmelte Zamorra verdrossen, als er Château Montagne erreichte und durch den dortigen Keller eilte.
Es war unvernünftig, was er tat. Ted Ewigk einem Arzt zu überantworten, wäre wesentlich besser. Oder noch einmal den magischen Heilversuch durchzuführen. Möglicherweise konnte auch Merlin etwas bewirken, der alte Zauberer. Wenn sie Ted nach Caermardhin brachten…?
Das konnte noch eine Chance für ihn bedeuten.
Aber andererseits ließ Ted erstens in seinem momentanen psychischen Zustand keinen Arzt mehr an sich heran, und zum anderen hatte er ausdrücklich nach dem Gnom gerufen. Vielleicht hatte dessen Zauber ja doch etwas bewirkt und Teds Verfassung wenigstens vorübergehend stabilisiert. Vielleicht konnte er Ted wenigstens so weit helfen, daß sie ihn bis nach Wales bekamen. Dann mochte Merlin mit seiner Druidenmagie etwas zuwege bringen. All das war besser, als Teds Arm amputieren zu lassen - zumal nicht gesichert war, daß der Verfärbungsvorgang damit zu stoppen war. Der magische Keim mußte sich längst in seinem ganzen Körper ausgebreitet haben, wie die Nesselfäden eines gefährlichen Pilzes…
Zamorra wollte jedenfalls nichts unversucht lassen.
Schließlich spürte er den Gnom in dessen »Zauberzimmer« auf, jenem Raum, in welchem die beiden Geschöpfe einer anderen Epoche seinerzeit aufgetaucht waren. In der Vergangenheit war es ebenfalls der Raum gewesen, der dem Gnom für seine magischen Experimente zur Verfügung stand, durch welche er Gold zu machen versuchte - wie er zumindest immer behauptete. Nur deshalb waren sein Herr und er nach dem mißglückten Zauber ja erst hier aufgetaucht; Don Cristofero hatte den Gnom bei seinem Zauber beobachten wollen und war deshalb mit in die Zeitversetzung einbezogen worden, die der Gnom bislang noch nicht wieder hatte rückgängig machen können. Seit sein Dämon tot war, hatten seine magischen Kräfte erheblich nachgelassen, und was er früher leicht hinbekam, dafür mußte er sich jetzt gewaltig anstrengen. Deshalb lernte er fleißig hinzu, benutzte auch ständig Zamorras Bibliothek, um sein Wissen zu erweitern und war heilfroh, daß trotz des Abspeicherns der vielen Texte auf Computerdiscs die Originale der Bücher immer noch in der Bibliothek standen. Mit Zamorras EDV-Anlage kam er nämlich nicht zurecht. Zamorra selbst hatte da bereits Schwierigkeiten. Er versuchte stets den neuesten Stand der Technik nachzurüsten, aber zugleich wurde die Bedienung dieser Technik immer
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