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0458 - Der Schrecken hinter der Wand

0458 - Der Schrecken hinter der Wand

Titel: 0458 - Der Schrecken hinter der Wand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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die Geschichtsbücher umschreiben muß, stellt man lieber einen unbequemen Mahner als Spinner hin. Früher wurden Leute wie Däniken schlicht und ergreifend als Ketzer auf dem Scheiterhaufen verbrannt.«
    Vielleicht, hatte Zamorra damals überlegt, als er Sir Bryonts Worte zum ersten Mal hörte, hätte der Lord, der ja selbst all das in verschiedenen Körpern miterlebt haben mußte, etwas dazu sagen können. Aber man hätte wohl auch ihn verlacht und als einen Verrückten hingestellt. Dazu kam, daß im Laufe der Jahrtausende eine Menge an Erinnerungen verloren ging, vorwiegend beim Generationswechsel. Anderes wurde einfach verdrängt, um Platz zu schaffen für neue Eindrücke und neues Wissen. Denn auch das Gehirn eines Llewellyn-Lordes besaß nur eine begrenzte Speicherkapazität. War diese Kapazität ausgeschöpft, mußte es zwangsläufig zu Löschungen kommen.
    Auch dem Druiden Gryf ging es nicht viel anders. Auch er konnte nicht über jeden Tag der Menschheitsgeschichte Auskunft erteilen. Auch ihm hatten sich nur die wirklich wichtigen Dinge bleibend eingeprägt.
    Mit etwas Sorge sah Zamorra den kommenden Jahren entgegen. Der Lord hatte in seiner Person als Bryont Saris ap Llewellyn nicht mehr lange zu leben. Seine Uhr lief unerbittlich ab, und er wußte das sehr genau. Zamorra verdrängte nur zu gern den Gedanken daran, daß er mit Bryonts Tod einen guten alten Freund verlieren würde. Nicht wirklich verlieren - aber in den Folgejahren war dieser Freund ein kleines Kind, das sich möglicherweise gar nicht an Zamorra erinnern würde. Und wenn, besaß es keine Möglichkeit, so zu agieren, wie es Sir Bryont jetzt konnte. Zwischen ihnen lagen dann rein entwicklungsmäßig Welten. Und wenn der neue Llewellyn-Lord dann soweit herangewachsen war, daß er begriff, was vorging, würde Zamorra ein alter Mann sein.
    Im Alter von 265 Jahren würde Sir Bryont das Zeitliche segnen.
    Zwei Jahre noch…
    Gewaltsam drängte Zamorra diesen unerfreulichen Gedanken zurück. Aber dem Lord am andren Ende der Telefonphase mußte aufgefallen sein, daß Zamorra schweigsam geworden war, denn er fragte nach. »Bist du noch dran? Grübelst du über etwas nach?«
    »Darüber, daß Don Cristofero auf eine Begegnung mit dir wenig Wert legen wird«, sagte Zamorra ausweichend. »Er mag keine Engländer.«
    »Hölle und Verdammnis, ich bin kein Engländer, sondern Schotte«, polterte Sir Bryont sofort los. »Und wenn die Tudors seinerzeit nicht der guten alten Mary den Kopf abgeschlagen hätten, weil sie auf ehrlichem Weg nicht an den Thron kamen, säße heute ein Stuart drauf, und niemand in der Welt hätte auch- nur den geringsten Grund, die Menschen dieser großen Insel nicht zu mögen!«
    Unwillkürlich schmunzelte Zamorra. Sir Bryont mochte in gewisser Hinsicht ein Unsterblicher sein, aber die kleinen Probleme seiner Nation waren ihm nicht fremd. Er war Schotte, er war Patriot. Auch wenn er über zweieinhalb Jahrhunderte Zeit gehabt hatte, sich an die Engländer zu gewöhnen.
    Es war ihm im Traum nie eingefallen.
    »All right, Zamorra. Wann sehen wir uns eigentlich wieder einmal? Und denk daran, vorher das Faß Whisky zu besorgen!«
    »So bald wie möglich«, sagte der Parapsychologe. »Da wir ja gerade auf der Insel sind, bietet es sich an, daß wir zu dir kommen, sobald wir hier unten mit unserem kleinen Problemchen fertig sind. Ich rufe dich wieder an, Bryont!«
    »Ich warte drauf!«
    »Endlich«, seufzte Nicole, die unbemerkt neben Zamorra getreten war. »Ich dachte, ihr werdet nie mehr fertig mit eurem Geschwätz.«
    »Geschwätz? Das sind wichtige Männergespräche!« fauchte Zamorra.
    »Eben«, sagte Nicole trocken.
    »Was versteht ihr Weiber schon davon?« seufzte der Dämonenjäger. »Was hast du da?«
    »Wollte ich dir zum Lesen geben.« Nicole hatte ein wenig in der Post gewühlt, die im Laufe der letzten Monate hier eingetrudelt war; zugegebenermaßen war es nicht besonders viel. Wichtiges wurde ohnehin direkt nach Frankreich ins Château geschickt.
    »Ein Blankoscheck mit Bankbestätigung?« erkundigte Zamorra sich.
    »Eher das Gegenteil«, sagte Nicole. Zamorra nahm den Brief mit spitzen Fingern und erheblichem Mißtrauen entgegen, als er den amtlichen Briefkopf sah. Er überflog den Text. »Das darf doch nicht wahr sein«, murmelte er. »Dürfen die das einfach so, ohne Rücksprache mit dem Eigentümer zu halten?«
    »Nach britischem Recht dürfen sie«, sagte Nicole. »Ich habe gerade in der Bibliothek nachgeschlagen und

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