0458 - Der Schrecken hinter der Wand
das…«
»Ich weiß Bescheid«, sagte McNaught, der nicht wußte, ob er erleichtert oder verärgert sein sollte. Verärgert, weil nun die Verlängerung des Urlaubs doch ins Wasser fiel, erleichtert, weil er einerseits durch das Datenpaket sehr genau über das Beaminster-Cottage informiert war und er zweitens durch sein knappes Ich weiß Bescheid mögliche Zweifel oder Unsicherheiten in jenem Mann namens Bois zerstreut haben mußte.
»Soll ich Sie anmelden, Sir?« erkundigte sich Bois.
McNaught grinste. »Wenn das möglich ist, gern - leider weiß ich nicht, wann ich dort sein werde. Ich muß erst von Paris aus hinfliegen, und dann kann es eine Weile dauern, weil es vor Ort ja keinen Flughafen gibt. Ich denke, ich werde von London aus im Beaminster-Cottage anrufen.«
»Die Telefonnummer ist Ihnen bekannt, Sir?« erkundigte sich Bois.
McNaught wollte schon bejahen, als ihm einfiel, daß das ein taktischer Fehler sein konnte. »Nein, Monsieur Bois«, sagte er. »Aber ich schreibe mit.«
Natürlich brauchte er nicht mitzuschreiben. Er besaß die Daten ja. Aber Bois nannte ihm den Anschlußcode, unter dem Zamorra in England erreichbar war. »Vermutlich«, fügte er hinzu, »wird der Professor derzeit noch unterwegs sein. Vielleicht sollten Sie eine Kontaktaufnahme erst am morgigen Tag durchführen, wenn mir die Bemerkung erlaubt ist, und auch nicht vor Mittag, weil Professor Zamorra ein Nachtmensch ist und vormittags gern zu ruhen pflegt.«
»Sie haben mir sehr geholfen, Bois«, sagte McNaught. »Vielen Dank.«
Er legte auf.
Jetzt wußte er, wo er Zamorra finden konnte. Ärgerlich war nur, daß er es nicht vorher gewußt hatte. Er schalt sich einen Narren; er hatte einen Fehler begangen, der ihm eigentlich nicht hätte unterlaufen dürfen und den er bei einem Untergebenen auf jeden Fall streng gerügt hätte - er hätte bereits vor seinem Abflug anrufen sollen. Dann hätte er gewußt, daß er direkt nach England zu fliegen hatte. Andererseits paßte es nicht zu seiner Tarnung als Problembehafteter, von so weit her zu kommen und einen halben Tag oder länger zur Anreise zu benötigen.
Aber drei neue Tickets zu buchen und Zamorra hinterdreinzufliegen, dürfte kein sonderlich großes Problem sein.
Überhaupt war England hervorragend geeignet, den Mordplan durchzuführen. Dort würde er weitaus bessere Unterstützung finden als in Frankreich. In England befand sich das Europa-Hauptquartier von Parascience. Da brauchte er bloß zu befehlen, und alles tanzte nach seiner Pfeife.
Auch in Bois sah er kein Problem.
Der mochte Zamorra ruhig von »Mr. Knightsbridge« und seinem Anruf erzählen. Das machte nichts. Wenn McNaught sich unbemerkt hätte einschleichen wollen, hätte er schon auf seinen Anruf im Château verzichten müssen. Aber er wollte angemeldet sein, einen Gesprächstermin haben. Das würde Zamorras Wachsamkeit einschläfern. Zwar würde er nach einer so langen Zeit, die seit seinem Konflikt mit den Scientisten verstrichen war, kaum noch an Parascience denken, aber sicher war sicher.
McNaught lächelte.
Nun gut, Zamorra hatte einen Zeitaufschub erhalten. Mehr aber auch nicht. Auch diese Gnadenfrist würde vorübergehen.
Der Mann war bereits seit dem Moment tot, in welchem er sich mit Parascience angelegt hatte.
Er wußte es nur noch nicht.
***
Es war bereits dunkel geworden, als sie das Beaminster-Cottage erreichten. Der Pub im Nachbarort war natürlich schon geschlossen; in England beginnt die Sperrstunde bereits um 23:00 Uhr.
Aber Zamorra wußte, daß sie weder um Lebensmittel noch um Getränke zu fürchten hatten. Mitarbeiter des Möbius-Konzerns, Abteilung Großbritannien, sorgten dafür, daß die Vorräte stets aufgefüllt beziehungsweise erneuert wurden, so daß das Landhaus ständig bewohnbar war. Das war schon seit einer kleinen Ewigkeit so; seit Carsten Möbius und Zamorra versucht hatten, das Cottage gegeneinander zu ersteigern. Damals hatte der Junior des Konzern das Pokerspiel gewonnen, aber Zamorra hatte immerhin ein Wohnrecht eingeräumt bekommen. Später hatte er das Haus dem Möbius-Clan abgekauft, und das Wohnrecht galt nun umgekehrt. Die obere Etage war für Stefan Möbius und seinen Sohn Carsten ständig reserviert, falls einer der beiden mal auf die Idee kommen sollte, hier Urlaub zu machen.
Das Erdgeschoß wurde komplett von Zamorra genutzt. Und das Haus war groß genug, um auch Gäste unterbringen zu können, so wie jetzt.
»Stützpunkt im Feindesland«, nannte es Don
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