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0458 - Der Zombie-Zug

0458 - Der Zombie-Zug

Titel: 0458 - Der Zombie-Zug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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schrie den Satz hinter seinem Sohn her, der sich bereits an die Haltestange des Perrons geklammert hatte und sich nun in die Höhe schwang, um auf der Plattform Tritt zu fassen.
    John hörte seinen Vater nicht. Dessen Ruf war in den rollenden und stampfenden Geräuschen der Räder untergegangen. Wie von einem Tunnel geschluckt, verschwand der unheimliche Geisterzug im Dunkel der Nacht.
    Zurück blieb ein einsamer Mensch, der plötzlich Angst um seinen einzigen Sohn bekam.
    Aber die Spur war heiß gewesen. Konstabler Field hatte sich nicht getäuscht.
    Als Sinclair dieser Name einfiel, erinnerte er sich auch wieder an den Polizisten. Eigentlich hätte er hier auf dem alten Bahnhof sein müssen, zusammen mit der älteren Frau, so sehr Sinclair auch schaute, er sah ihn nicht. Möglicherweise konnte ihm Mrs. Claim eine entsprechende Auskunft geben. Deshalb ging er wieder zurück in den Wartesaal.
    Madge Claim lag noch an der gleichen Stelle, wo sie zuvor auch gelegen hatte. So regungslos, sah sie aus wie tot, doch beim Näherkommen stellte Horace F. Sinclair fest, daß sie schwer atmete und nur unter einem Schock litt.
    Der Mann bückte sich, hob den schwer gewordenen Körper in die Höhe und wuchtete auch die Bank hoch, die zum Glück noch als Sitzfläche benutzt werden konnte und nicht allzu sehr zerstört worden war.
    Als er Madge hingesetzt hatte, hörte er auch ihre geflüsterten Worte. »Ich wollte ihm doch Kleidung bringen. Es ist kalt im Jenseits, ich weiß das. Der Tod ist ein eisiger Geselle…«
    Dem ehemaligen Anwalt rann ein Schauer über den Rücken, als er die Worte vernahm. Diese Frau sprach wie jemand, dessen Geist völlig verwirrt war. Möglicherweise traf das bei ihr auch zu. Dennoch wollte Sinclair versuchen, einige Auskünfte von ihr zu bekommen.
    »Bitte, Mrs. Claim, hören Sie mich?«
    Sie redete weiter. »Die Tasche. Wir müssen ihm die Tasche geben. Er friert doch sonst.«
    Sinclair drehte den Kopf. In der Ecke lag eine Gestalt und rührte sich nicht mehr. Das Leichen- oder Nachthemd schimmerte als heller Fleck in der Dunkelheit.
    »Er wird nicht mehr frieren, Mrs. Claim«, flüsterte Sinclair. »Glauben Sie mir, das ist vorbei.«
    »Nein, ich weiß es besser.«
    »Wissen Sie auch, wohin der Zug fährt?«
    Madge schaute den Frager nicht an. Sie starrte nach vorn und nickte. »Ins Jenseits«, wisperte sie, »wo die Toten sind.«
    »Aber er ist doch aus dem Jenseits gekommen, oder?«
    »Sie fahren und fahren. Sie werden ewig fahren. Der Geisterzug ist verflucht. Nirgendwo bekommen sie ihre Ruhe. Sie müssen immer nur fahren und fahren…«
    Mit dumpfen Tönen hatte sie die Worte ausgesprochen und ihre Augen dabei weit geöffnet. »Fahren, nur fahren…«
    »Aber Sie doch nicht.«
    »Nein, ich bleibe hier.«
    »Wo? Am Bahnhof?«
    »Ja.«
    »Warum?«
    »Er kommt zurück!« erwiderte sie leise. »Er kommt bestimmt zurück. Dann kann ich ihm seine Kleidung geben.« Die Frau rieb ihre Hände gegeneinander, als würde sie selbst frieren.
    Horace F. Sinclair holte durch die Nase Luft. Sollte er Mrs. Claim sagen, daß ihr Mann endgültig tot war und er auch nicht mit dem Geisterzug zurückkehren würde?
    Nein, das brachte er nicht übers Herz. Wenn er ihr die Wahrheit sagte, brach sie möglicherweise zusammen, und dies wollte er auf keinen Fall riskieren.
    Aber er durfte sie auch nicht mehr aus den Augen lassen. Zudem hoffte auch er, daß der Zug wieder zurückkehren würde, damit er seinen Sohn begrüßen konnte.
    Steif wie ein Brett saß Mrs. Claim auf der Bank. Sie sprach auch nicht mehr und machte den Eindruck einer Frau, die sich nur mehr mit Mühe aufrecht hielt, wobei der Zusammenbruch urplötzlich kommen konnte.
    »Ich werde jetzt gehen«, sagte sie auf einmal.
    »Wohin?«
    »Auf den Bahnsteig. Ich warte dort. Der Zug wird kommen. Vielleicht in dieser Nacht, vielleicht auch erst in der nächsten oder übernächsten. Aber er wird erscheinen.«
    »Sie können nicht Nächte und Tage auf dem alten Bahnsteig stehen und warten…«
    »Ich will ihn sehen.«
    »Ihr Mann ist tot, Mrs. Claim.«
    »Nein, nein!« Die Stimme der Frau klang schrill. »Er ist nicht tot. Nein, alle denken, daß er tot ist, aber ich weiß es besser, wissen Sie. Ich weiß es wirklich besser.«
    Horace F. Sinclair hob die Schultern. Er war ratlos geworden und wußte nicht, mit welchen Argumenten er die Frau noch überzeugen sollte. Nichts half bei ihr. Sie war so von einer Rückkehr ihres Mannes überzeugt, daß sie allem anderen

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